Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 21/2024: Theatron Pfingstfestival, Grießnockerlaffäre, Fall, Die Lüge und Somebody Somewhere

Happy Sunday!

Was waren das noch für Zeiten, als Sylt fest in den Händen der Punks war und die sich an den dortigen Plätzen einfach entspannt ein paar Dosenbier reingelötet haben, bevor das Wohlstands-Gesindel gekommen ist? Nun überlegen Die Ärzte, ob sie Westerland und Schrei nach Liebe nicht auch zu einem einzigen Song zusammenfassen können.

Und damit zum medialen Wochenrückblick.
Das Theatron Pfingstfestival findet jährlich am Olympiasee im Olympiapark statt, wenn nicht gerade eine Pandemie herrscht, gleich hinter der Schwimmhalle. Es ist ein umsonst & draußen Festival – einfach vorbei kommen und einen Platz finden. Es geht drei Tage lang, ich war am Sonntag dort, das erste Mal überhaupt, und es war schon zu Beginn deutlicher voller, als ich es erwartet hatte. Das Wetter lud aber auch zu einem Ausflug in den Park ein. Es war warm und trocken und in der großen Halle nebenan sollten am Abend 30 Seconds to Mars spielen.

Theatron Pfingstfestival – München, Olympiapark

Auf dem Pfingstfestival spielte zunächst die deutsch-kongolesische Künstlerin Kokonelle. Nun wissen die tieferen Kenner meiner Seite, dass Hip Hip nun nicht gerade meine Musikrichtung ist, trotzdem machte das Spaß beim lauschen, während man entspannt auf den Stufen des Amphitheaters saß. Ihr folgte die Band Kafvka, mit der ich dagegen gar nicht warm wurde. Soziales Engagement in allen Ehren – Alle hassen Nazis ist wohl ihr bekanntester Song – aber musikalisch und textlich war das trivial und platt. Als nächster Künstler folgte ein elektronisches DJ-Set, dessen Auftritt wir aber nutzen, um uns auf die Suche nach Getränken und Essen zu machen.

Bühne frei für die Hinds aus Spanien! Eine meiner Lieblingsbands, deren tolles, letztes Album im Corona-Jahr etwas untergegangen war und deren letzter Auftritt in München daher bereits sechs Jahre (wie die Zeit vergeht!) zurück lag. Wir waren pünktlich zurück und platzierten uns vor der Bühne in der ersten Reihe. Gesteigertes Fanboy-Tum meinerseits. Auf der Bühne gingen Probe und Set fast nahtlos ineinander über. Und obwohl es für das Publikum ein kostenloses Konzert war, packten Hinds in ihr Set von einer Stunde alle Hits und Ohrwürmer, die sie mittlerweile auf Lager haben. Popsongs mit wechselndem Gesang und einer ansteckenden Fröhlichkeit. Angefangen von Bamboo, ihrem Lo-Fi Hit, mit dem sie international Aufmerksamkeit bekamen, über The Club und Soberland bis zu Just Like Kids und Burn vom letzten Album. Dazu Coffee, die Vorabsingle des nächsten Albums und ein oder zwei weitere, frische Songs. Wir hatten Spaß und ließen uns auch von dem kleinen Schauer (es war nun mal wirklich ein Festival!) nicht aus der Ruhe bringen.

Den Abschluß des Tages bildeten Leftovers aus Wien. Eine junge Punkband mit deutschen Texten, die an die jungen Ärzte erinnerten, nicht nur wegen der Schrei nach Liebe Referenzen. War der Auftakt ihres Sets noch selbst laut und punkig, kamen in der zweiten Hälfte fast schon punk-schlagereske Songs dazu wie Mensch am Mond, was wiederum in seiner eingängigen Schlichtheit an Eisgekühlter Bommerlunder erinnerte. Es könnte sein, dass man von dieser Band noch mehr hören wird!

Das war’s für den einen Tag. Es war ein tolles und abwechlungsreiches Programm in einer schönen Location. Die Veranstaltung kann man guten Gewissens empfehlen!

Die Lüge (Staffel 1, 6 Folgen, Schweden, Netflix) – 7 von 10

Die spannende, schwedische Miniserie Die Lüge erzählt die Geschichte der jungen Stella (Alexandra Karolina Elisabeth), die des Mordes an dem älteren Chris (Christian Fandango Sundgren) verdächtig wird, was vor allem ihre Eltern (Björn Bengtsson und Lo Kauppi) wie aus dem Nichts trifft. Dabei geht es um Lügen aus der Vergangenheit und in der Gegenwart, die Stella schützen sollten oder mit denen sie sich selbst schützt. Die Erzählweise ist geschickt und verknüpft Erkenntnisse aus der Tatnacht mit den Folgen dieser Tat, so dass es pünktlich zu fast jedem Ende einer Folge noch einmal eine Wendung gibt, die ein anderes Licht auf die Handlung warf. Wenn es gut gemacht ist, geht diese Saat bei mir ja schon verlässlich auf. So ist es auch hier, nur wird es am Ende dann doch übertrieben. So will die Auflösung dann zwar holzschnittartig gesellschaftliche Mißstände noch einmal betonen, schafft es aber nicht, das logisch und harmonisch in die Handlung zu integrieren. So wird der gute Eindruck am Ende dann doch noch etwas getrübt. Schade drum.

Somebody Somewhere (Staffel 2, 7 Folgen, USA, Sky on Demand) – 7 von 10

Nach der guten ersten Staffel (8/10) empfand ich den zweiten Durchgang etwas schwächer, ohne genau sagen zu können, woran es konkret lag. Natürlich war natürlich der Zauber des Anfangs einer neuen Serie etwas weg, aber das war es nicht alleine. Vielleicht, weil der positive Grundton nicht mehr ganz da war. Zeigte der Auftakt noch, wie die vom Leben frustrierte Sam (Bridget Everett) in der Gemeinschaft und durch das Singen wieder etwas aufblühte, geht die zweite Staffel manchmal den umgekehrten Weg. Lässt sie sich zunächst in ihrer Freundschaft zu Joel (Jeff Hiller) so sehr fallen, dass deren Bande für Außenstehende schon leicht unangenehm werden kann, stösst sie ihn im Laufe der Staffel von sich weg, als etwas vorfällt. Ähnlich wie die Beziehung zu ihrer Schwester Tricia (Mary Catherine Garrison), mit der sie auch Anfang der Staffel gut auskommt, bis auch etwas vorfällt. Kleinere Konflikte, die in ihrer Reaktion auch gut aus dem Leben beobachtet sind, aber dadurch die Atmosphäre etwas verändern. Das mochte ich nicht so, während Sams Gesangs-Performance von Gloria auf einer Feier am Ende dagegen zu einem der Highlights der bisherigen Serie gehörte.

Fall (UK/USA, 2022, ZDF) – 8 von 10

Wenn man es schafft, eine Urangst der Menschheit (die Angst, lebendig begraben zu werden, die Angst vor Haien, die Angst vor Höhen, die Angst vor Filmen mit Adam Sandler) auf Film zu bannen und diese in eine spannende Geschichte zu integrieren, hat man schon halb gewonnen. Fall von Scott Mann bespielt eindrucksvoll das Thema Höhenangst und lässt seine beiden Protagonistinnen (dargestellt von Grace Caroline Currey und Virginia Gardner) auf einem über 600 Meter hohen Sendeturm stranden. Eindrucksvolle Bilder sorgen selbst am heimischen Fernseher für einen gewissen Höhenrausch. Das macht der Film so gut, dass er die zweifellos vorhandenen Schwächen – wie die dünnen Hintergrundgeschichten der beiden Hauptfiguren, deren Entscheidungen beim Kampf ums Überleben oder der Tatsache, dass erwartbar alles schief geht, was schief gehen kann – locker übertrumpft.

Grießnockerlaffäre (Deutschland, 2017, Netflix) – 8 von 10

Gefiel mir schon der Vorgänger Schweinskopf al dente ausgesprochen gut, kann der vierte Eberhofer-Film dieses Niveau halten. Dieses Mal steht Eberhofer (Sebastian Bezzel) selbst im Fokus der Ermittlung. Angeblich soll er Kollege Barschl (Francis Fulton-Smith) ermordert haben. Das BLKA in Person von Komissarin Mayerhofer (Nora Waldstätten) ermittelt. Der Fall ist spannend (auch wenn man nie ernsthaft dachte, Eberhofer könne der Täter sein) und auf gutem TV-Krimi Niveau und mit überraschend düsteren Hintergründen erzählt, daneben findet aber auch das Dorfleben in seinen Besonder- und Albernheiten seinen Platz. Zum Glück ist diese Karte noch nicht überreizt.

  • Endstation Schweiz: Am Donnerstag war für die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft der Männer die Endstation bei der WM 2024 erreicht. Im Viertelfinale gegen die Schweiz setzte es eine 1:3 Niederlage, damit gab es keine Wiederholung der unerwarteten Silbermedaille aus dem vergangenen Jahr.
  • Bayer Titelkusen: Knapp, aber sicher fährt Bayer Leverkusen das Pokalfinale mit 1:0 und einer Halbzeit in Unterzahl nach Hause. Damit hat sich der Verein das nationale Double gesichtert – herzlichen Glückwunsch!
  • Heidenheim International: Als Nebeneffekt des Pokalfinals zieht der 1. FC Heidenheim in die Qualifikation zur Conference League ein – Respekt!
  • Typisch Österreichisch oder was?: Mirli mit der Antwort darüber, wie man ihre Landsleute am Besten beschreiben kann.
  • 25 Jahre „The Man Who“: Lukas von Coffee and TV über das große Album von Travis.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche! Und für mich sind es nur noch drei Arbeitstage bis zum Urlaub.

4 Kommentare

  • bullion

    Oh, das motiviert mich, in „Fall“ doch einmal reinzuschauen. Ich mag ja so Bottle-Katastrophenfilme. Und freut mich, dass dir „Grießnockerlaffäre“ genauso gut gefallen hat, wie mir.

  • S.Mirli

    Ich finde solche gratis Festivals genial. Deine Beschreibung erinnert ans Donausinstelfest in Wien und das ist jedes Jahr (oder war es zumindest mal) sensationell. Kunst bzw. Musik sollte nicht immer nur einen wirtschaftlichen Hintergrund haben. Die Lüge habe ich auch gesehen und mich ebenfalls absolut überzeugt. Und natürlich vielen Dank für die Erwähnung 😉
    Ich wünsche eine fantastische neue Woche, alles Liebe, x S.Mirli
    https://www.mirlime.at

    • Nummer Neun

      Vom Donauinselfest habe ich sogar schon mal gehört! Aber ich schätze, dass ist noch einmal einige Nummern größer? „Die Lüge“ war wirklich spannend, nur hatte mich das Finale dann nicht mehr richtig überzeugt.

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