
Meine fünf Filme auf dem Fantasy Filmfest 2025
Im September und kurz vor der Wiesn ist in München traditionell die Zeit für das Fantasy Filmfest. Es war die insgesamt 39. Ausgabe der Veranstaltung, welche die Bühne bereitet für die Welt der phantastischen Filme, abseits des großen Mainstream-Kinos. Wie bereits in den Vorjahren machte der Zirkus auch dieses mal wieder Halt im schönen City-Kino in der Innenstadt. Für mich war es das mittlerweile sechzehnte Jahr in Folge, in dem ich mit dabei war. Es ist ein gesetzter Pflichttermin im Jahreskalender und gelebte Tradition.
Früher (als die Filme aber auch schon in Farbe liefen) gehörte es dazu, am Tag des Vorverkaufstarts in langen Schlangen vor dem Kino zu warten und sich seinen Stapel an Tickets zu sichern. Das ist mittlerweile nun schon einigen Jahren nicht mehr nötig, der Online-Kauf funktioniert wesentlich entspannter. Allerdings kommt es auch nur noch ganz selten vor, dass Filme ausverkauft sind. So ist es meist kein Problem mehr, auch kurzfristig noch ein Ticket zu bekommen. Was auch anders ist als früher: Damals gab es auch noch öfter Star-Gäste bei den Filmen. Leute, die nach dem Film für ein Q&A zur Verfügung standen. Der Programmpunkt war zwar nicht bei jedem beliebt und ich bin auch oft genug während des Abspanns schon gegangen, aber das brachte zumindest das Flair eines Filmfestes mit sich und ließ es nicht nur wie ein Abspielprogramm wirken. In diesem Jahr gab es keine Star-Gäste in München. Und auch nicht mehr jeder Film bekam eine persönliche Ansage spendiert. Auch wenn die in den letzten Jahren oft nur noch daraus bestanden hatten, wie happy die Veranstaltenden waren, dass sie diesen Film im Programm hatten. So wurde es jetzt noch einmal ein Stück unpersönlicher. Was aber geblieben ist: Die immer gleichen Trailer in Heavy Rotation. Möchte gar nicht wissen, wie genervt das Dauerkarten-Publikum von der Trailerstrecke war.
Aber kommen wir nun zu den Filmen. Gesehen habe ich aus diesem Jahrgang fünf Filme, so wenige wie seit 2012 nicht mehr. Die Vorauswahl traf ich meist nach Lust und Laune und Terminierung, abgeglichen mit den Empfehlungen des Wortvogels, der bereits in der Woche davor auf der Ausgabe in Berlin war. Gesehen habe ich in diesem Jahr Filme aus den USA, aus Frankreich, aus Japan und aus Österreich. Die Qualität der Streifen war dabei wie immer sehr durchmischt, aber das gehört dazu.
Die Reviews zu „meinen“ fünf Filmen in chronologischer Reihenfolge:
The Toxic Avenger (Regie: Macon Blair, USA) – 5 von 10 Punkten
Pressetext: Wenn ein kleiner Angestellter in einer korrupten Welt nicht mehr weiterweiß, hilft nur noch eins: radioaktiver Schleim. In der wunderbar wahnsinnigen Neuverfilmung von The Toxic Avenger verwandelt sich der schüchterne Hausmeister Winston Gooze (Peter Dinklage) durch einen unfallbedingten Tauchgang im Giftmüll in einen übel entstellten, aber mächtig muskelbepackten Rächer – bewaffnet mit Wischmopp, präzisen Pointen und unerschütterlichem Gerechtigkeitssinn.
Fazit: Mit etwas Verzögerung hat der Film nun doch noch das Licht der Welt erblickt – und die lange Wartezeit zwischen Dreh (2021) und Veröffentlichung (2025) ist kein guter Vorbote. Denn der Film funktioniert nicht. Er weiß nicht so richtig, was er sein will. Einerseits will er schon eine ernsthafte Geschichte rund um den einfachen Hausmeister Gooze erzählen, der zum Toxic Avenger wird und seinen Stiefsohn (Jacob Tremblay – der sich durch eine furchtbar unlustige Post-Credit-Szene tanzen muss) beschützen will. Das ist aber so banal und hundertmal gesehen, dass es wenig Interesse weckt, weil man schon zu Beginn weiß, wie es ausgeht. Andererseits weiß der Film um seine trashige Hauptfigur und will das getarnt als Komödie verkaufen. Dafür ist der Film aber einfach nicht lustig und mutig genug, es gibt vielleicht 3 oder 4 Stellen, an denen man mal lachen kann. Warum er als so blutig und brutal hingestellt wird, kann ich auch nicht nachvollziehen – oder ich bin da schon zu abgestumpft. Und dann hat man auch noch Peter Dinklage als Poster-Boy für den Film verpflichtet, der aber nach einem Drittel des Films nach Hause gehen kann, da er nämlich nicht selbst in das Toxie-Gummikostüm schlüpft, sondern diese Aufgabe an Luisa Guerreiro hängen bleibt. Auf der Habenseite stehen Kevin Bacon als Gegenspieler – der ist zwar nicht angsteinflößend, aber dafür skurril genug – und eine halbwegs flotte Inszenierung. Und nach 100 Minuten ist der Spuk dann vorbei und der Wischmob landet wieder in der Ecke.
Bamboo Revenge (Regie: Edgar Marie, Frankreich) – 7 von 10 Punkten
[Kein Trailer bisher verfügbar]
Pressetext: Eve (Audrey Pirault) ist überzeugt: Jules, Sam und Victor haben ihrer Schwester Iris (Sophie Maréchal) Unvorstellbares angetan! Diese Typen (Paul Deby, Constantin Vidal und Jimony Ekila) mit den dumpfen Anmachsprüchen waren ihr von Anfang an zuwider. Nun ist die hippe Party im Wald zu Ende und sie kann Iris nicht mehr erreichen. Was ist passiert? Die drei Männer versuchen, sich mit fadenscheinigen Ausreden herauszureden. Doch als Botanikerin weiß sie, wie man die Wahrheit höchst effektiv aus Verbrechern herausbekommt: Sie schnallt sie auf frisch angesäten, schnell wachsenden Bambus, und wartet, bis sich die Pflanze quälend langsam durch ihre Körper bohrt.
Fazit: Zum Glück hat der Film mehr zu bieten, als Bambus 90 Minuten beim wachsen zuzuschauen. Auch wenn sich der Film über diesen Aspekt verkauft, ist er doch abwechlungsreicher als gedacht. Über viele Rückblicke wird erzählt und Schritt für Schritt offenbart, was sich in dieser schicksalshaften Party-Nacht tatsächlich ereignet hat und was alle Beteiligten damit zu tun haben. Und ganz so einfach ist es nämlich nicht, wie es sich Eve zunächst zurecht gelegt hatte. Es sind einige Twists vorhanden, die das Gesehene in ein anderes Licht rücken. So kommt der Film recht flott durch seine knapp 90 Minuten und bietet daher wenig Gelegenheit, die Plausibilität dieser Bambus-Geschichte zu hinterfragen. Aber immerhin verleiht er diesem netten, kleinen Rache-Thriller damit etwas Besonderes.
Bone Lake (Regie: Mercedes Bryce Morgan, USA) – 8 von 10 Punkten
Pressetext: Eigentlich sollte es ein wunderbar romantisches Wochenende werden. Doch kaum im abgelegenen Ferienhaus angekommen, müssen Diego (Marcel Pigossi) und Sage (Maddie Hasson) feststellen, dass sie nicht die Einzigen in der schicken Unterkunft sind. Notgedrungen lassen sie sich auf den Urlaub zu viert ein – schließlich wirken der draufgängerische Will (Alex Roe) und seine quirlige Freundin Cin (Andra Nechita) durchaus sympathisch. Eine bitter verhängnisvolle Entscheidung.
Fazit: Etwas überraschend habe ich im Nachgang festgestellt, dass die Regisseurin auch für Stargate Origins (5/10) verantwortlich war – einer Mini-Serie, die eigentlich schon in der Konzeptphase gescheitert war. Nun, Bone Lake ist ohne Zweifel deutlich stärker. Dabei ist die Grundkonstellation alt bekannt: Abgelegenes Haus, zwei Pärchen, irgendwas scheint nicht zu stimmen, Companion (8/10) und viele andere lassen grüßen. Nach der Einstiegssequenz fängt der Film ganz langsam an, aber dann! Es gibt einige Twists, nicht alle scheinen sich an die Wahrheit zu halten und am Ende eskaliert die Situation völlig. Aus den psychologischen Spielchen wird stumpfe, physische Gewalt. Der Film ist flott erzählt, die Hauptfiguren attraktiv und greifbar und die Atmosphäre passend. So holt man aus einer klassischen Ausgangslage mit einem überschaubaren Cast und einer zentralen Location das Optimum raus.
Exit 8 (Regie: Genki Kawamura, Japan) – 8 von 10 Punkten
Pressetext: Ein namenloser Büroangestellter (Kazunari Ninomiya) wird in der U-Bahn Zeuge eines Übergriffs – und schaut weg. Am Ziel seiner Fahrt angekommen, findet er sich auf einmal in einem Gang wieder, der zu einem „Exit 8“ führen soll. Aber als er den Wegweisern folgt, stellt er fest, dass er nicht vorankommt. Die Szenerie wiederholt sich immer wieder auf exakt gleiche Weise. Nur ein Schild verrät ihm, wo er gerade ist: auf Ebene Null. Ebene Eins. Ebene Zwei. Und … zurück auf Anfang. Der einzige Hinweis: Entkommen kann er nur, wenn er die „Anomalien“ im System entdeckt. Was auch immer das bedeuten mag.
Fazit: Der Film beruht auf einem Computerspiel und bildet dieses offenbar zumindest optisch quasi 1:1 nach. Die Gänge der U-Bahn Station finden sich im Film genau so wieder, wie man es wohl im Spiel auch sehen kann. Die Schematik ist wohl ebenfalls ähnlich: Wenn es im Gang etwas ungewöhnliches gibt, muss der Spieler um drehen (und nähert sich so seinem Ziel), ist alles wie immer, muss er weiter laufen. Was zum selbst knobeln gut genug ist, kann beim passiven Filmkonsum schnell langweilen. Als ich kurz vor diesem Punkt war, kommt der Film mit dem ersten von mehreren Perspektivwechseln um die Ecke und das ist eine willkommene Abwechslung. Ja, das ist im Prinzip schon der ganze Film. Eine überwältigend große Rahmenhandlung gibt es nicht, dass, was es gibt, lässt sich noch dahingehend interpretieren, dass die Hauptfigur versucht, den richtigen Weg im Leben zu finden. Die begrenzte Kulisse mit den ewig gleichen Räumen verlangt natürlich den Vergleich mit dem Klassiker Cube oder auch Der Schacht – nur während diese in einem im Film physischen Umfeld spielen, lässt Exit 8 diesen Aspekt im Ungewissen und hat dadurch surrealistische Einflüsse. Hier wie dort wird jedoch ein begrenzter Raum sehr intensiv bespielt. Das reicht, um den Film über die gut 90 Minuten zu tragen.
Welcome Home Baby (Regie: Andreas Prochaska, Österreich) – 8 von 10 Punkten
Pressetext: Eigentlich wollte die Berliner Notärztin Judith (Julia Franz Richter) nur kurz in das Provinzkaff in Niederösterreich zurückkehren, um das geerbte Elternhaus zu verkaufen. Eine Bindung zu dem Ort hat sie nicht, denn Vater und Mutter haben sie als Kind zur Adoption freigegeben. Doch die verschworene, sich äußerst sonderbar verhaltende Dorfgemeinschaft zeigt ein fast obsessives Interesse an der Berlinerin und setzt alles daran, Judith und ihren Mann (Reinout Scholten van Aschat) dort zu halten. Heimgesucht von albtraumhaften Erinnerungsfetzen aus ihrer Vergangenheit, beginnt die junge Frau dem Geheimnis der Gemeinde immer näherzukommen.
Fazit: Es ist tatsächlich die erste Regiarbeit von Andreas Prochaska bei einem Kinofilm seit der großartigen Verfilmung von Das finstere Tal (8/10) aus dem Jahr 2014. Ganz so bildgewaltig wie sein Alpenwestern ist dieser Film jedoch nicht – zumindest nicht in der ersten Hälfte. Denn hier ist das Setting sehr bodenständig. Von der Hektik Berlins werden wir zusammen mit Judith in ein kleines Kaff versetzt, das auf den ersten Blick äußerst bieder zu sein scheint. Doch es häufen sich die Merkwürdigkeiten. Ist die Dorfgemeinschaft (stark gespielt vor allem von Gerti Drassl und Maria Hofstätter) nur seltsam oder was passiert hier in Wirklichkeit? Der Film erklärt nicht alles, sondern lässt sich sehr von Stimmungen treiben. Das ist ganz angenehm, kranken doch manche Mysterfilme sehr an der Übererklärung von Vorgängen. Anderseits reißt er damit Baustellen auf, die ablenken, weil man doch dann länger als nötig darüber nachdenkt. Baustellen, die aber vermeidbar gewesen wären. Im Schlußdrittel, wenn dann alles zusammen kommt, werden wir in fast alptraumhafte Bilder hinein geworfen, das ist dann wirklich großes Kino und Eskalation pur. Der Film kommt jedoch um den Vergleich mit dem Klassiker Rosemary’s Baby nicht herum und verliert gegen den in Bezug auf die Story und den Überraschungseffekt. Dafür hat Welcome Home Baby zweifelsfrei die moderne Inszenierung.
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Da habe ich in diesem Jahr eine ordentliche Auswahl erwischt. Bone Lake und Bamboo Revenge waren sehr konventionelle, aber gelungene Thriller. Welcome Home Baby war stimmungsvoll und hintenraus bildgewaltig und Exit 8 der besondere Film, den so ein Filmfest braucht. The Toxic Avenger war jedoch nicht der vergnügliche Trash, den ich erhofft hatte. Ausgerechnet dieser Film kommt aber in den nächsten Wochen auch noch ins reguläre Kino.
Das soll aber den Spaß am diesjährigen Fantasy Filmfest in keinster Weise schmälern, denn das war insgesamt schon gut. Gerne auch im nächsten Jahr wieder!
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Siehe auch:
FFF 2024 – FFF 2023 – FFF 2022 – FFF 2021 – FFF 2020
Ein Kommentar
bullion
Das alles (die Toxie-Neuauflage vielleicht mal ausgenommen) klingt sehr spannend. Kommt auf meine Vormerkliste. Hoffe ein Label wie Capelight schnappt sich ein paar Filme 🙂