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KW 44/2023: Das Wunder vom Wildpark, Killers Of The Flower Moon, Die Conners und Israel Nash

In dieser Woche jährte sich eine der aus deutscher Sicht größten Fußball-Sensationen im europäischen Fußball zum 30. Mal.  Das mittlerweile legendäre Wunder vom Wildpark fand am 2. November 1993 statt, in dem der Karlsruher SC in seiner ersten Europapokal-Saison in der 2. Runde den FC Valencia, damaligen Spitzenreiter der spanischen Liga, mit 7:0 besiegte und aus dem UEFA-Cup warf. Seit dem ist dieses Spiel zu einem festen Bestandteil der Vereinsgeschichte geworden, als Definiton dafür, für was der Club lange stehen sollte: Mit Leidenschaft ist alles möglich. Oft genug erwies sich die Erinnerung an dieses Meisterstück jedoch auch als Hemmschuh, als nicht mehr zu erreichende Utopie im grauen Gekicke in der Zweiten Liga. Die damaligen Spieler genießen jedoch immer noch einen guten Ruf in Karlsruhe und welchem Fußball-Fan der 1990er läuft bei diesen Namen nicht noch ein wohliger Schauer über den Rücken: Edgar Schmitt, Slaven Bilic, Oliver Kahn, Dirk Schuster, Manfred Bender, Wolgang Rolff oder Sergei Kiryakov.

Mich machte das Spiel in meiner frühen Jugend endgültig zum KSC-Fan, der Spielbericht des Kicker hing sehr lange eingerahmt an meiner Wand. Und der Kommentar von Jörg Dahlmann wurde Kult und ist unkaputtbar. Irgendwo habe ich eine Aufzeichnung des kompletten Spiels noch auf der DVD rumfliegen, mühsam erstanden über eBay.

30 Jahre ist das Spiel nun her. Man sind wir alt geworden.

Es ist Anfang November und es ist unbestreitbar Herbst, wie ich im nahegelegenen Stadtpark feststellen konnte.

Die Conners (Staffel 3, 20 Folgen, USA, Sky on Demand) – 8 von 10

Nach über drei Jahren und der tollen zweiten Staffel (8/10) haben Die Conners endlich ihre Fortsetzung in Deutschland bekommen, wenn auch wohl weiterhin etwas unter dem Radar. Das ist schade, denn die Serie sollte nicht nur die alten Fans von Roseanne ansprechen, sondern auch neue generieren können. Zwar wirkt es mit der Studio-Kulisse und den eingespielten Lachern immer noch sehr wie eine Serie aus den 1990ern, inhaltlich ist sie aber auf der Höhe der Zeit. Auch wenn man zu Beginn dieser Staffel etwas schlucken muss, wirft sie uns doch zurück in tiefste Corona-Lockdown-Zeiten. Aber während viele andere Serien diese Zeiten schlicht verschwiegen haben, geht Die Conners sehr souverän mit der damaligen Situation um und integriert sie in die Geschichte. Es gibt bemerkenswerte Diskussionen (z.B. wie geht man mit Corona-Leugnern um?), die überraschend ernsthaft sind und nie aufgesetzt wirken und weiter hat die Serie – wie die Originalserie – ein Gespür für die Probleme der kleinen Leute. Alleinerziehende Elternteile, Alkoholismus, Finanzsorgen, Existenzängste und Jeopardy – Wohlfühlthemen sind das nicht. Es ist beeindruckend, wie aus den einstigen Kindern Becky (Lecy Goranson) und Darlene (Sara Gilbert) mittlerweile das Herzstück der Serie geworden ist. Dazu gibt es mit ihrer Tante Jackie (Laurie Metcalf) eine fantastische Nebenfigur. Dagegen gehen Vater Dan (John Goodman) und seine neue Flamme Louise (Katey Sagal) mittlerweile fast unter. Genau wie fast alle anderen neuen Figuren, die nicht aus der Originalserie stammen. Mehr als Stichwortgeber sind sie selten, lediglich Darlenes Freund Ben (Jay R. Ferguson) hat es zu einer zentraleren Figur geschafft. Es gibt einige Verbeugungen vor der alten Serie, aber trotzdem ich das hier durchaus was eigenes und hat sich auch im dritten Jahr die acht Punkte redlich verdient.

Killers Of The Flower Moon (USA) – 7 von 10

Da mir Martin Scorseses letzter Film The Irisman nicht so besonders gefallen hatte und der auch viel zu lang war, war ich vor dem Kinobesuch von Killers of the Flower Moon recht skeptisch, schließlich veranschlagte dieser auch eine epische Länge von 206 Minuten. Das vorweg: Der Film kann seine Dauer im Prinzip gut bespielen. Auch wenn vielleicht das Intro etwas zu lang ist und die Verhöre und Verhandlungen am Ende sich ähnlich ziehen wie der sonst gute Oppenheimer. Das bemerkenswerteste an diesem Film ist, dass er einen realen Hintergrund hat und die hierzulande kaum bekannten systematischen Morde an den Personen des amerikanischen Osage Stammes im frühen 20. Jahrhundert behandelt. Die Dimensionen dieses Verbechens und das Habsucht-Motiv sind in der Tat erschreckend. Ob Scorsese diese Geschicht aber so, wie er es macht, am Geschicktesten erzählt, ist dagegen diskutabel. Angeblich war in einer früheren Version des Drehbuchs der FBI Agent White die zentrale Figur, da diesem als Erster die ganzen Zusammenhänge klar geworden sind. Die Rolle war eigentlich für Leonardo Di Caprio vorgesehen, der sich aber dann eher für den einfach gestrickten Ernest begeistern konnte, weswegen diese Figur in den Vordergrund gestellt wurde. Und so läuft der Film sehr auf die eine Szene zu, in der Ernest erst bewusst wird, was er da eigentlich tut. Das ist von Di Caprio allerdings stark gespielt, auch wenn die Figur vorher eine etwas unstimmige Mischung aus Naivität, Härte und Liebe zu seiner Frau zeigt. Ich hätte es dagegen lieber gesehen, dem Ermittler White (Jesse Plemons spielt, was von der Rolle übrig geblieben ist) zu folgen, damit ich als Zuschauer mit ihm die ganze Tragik entdecken kann. Scorseses Ansatz ist dagegen natürlich innovativer und anspruchsvoller und macht es dem Publikum schwerer und unangenehmer, die Grausamkeiten der Taten zu entdecken. Robert de Niro spielt als Onkel William seine Erfahrungen als Mafiosi voll aus, Lily Gladstone ist das Gesicht des Leidens der Osage. Als Fazit bleibt am Ende: Starkes Thema, gute Schauspielleistungen, gute Inszenierung, aber beim Blickwinkel hat Scorsese etwas gewagt, aber nicht alles gewonnen.

Vor vielen Jahren war ich ein riesiger Fan von The Gaslight Anthem. Die Springsteen-Hymnen mit den Mitteln des Punkrock hatten es mir von Beginn an angetan. Über sie lernte ich The Menzingers kennen, die ich auch sehr mochte. Und über diese kam ich zu Spanish Love Songs, auch eine tollen Band. Nun veröffentlichen alle drei innerhalb von wenigen Wochen neue Alben und ich muss feststellen: Keines davon löst bei mir irgendetwas aus.

Und dann lese ich bei Plattentests.de eine Kritik zu einem Künstler namens Israel Nash und dessen Album Ozarker, höre kurz rein und denke: Das ist nicht schlecht. Oder ist das nicht vielleicht doch einfach nur Kitsch? Einige Durchläufe später weiß ich es immer noch nicht genau, aber es gefällt mir irgendwie. Es ist ein Künstler aus Texas und genau so hört es sich auch an. Harmonischer Country, der Sound einer langen Landstraße mit Geschwindigkeitsbegrenzung. Kunst oder Kitsch? Hört Roman Candle und sagt es mir.

Gesehene Spiele in dieser Saison: 10 von 12 Liga-Spielen = 83%.

Neben den ganzen Feierlichkeiten wurde im Wildpark auch noch Fußball gespielt und da setzte es eine 0:3 Heimniederlage gegen den SC Paderborn. Nach dem frühen 0:1 Rückstand war der KSC zumindest ab der 30. Spielminute am Drücker und hätte sich einen Ausgleich verdient, bis der eingewechselte Felix Platte das Spiel mit einem Doppelpack klar entschied. Und so verlor man mal wieder gegen den Ur-KSCler Lukas Kwasniok, der als Balljunge beim Wunder vom Wildpark dabei war, und nun Trainer der Paderborner ist. Mit dieser neuerlichen Niederlage wurde der KSC nun bis auf den Relegationsplatz durchgereicht. 12 Punkte in 12 Spielen ist zu wenig, um mit dem Abstiegskampf nichts zu tun zu haben.

Abschied nehmen heißt es nun endlich vom Acker vom Wildpark. Bis zum nächsten Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg soll ein neuer Rasen verlegt werden.

  • Die Statistik im Oktober: Für mich etwas überraschend hat die Statistik für den Oktober die meisten Seitenaufrufe seit August 2021 und die meisten Besucher seit Januar 2022 verzeichnet. Wenig überraschend dagegen, dass es natürlich nicht an neuem Knaller-Content auf dieser Seite lag, sondern das Google Überstunden geschoben und diese Seite gut 20.000mal in der Suche vorgeschlagen hat, was um mehr als 25% über dem bisherigen Höchstwert in diesem Jahr lag. Da auch fleißig geklickt wurde (CTR 1,7%) schlug das bei den Seitenaufrufen durch. Und so waren die Top3-Artikel im Oktober ausschließlich Beiträge aus der Reihe Ein Song geht um die Welt, wo ich dann wohl demnächst einen neuen Beitrag nachlegen sollte.
  • 7 Punkte aus dem „Bild-Manifest“, bei denen die „Bild“-Zeitung selbst durchfällt: Der Postillion kommt zu der gesicherten Erkenntnis, dass das Blatt nicht zu Deutschland gehören sollte. Keine Pointe.
  • Viennale 2023: Mein Fazit: Auf dem Wiener Filmfest hat sich Der Filmkürbis 20 der Filme angesehen. Das hier ist sein Gesamtfazit mit den Verlinkungen zu den einzelnen Filmen.
  • Travel Diaries: 3 Days in Rome: Von ihrer kleinen Reise nach Rom berichtet The Marquis Diamond und gibt uns einige Tipps mit an die Hand.
  • Das Wunder vom Wildpark: Dieser Eintrag kann natürlich nicht zu Ende gehen ohne eine Zusammenfassung dieses Spiels. Viel Spaß!

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

5 Kommentare

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