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KW 35+36/2023: The Idol, My Ugly Clementine und 2040: Tag der Deutschen Einheit

Happy Sunday!

Es ist Anfang September und ich konnte bereits meinen zehnten Roman in diesem Jahr auslesen. Jahresziel erreicht! Die vorletzte Woche war dafür äußerst hilfreich gewesen, durch die Fahrten nach Berlin und nach Füssen (Bericht folgt noch) habe ich einige Zeit in der Bahn verbracht, was das Lesen beschleunigen konnte. Welcher Roman das war erfahrt ihr gleich.

Außerdem diese Woche im medialen Rückblick: Eine sehr kontrovers diskutierte Serie von HBO und Neues von einer Band aus Österreich. Viel Spaß!

Patrick Baumann – 2040: Tag der Deutschen Einheit (Deutschland, 2021) – 7 von 10

Klappentext: Berlin im Jahr 2040. Die „Patriotische Alternative Deutschlands“ regiert die Republik. Rechte Schlägertrupps machen Neukölln unsicher. Paul Kanter, Ex-Gangster und Kioskbetreiber, versucht, sich aus allem Ärger herauszuhalten. Doch dann wird seine Freundin, die Journalistin Olivia Kusmin, in ihrer Wohnung brutal überfallen. Der Verdacht fällt auf Kanter. Beim Versuch, seine Unschuld zu beweisen, gerät er in eine monströse politische Verschwörung, die ihn in die dunkelsten Kapitel seiner Vergangenheit zurückführt.

Review: Das Berlin der nahen Zukunft ist eine verkommene Großstadt mit einer völlig aus dem Gleichgewicht geratenen, sozialen Struktur, so der Berliner Autor Patrick Baumann. Spötter werden sagen, in der Gegenwart ist es auch nicht viel anders – aber das gehört jetzt nicht hierher. Dieses 2040 ist jedenfalls eine Welt, die man sich so durchaus vorstellen könnte. Und in dieser Zeit spielt der Roman und beschäftigt sich mit dem Schicksal der einfachen Leute, mit Klankriminalität und mit einem korrupten Staatsapparat. Ja, es ist zweifelslos eine dystopische Welt, nur mit einigen positiven, technischen Entwicklungen. Und nein, der Titel führt ein wenig in die Irre, denn der Roman spielt größtenteils nicht am Tag der deutschen Einheit, sondern läuft fast unbemerkt auf dieses Datum zu.

Bis dahin folgen wir einer spannenden Story mit einer immer verwobeneren Figurenkonstellation. Gleich mehrere Parteien wollen den Mord an Olivia aufdecken, allen voran Paul, der sich bald selbst als Hauptverdächtiger wiederspiegelt. Aus dieser Auf der Flucht Ausgangssituation findet er im Laufe der Zeit immer mehr Verbündete. Das ist gut geschrieben, so dass man gerne der Handlung folgt. Das große Finale ist dann schließlich etwas… sagen wir mal… rabiat, aber nicht unpassend zu den Figuren. Insgesamt vielleicht eine Spur zu konstruiert, wie alle und alles zusammenhängt und welche vermeintlichen Zufälle so auftreten, aber trotzdem spannend.

Fazit: Spannender Thriller in einem dystopischen Berlin, der stellenweise etwas zu konstruiert daherkommt.

The Idol (Staffel 1, 5 Folgen, USA, Sky Atlantic) – 5 von 10

Sängerin Jocelyn (Lily-Rose Depp) hatte einen Nervenzusammenbruch, ihre letzte Tournee ist gescheitert. Jetzt will sie um jeden Preis ihren Status als DER größte sexy Popstar der USA verteidigen. Da lernt sie den zwielichtigen Nachtclub-Besitzer und Selbsthilfe-Guru Tedros (Abel „The Weeknd“ Tesfaye) kennen. Führt ihre neu erweckte Leidenschaft sie zu glanzvollen Höhenflügen oder in die tiefsten Abgründe ihrer Seele?

Wow. Das war vielleicht die Serie mit den beiden unsympathischsten Hauptfiguren, die ich je gesehen habe. Das muss per Definition nicht einmal etwas schlechtes sein, Serien wie Breaking Bad oder Succession haben das gezeigt, in dem sie zumindest ein gewisses Verständnis für die Figuren übermitteln konnten. Hier passiert das nicht. Da wären zum einen der große Popstar Jocelyn (Lily-Rose Depp, die ihre Rolle mit vollem Körpereinsatz spielt). Bei ihr schwankt es immer, ob sie sich gerade ausnutzen lässt oder ob sie selbst die Fäden in der Hand hält. Zwischen diesen beiden Extremen pendelt es mit einigen Wendungen permanent hin und her, aber immer nur so, wie es das Drehbuch im Moment verlangt. Glaubhaft ist das jedoch nicht. Auch bekommt man nur selten ein Gefühl dafür, ob sie wirklich bereits so ein großer Star ist (was zwar oft gesagt, aber nur selten gezeigt wird), oder ob sie nur mit allen Mitteln zu so einem werden möchte. Zum anderen wäre da der Produzent Tedros (Abel Tesfaye a.k.a. The Weeknd), der sich in Jocelyns Leben schleicht und es dann zu einem großen Teil übernimmt. Was stimmt nicht mit ihm, warum verhält er sich menschlich so, warum hat er andererseits so ein Händchen für Musik? Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so einen Hass auf eine Serienfigur hatte. Emotionen weckt diese Serie also, was sie von vielen anderen Serien unterscheidet, denen ich eine ähnliche Punktzahl gegeben habe, denn die sind normalerweise schlicht öde. Das ist The Idol – vielleicht abgesehen von der Pilotfolge – nicht, ihr Problem ist eher das schlechte und oft nicht nachvollziehbare Buch. Denn davon abgesehen machen es die Darstellenden eigentlich ganz gut und auch die Produktion ist, wie man es von einer HBO-Serie erwarten kann, sehr hochwertig, in diesem Fall auch noch kombiniert mit einem guten Soundtrack. Aber diese möchtegern-wendungsreiche und unnötig über-sexualisierte Geschichte kann man wirklich nur schwer ertragen.

Aus Wien melden sich My Ugly Clementine mit ihrem zweiten Album zurück. Und war schon das erste voller (Indie-)Poprockhits, scheint auch der Nachfolger The Good Life in dieser Hinsicht einiges zu bieten. Wie zum Beispiel der Vorabsong Feet Up, dessen Video sich visuelle Anleihen bei Nirvana, Blink 182 und RHCP nimmt.

Gesehene Spiele in dieser Saison: 4 von 5 Liga-Spielen = 80%.

Sonst gibt es nichts zu sagen, ist ja Länderspielpause an diesem Wochenende.

  • Eröffnungsspiel: Am Freitag startete mit der Rugby Weltmeisterschaft in Frankreich eines der größten Sportereignisse des Jahres. Und da ich ja schon ein kleiner Fan der Sportart bin (immerhin war ich bei der WM 2015 im Stadion), habe ich mir das spannende Eröffnungsspiel zwischen den beiden Turnier-Favoriten Frankreich und Neuseeland angesehen. Am Ende setzte sich der Gastgeber doch relativ klar mit 29:13 gegen die All Blacks durch.
  • Abschiedsspiel: Findet für Hansi Flick hoffentlich am Dienstag gegen Frankreich statt. Schon direkt nach der WM 2022 hatte ich geschrieben, dass ein Neuanfang ohne ihn stattfinden muss. Seit dem gab es keinen Grund, an dieser Einschätzung irgendetwas zu verändern. Und das schreibe ich, auch ohne die 1:4 Niederlage gegen Japan gesehen zu haben.
  • Finalspiel: Nach den Eishockey-Herren im Mai haben es nun auch die Basketball-Männer in das Finale ihrer Weltmeisterschaft geschafft, was auch für sie ein riesiger Erfolg ist. Ob sie das Finale gewinnen oder nicht hat auf diese Bewertung fast keinen Einfluss mehr. Das Finale selbst fand erst nach Redaktionsschluss dieses Beitrages statt.
  • Channels: Nutzt jemand von euch die neue Channels-Funktion auf Instagram? Ich habe die letzten Wochen einige Einladungen dazu bekommen, aber der Sinn davon erschließt sich mir noch nicht so ganz. Im Gegenteil, ich finde es eher nervig, wenn mir ständing neue Nachrichten angezeigt werden, und dann ist es nur ein Post in diesem Channel.
  • Neues von der KI: Wahrscheinlich haben diesen Song eh schon viele gehört, aber ich finde das Stück nach wie vor sehr bemerkenswert. Eine KI lässt Johnny Cash den Hit Barbie Girl singen. Und er macht es besser als das Original. Faszinierend!


Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

(Die Teaser auf den Inhalt von The Idol entspricht dem Pressetext von Sky.)

[Update 21:45: So schnell kann es gehen. Die Basketball-Männer sind Weltmeister!! Und Hansi Flick von seinen Aufgaben entbunden. Alles wird gut.]

7 Kommentare

    • Nummer Neun

      Dabei stimmen auf dem Papier ja die Grundzutaten. Wie von HBO gewohnt ist die Produktionsqualität hoch, es gibt auch wie zu früheren HBO-Zeiten genügen Brüste zu sehen, der Soundtrack ist gut und mit Sam Levinson steht derjenige für das Projekt, der auch schon hochgelobte Euphoria gemacht hat. Aber hier passt das halt alles nicht zusammen.

  • Patrick Baumann

    Danke für die Rezension, freut mich, dass es Dir grundsätzlich gefallen hat. Das Feedback bezüglich zu vieler Zufälle habe ich schon öfter bekommen und kann ich nachvollziehen. Es ist mein erster (und bisher einziger) Roman, quasi ein Lehr- oder Gesellenstück. Das merkt man vielleicht stellenweise. Umso schöner, dass Du Dich trotzdem unterhalten gefühlt hast. Viele Grüße!

    • Nummer Neun

      Vielen Dank für dein Feedback und sehr viel Respekt vor dieser Leistung! Wie ich ja geschrieben habe, lesen lässt sich 2040 wirklich gut und macht auch nicht den Eindruck eines Debut-Romans. Und die Sache mit den Zufällen – geschenkt.

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