Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 43/2022: Im Westen nichts Neues, Trom, Blush Always, Ted Lasso und Der Nachname

Happy Sunday! Ich melde mich mitten aus meinem verlängerten Wochenende. Der Dienstag ist im Bayernland ein Feiertag und ich simpler Mainstream-Arbeitnehmer habe mir eine Brücke über den Montag gebaut. Einfach, weil ich es kann. Und weil diese Seite mir gehört, da Elon Musk sie noch nicht gekauft hat.

Im medialen Wochenrückblick gibt es heute den deutschen Oscar-Kandidaten, die Fortsetzung einer deutschen Kinokomödie, eine dänischen Serie, eine jungen Künstlerin und die Serien-Fortsetzung vom aktuell vielleicht bekanntesten Schnauzer im Unterhaltungsbereich.

Ted Lasso (Staffel 2, 12 Folgen, USA, Apple TV) – 8 von 10

Nach dem Abstieg muss Coach Ted Lasso (Jason Sudeikis) und sein Trainerteam (Brendan Hunt und Nick Mohammed) den AFC Richmond wieder zurück in die Premiere League führen. Ungewollte Unterstützung erhält er dabei von der neu eingestellten Psychologin Dr. Fieldstone (Sarah Niles). Außerdem muss sich Ex-Spieler Roy Kent (Brett Goldstein) eine neue Karriere aufbauen, bevor er seiner Freundin Keeley (Juno Temple) zu sehr auf die Nerven geht.

Die zweite Staffel der Fußball-Comedy hat mir deutlich besser gefallen als die erste. Man darf sich da nicht viel vormachen: Wer Fußball sehen möchte, der ist hier einfach falsch. Die Anzahl der Spiel- oder Trainigsszenen ist überschaubar und man bekommt keinerlei Gefühl dafür, wie der AFC Richmond in der Tabelle steht, würde es manchmal nicht unvermittelt und ohne Bezug zu allem vorherigen gesagt werden. Auch sehen die Spieler immer viel zu sauber und entspannt aus, als dass sie gerade 90 harte Minuten in den Knochen gehabt hätten. Und um die Spieler und den Teamspirit  geht es immer nur so am Rande, lediglich Jamie Tartt (Phil Dunster) und der junge Sam Obisanja (Toheeb Jimoh) haben größere Rollen, letzterer durch seine private Verbindung mit Clubchefin Rebecca (Hannah Waddingham). Der Fokus liegt viel mehr auf dem Trainerteam. Hier bekommt der ewige Sonnenschein Ted Lasso endlich ein paar Risse und lässt hinter seine Fassade schauen. Das war dringend notwendig und macht die Figur deutlich glaubwürdiger. Meine Lieblingsfigur Coach Beard (Hunt) erhält seine eigene, große Folge und Nathan (Mohammed) macht eine spannende Entwicklung durch. Und Niles als Neuzugang ist eine starke Ergänzung des Casts. Das ist dann zwar alles mehr Drama als Comedy, aber zum Schmunzeln gibt es auch so genug, wie der starke Start mit dem verschossenen Elfmeter von Dani Rojas (Cristo Fernández) beweist. Würde die Serie auch als Bürocomedy funktionieren? Wahrscheinlich schon. So bleibt der Fußball als Verkaufsargument und Alleinstellungsmerkmal meist dann doch recht schwach. Aber sei es drum, in der neuen Saison wäre ich auch wieder mit am Ball.

Trom – Tödliche Klippen (Staffel 1, 6 Folgen, Dänemark, Arte) – 6 von 10

Der Journalist Hannis Martinsson (Ulrich Thomson) kehrt nach vielen Jahren aus Dänemark zurück auf die Färöer, weil ihm die Umweltaktivistin Sonja (Helena Heðinsdóttir) eine Videobotschaft geschickt hat. Darin behauptet sie nicht nur, dass sie eine Geschichte für ihn habe – sie sei auch seine Tochter, von der er bislang nichts wusste. Bald darauf wird Sonja als vermisst gemeldet. Kommisarin Mohr (Maria Rich) beginnt zu ermitteln.

Was zeichnet eine gute Krimiserie aus? Neben der handwerklichen Umsetzung vor allem interessante Ermittler und ein emotionaler Kriminalfilm. Leider hat mich in dieser Serie beides nicht so richtig überzeugt. Auch wenn sowohl der Journalist als auch die Kommisarin einen gewissen persönlichen Bezug zu dem Fall haben, konnte mich beide nicht so richtig fesseln. Und der Fall entwickelt sich in eine Richtung, die vielleicht nicht die spannendste war. Mit dem von mir geschätzten Nordic Noir Genre hat das ganze recht wenig zu tun, dafür ist alles etwas zu harmlos. Immerhin überzeugen die Färöer als unverbrauchte und windige Kulisse, auf der auch in ihrer Abgeschiedenheit einige Tradition ihrer Geschichte von den Jungen in Frage gestellt werden.

Als vor einigen Jahren Sönke Wortmann den Film Der Vorname veröffentlicht hatte, die Adaption einer französischen Geschichte, war das für mich einer der besten deutschen Filme der letzten Jahre. Seitdem habe ich ihn noch zwei weitere Male gesehen, wo ich mich kaum schlechter unterhalten gefühlt habe. Nun kam mit Der Nachname die Fortsetzung in die Kinos. Zweite Teile von Komödien sind ja immer so eine Sache, aber dass ich mir den anschauen werde, war eigentlich von Beginn an gesetzt. Und so war ich nach über einem Monat mal wieder im Lichtspielhaus.

Der Nachname (Deutschland) – 7 von 10

Also um das Plakativste gleich mal vorweg zu nehmen: An die Qualität des Vorgängers reicht Der Nachname nicht ran. Das liegt nicht nur daran, dass der Wirbel um den Vornamen im ersten Teil sowieso nur schwer zu toppen war – zum Glück wird das auch nicht wirklich versucht – sondern der Film allgemein etwas platter ist. Wurde die Zankerei um den Vornamen, die ja eh nur den halben Film ausmachten, sorgfältig vorbereitet und funktionierte vor allem dadurch, dass das Publikum die Pointe vor den Figuren wusste und damit eine Art Suspense in den Comedy-Bereich brachte, macht man sich hier nicht diese Mühe, sondern ersetzt Qualität durch Quantität. So gibt es einige Überraschungen für die Familie, manche lassen sich aber recht leicht erahnen und wieder andere weren nicht so richtig ausgespielt. So bietet der titelgebende Nachname mehr oder weniger nur genau das, was zu erwarten war und ist innerhalb weniger Minuten abgehandelt. Dazu sind die Figuren untereinander etwas gemeiner, als es angemessen wäre, auch das blieb im ersten Teil eher noch auf einer eher neckischen Ebene. Man merkt, dass der erste Teil auf einem Theaterstück basierte – der Aufbau war sehr viel filigraner, die Dialoge punktgenauer, und das Setting enger – während der zweite Teil nun nur für den Film entwickelt wurde und den handelnden Figuren mehr Zeit und Raum gibt, um den sich aufbauenden Druck zu entfliehen. So müssen die Gespräche immer wieder neu Fahrt aufnehmen. Die weitläufige Finca auf Lanzarote bietet doch mehr Fluchtmöglichkeiten als die enge Wohnung in Bonn. Ist ja generell ein gerne genommener Twist bei Komödien, den zweiten Teil an einen exotischeren Ort zu verlegen (siehe Fack ju Göhte 2 oder Hangover 2).

Aber: Man hat trotzdem Spaß mit dem Film, es gibt immer noch genug Wendungen und Einzeiler, die einfach lustig sind. Christoph Maria Herbst und Florian David Fitz funktionieren als Schwager-Duo ausgesprochen gut und Iris Berbens Beförderung in den Hauptcast sorgt für viel frischen Wind. Und mit nur knapp 90 Minuten hat Sönke Wortmann den Film auch erfreulich knapp inszeniert. Längen hat er dadurch tatsächlich nicht. Dafür zücke ich gerne noch die Tafel mit den 7 Punkten. Einen dritten Teil braucht es aber wirklich nicht.

Das Buch von Erich Maria Remarque habe ich vor vielen Jahren gelesen, ohne dass ich heute noch groß etwas darüber im Kopf habe. Ich kann mich nicht erinnern, eine der anderen Verfilmungen bisher gesehen zu haben. Aber so konnte ich jetzt wenigstens einigermaßen unbelastet die erste deutsche Verfilmung der Geschichte anschauen – es ist die deutsche Einreichung für die nächstjährige Oscar-Verleihung.

Im Westen nichts Neues (Deutschland, 2022, Netflix) – 9 von 10

Auch nach fast 100 Jahren hat die Geschichte leider nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Der Film folgt einigen jungen Soldaten (Felix Kammerer, Aaron Hilmer und Moritz Klaus), die sich euphorisch für den Kriegsdienst gemeldet haben und dann an der Frontlinie zwischen Deutschland und Frankreich auf die bittere und unheldenhafte Realität des Weltkrieges treffen – sowohl die Figuren, als auch der Autor konnten damals noch nicht wissen, dass sich der Konflikt nur als der erste Weltkrieg entpuppte. Die Bilder, die Regisseur Edward Berger (der mir bisher nur mit der tollen Serie Patrick Melrose und einigen Folgen von Deutschland 83 begegnete) mit seinem Kameramann James Friend liefert, sind grausam und brutal, gleichzeitig aber auch episch und dreckig und müssen sich vor solchen internationalen Produktionen wie 1917 und Dunkirk nicht verstecken. Der Film ist weitesgehend nicht politisch, warum hier wer gegen wen kämpft, wird kaum thematisiert. Wozu auch, jeder Krieg ist auf seine Art grausam und unmenschlich. Es gibt jedoch noch eine knappe zweite Storyline, extra für diesen Film geschrieben, in der Daniel Brühl einen Friedensvertrag mit den Allierten zu verhandeln versucht – jener Vertrag, den einige Historiker für die Wurzel des Zweiten Weltkrieges halten. Der Gegensatz zwischen den Diplomaten, die in leeren und sauberen Räumen über den Frieden verhandeln und anmerken, wenn die Croissants schon einen Tag alt sein, bietet einen krassen Gegensatz zur Realität an der Front, der fast schon zu platt ist. Insgesamt ein starker und bedrückender Antikriegsfilm. Ein Remake, das seine Berechtigung hat.

Als ich vor einigen Wochen beim Konzert von Just Mustard war, trat im Vorprogramm Blush Always auf, das Musikprojekt von Katja Seiffert aus (mittlerweile) Leipzig. Spielt sie sonst wohl mit einer Live-Band, trat sie an diesem Abend solo auf und begleitete sich selbst mit ihrer Gitarre und mit Handy-Drums. Dabei kam ein schöner LoFi-Sound heraus. Die im Moment verfügbaren Studioaufnahmen sind dagegen etwas mehrspuriger aufgenommen und von diesen möchte ich euch heute Virtual For You vorstellen. Das dazugehörige Album You Deserve Romance wird im nächsten Februar erscheinen, begleitet von einer kleinen Tour im März.

Gesehene Spiele in dieser Saison: 13 von 14 Liga-Spielen = 93 %.

Die (knappe) Niederlagenserie des KSC setzte sich fort. 0:1 auswärts bei Hannover 96. Nicht unverdient, mit etwas mehr Glück im Spielverlauf hätte es so aber auch genau andersrum ausgehen können, einfach weil es ein so ausgeglichenes Spiel war. Hannover vergab sogar noch einen Elfmeter, die Karlsruher vergaben durch Rapp und Cueto die größte Chance auf den Ausgleich erst kurz vor dem Abpfiff. Damit rutscht der KSC erst einmal wieder zurück in die zweite Tabellenhälfte.

Heute mit einem Special zum Thema: Spiegel Kolumnisten in Gefahr!

  • Sascha Lobo ist „Sexist Man Alive 2022“: Der von mir schon öfter verlinkte Sascha Lobo hat diesen Schmähpreis von der Emma-Redaktion verliehen bekommen, weil er öffentlich die Ausbeutung von Frauen durch Prostitution verharmlost habe. Nun steht er mit seiner Position zwar in der gleichen Linie wie der Deutsche Frauenrat, aber irgedwann scheint die Aktivistin und Herausgeberin der Zeitschrift Alice Schwarzer offenbar den Anschluss an das Zeitgeschehen verpasst zu haben. Der verlinkte Artikel führt zu Queer.de, die Auszeichnung ging aber auch durch die etablierte Tagespresse.
  • Stärke mit Schwäche verwechselt: Vor Corona gehörte mein wöchentliches Hate-Reading der aktuellen Kolumnen von Margarete Stokowski auf Spiegel zum Alltag dazu. Einmal aufregen über ihre oft herbeifantasierten, wöchentlichen Aufregerthemen? Aber gerne. Legendär sind ja ihre 40 Thesen. Aber bereits seit längerer Zeit wurde mir dieser Freizeitspaß genommen. Warum? Sie ist an long covid erkrankt, was leider immer noch eine recht diffuse Diagnose ist, da diese Krankheit in den unterschiedlichsten Ausprägung auftreten kann. Da ich aus naheliegenden Gründen ihren Social Media Kanälen nicht folge, wusste ich das lange Zeit nicht und hatte mich nur über den fehlenden Nachschub gewundert. Nun hat sie sich dankenswerterweise aber auch außerhalb ihrer eigenen Bubble als Gesicht dieser Krankheit positioniert, was bemerkenswert ist, weil wer gibt schon gerne öffentlich zu, dass er oder sie krank ist? Aber was bekommt sie dafür? Einen Shitstorm nach dem nächsten, die taz berichtet (unter einer etwas irreführenden Überschrift) darüber. Und da fragt man sich leider mal wieder: Was stimmt nicht mit den Menschen, vor allem auf Social Media? Auch wenn Frau Stokowski meine Zeilen vermutlich nie lesen wird, aber ich sage es trotzdem: Von Herzen gute Besserung!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

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