Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 02/2023: Strange New Worlds, The Banshees of Inisherin, Das Spiel des Engels, Iggy Pop und Brooklyn Nine-Nine

Habt ihr alle diesen Freitag, den 13. gut überstanden? Ja? Gut, dann kann es ja losgehen.

Der mediale Wochenrückblick bietet dieses Mal eine Parade der ganz großen Namen. Der Altmeister des Punks ist dabei, aber auch einer der bekanntesten, spanischen Autoren aller Zeiten. Es gibt die letzte Staffel einer großen Comedy und die erste Staffel einer neuen Serie eines großen Franchises. Und dann habe ich auch noch einen der Oscar-Favoriten in diesem Jahr gesehen! Schnallt euch also an, es geht los.

Manche Mühlen mahlen etwas langsamer. Im Jahr 2016 kürte ich Der Schatten des Windes des spanischen Autors Carlos Ruiz Zafón zu meinem Buch des Jahres. Erst jetzt habe ich die indirekte Fortsetzung zu diesem Roman gelesen, den zweiten Teil der Erzählung zum Friedhof der vergessenen Bücher. Konnte es an den großen Vorgänger anknüpfen, von dem ich inhaltlich fast gar nichts mehr im Kopf hatte?

Carlos Ruiz Zafón – Das Spiel des Engels (Spanien, 2008) – 8 von 10

Klappentext: Wir schreiben das turbulente Jahrzehnt vor dem Spanischen Bürgerkrieg, als alles aus den Fugen gerät. Die Bevölkerung Barcelonas explodiert, die Stadt expandiert, Gaudí erschafft seine Kathedrale, Banden kontrollieren ganze Stadtviertel und die Anarchisten zünden ihre Bomben. Der junge David Martín fristet sein Leben als Autor von mysteriösen Kriminalromanen und Detektivgeschichten. Als ernsthafter Schriftsteller verkannt, von einer tödlichen Krankheit bedroht und um die Liebe seines Lebens betrogen, scheinen seine großen Erwartungen sich in nichts aufzulösen. Doch einer glaubt an sein Talent: Der mysteriöse Verleger Andreas Corelli macht ihm ein Angebot, das Verheißung und Versuchung zugleich ist. David kann nicht widerstehen und ahnt nicht, in wessen Bann er gerät…

Review: Der Roman spielt in der gleichen Welt wie Der Schatten des Windes. So taucht neben der Bibliothek auch die Buchhandlung der Semperes wieder auf. Kennen muss man den ersten Band allerdings trotzdem nicht, um mit Das Spiel des Engels seinen Spaß zu haben. Denn hier wird eine sehr eigenständige Geschichte erzählt. Und die ist sehr fantasievoll, ohne ein Fantasy-Roman zu sein, und bietet jede Menge Rätsel, ohne ein Krimi zu sein. Der einsame und verbitterte Schriftsteller David Martin bekommt ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann. Und je mehr er sich darauf einlässt, um so enger zieht sich die Schlinge um seinen Hals zusammen. Seine Lebensgeschichte macht ein früheres Barcelona lebendig, die Recherchen zu seinem Auftrag sind der Anfang einer Schnitzeljagd durch diese Welt.

Zafon erzählt davon sehr unterhaltsam und detailliert und scheut sich auch nicht davor, die Geschichte mal hier einen Schlenker machen zu lassen und mal dort. Es bleibt aber immer luftig und interessant zu lesen, so dass man der Story gerne folgt. Da verzeiht man auch, dass es lange keinen offensichtlichen Spannungsbogen gibt und man sich vor allem in der ersten Hälfte öfter fragt, wo das eigentlich hinführen soll. Die Geschichte fließt so dahin, aber ist ja auch durchaus unterhaltsam zu lesen, nur für den richtigen Konflikt muss man schon etwas Sitzfleisch haben. Das ist allerdings Jammern auf hohem Niveau und vielleicht auch nur meiner Aufmerksamkeit geschuldet.

Fazit: Ein unterhaltsamer Schmöker im besten Sinne, mit einer fantasievollen Reise durch ein dunkleres Barcelona.

Unmittelbar nach Beendigung des Romans habe ich mir den dritten Band vorgemerkt. Damit es nicht wieder sieben Jahre dauert, bis ich weiterlese.

In dieser Woche mit zwei Serienstaffeln, die relativ lange auf ihre offizielle Deutschland-Premiere warten mussten.

Brooklyn Nine-Nine (Staffel 8, 10 Folgen, USA, Netflix) – 8 von 10

Veränderungen stehen an im 99. Police Department in New York. Während Jake (Andy Samberg) und Amy (Melissa Fumero) Arbeit und Nachwuchs unter einen Hut bekommen müssen, kündigt Rosa Diaz (Stephanie Beatriz) ihren Job, um als Privatermittlerin weiterzuarbeiten. Währenddessen legt sich Captain Holt (Andre Braugher) mit der mächtigen Polizeigewerkschaft (vertreten durch John C. McGinley) an.

Entgegen anderslautender Beurteilungen im Internet kann ich bei der finalen Staffel der Police-Comedy keinen Qualitätsverfall erkennen. Der größte Kritikpunkt an Staffel 8 ist vielleicht die Länge, mit nur 10 Episoden ist es die mit Abstand kürzeste Staffel ihrer Geschichte. Und da trotzdem die üblichen Verdächtigen untergebracht sind (der Coup, Doug Judy (Craig Robinson), Kevin Cozner (Marc Evan Jackson) und die gesamte Boyle-Familie), bleibt nicht mehr viel Platz für anderes. Dazu widmet sich vorallem der Staffelauftakt einem Thema, um das eine amerikanische Cop-Serie zu dieser Zeit kaum vorbei kam: Polizeigewalt und die Black lives matter Bewegung. Beides wird aber glaubhaft in die Serie eingebaut. Und dann heißt es schließlich Abschied nehmen mit einem Zweiteiler, der noch einmal einige große Stationen der Serie Revue passieren lässt. Danach gehen die Lichter aus im 99. Revier und eine der besten Comedies der letzten Jahre endet.

Star Trek: Strange New Worlds (Staffel 1, 10 Folgen, USA, Paramount+) – 8 von 10

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das fünf Jahre lang unterwegs ist, um fremde, neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilsationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt, dringt die Enterprise dorthin vor, wo niemand je zuvor gewesen ist.

So klassisch wie das Intro daher kommt, so klassisch ist auch die Serie geworden. Unter dem Kommando von Captain Pike (Anson Mount, der es mit nur wenigen Folgen geschafft hat, einer der eindrucksvollsten Kapitäne der Star Trek Geschichte zu werden) folgen wir einer jungen Crew mit einigen bekannten Namen (wie Spock (Ethan Peck), Uhura (Celia Rose Gooding) und Chapel (Jess Bush)) auf ihren Missionen, Jahre bevor ein gewisser Captain Kirk das Schiff übernehmen wird. Dabei macht die Serie vieles richtig, was den anderen, neuen Star Trek Real-Serien meist nicht gelungen ist: Abgeschlossene Abenteuer zu erzählen und eine sympathische und kompetente Crew zu etablieren. Der Abenteuer-der-Woche Ansatz mag in heutigen Zeiten etwas altbacken wirken, aber er funktioniert. Die Serie profitiert davon und kann eine große Spannbreite an Missionen zeigen und dadurch die Tonalität von Folge zu Folge wechseln. Die Crew bleibt einem nach den paar Folgen mehr im Kopf hängen als es Star Trek: Discovery in vier Jahren geschafft hat, sie präsentiert sich auch nicht so hysterisch und überfordert wie die Crew in der besagten Serie. Auch die unbeschrieben Figuren überzeugen, allen voran Lt. Noonien-Singh (Christina Chong), Chefingenieur Hemmer (Bruce Horak) und Schiffsarzt Dr. M’Benga (Babs Olusanmokun). Wie die Serie weiterhin damit umgeht, wenn man von einigen Figuren weiß, dass sie nicht sterben werden, wird sich in den kommenden Staffeln zeigen. Eine Besonderheit ist das Schicksal, dass Captain Pike erwarten wird – denn er kennt es ja selbst schon. Aus dessen Umgang damit hat man ein eindrucksvolles Staffelfinale gemacht. Neben dem ebenfalls gelungen Serienauftakt blieben auch noch einige andere Folgen sehr im Kopf (wie Folge 6 mit dem Ersten Diener (Ian Ho) und Folge 7 mit der Figur der Aspen (Jesse James Keitel), die gerne erneut auftauchen darf). Allerdings lässt es sich bei diesem Konzept nicht vermeiden, dass sich auch ein paar schlechtere Folgen dazwischen mogeln, Folge 8 (Das elysische Königreich) fiel mir besonders negativ auf. Technisch ist auch diese Star Trek Serie wieder auf der Höhe der Zeit, aber das konnte man ja auch schon bei Discovery und bei Picard nicht bemängeln. Lediglich (oder ausgerechnet) das Intro zeigt ein paar Szenen, die eher nach einem Videospiel aussehen. Das ändert aber nichts daran, dass Strange New Worlds aus dem Stand heraus die beste, aktuelle Star Trek Real-Serie geworden ist und sich damit auf einem Level mit Lower Decks befindet.

Diese Woche habe ich einen Film im Kino gesehen, den ich eigentlich lieber in der synchonisierten Version sehen wollte. Dann ließ ich mich aber doch zum Originalton überreden. Ob das eine gute Idee war?

The Banshees of Inisherin (Irland) – 8 von 10

Wer vor dem Film nicht über einen Urlaub in Irland nachdachte, macht es wohl zwangsläufig nach der Sichtung. Tolle Küsten, grüne Landschaften, urige Pubs – das ist doch alles sehr einladend. Zumindest auf Inisherin, der titelgebenden (und fiktiven) Insel. Vom in Sichtweite liegenden Festland kann man das jedenfalls nicht behaupten, denn dort tobt noch der irische Bürgerkrieg. Auf Inisherin ist der Konflikt dagegen kleiner, hier versagt der Musiker Colm (Brendan Gleeson) von einem Moment auf dem nächsten Pádraic (Colin Farrell) die Freundschaft. Warum er das tut, bleibt für Pádraic und das Publikum bis zum Ende rätselhaft – jedenfalls mir wollten Colms vorgeschobene Gründe nicht einleuchten. Und die Taten, die er zur Durchsetzung der Nicht-Freundschaft ankündigt, noch viel weniger, vor allem im Hinblick auf seine Passion. Dass dieser Konflikt nicht nachvollziehbar aufgeklärt wird, ist der größte Kritikpunkt an diesem Film und verdirbt damit leider eine noch bessere Bewertung. Denn die Schauspieler sind wirklich gut und vor allem Farrell spielt seine Figur unglaublich überzeugend und sympathisch. An den beiden Hauptfiguren lässt sich prima über die Unterschiede zwischen Bildung und (emotionaler) Intelligenz diskutieren. Die Nebenfiguren sind klasse, vor allem Pádraics Schwester Siobhán (Kerry Condon) – diese Bruder-Schwester-Beziehung ist fast noch interessanter als der eigentliche Konflikt – und der sogenannte Dorftrottel Dominic (Barry Keoghan). Der Film ist witzig, warmherzig und bietet Drama, ist von Regisseur und Autor Martin McDonagh angenehm unaufgeregt erzählt und hat die anfangs bereits erwähnten schönen Bilder. Wenn doch nur die Sachen mit dem Aufhänger des Films nicht wäre. Aber vielleicht ist das ja auch schon die ganze Aussage des Films: Für Frieden braucht es zwei Parteien, für einen Konflikt langt eine.

Nach dem 73-jährigen Springsteen in der Vorwoche stelle ich euch heute einen neuen Song des 75-jährigen Iggy Pop vor. Der Godfather des Punk und Star Trek: Deep Space Nine Schauspieler hat mit Every Loser zu Beginn des Jahres ein neues Album veröffentlicht, das so frisch und munter klingt, wie man es von ihm nicht mehr erwartet hätte. Ein Beispiel dafür ist der kurze und knackige Song Neo Punk.

  • Glitter: Mittlerweile ist sämtliche Weihnachts-Deko aus der Wohnung verschwunden. Was jedoch bleibt: Der Glitter, der auf machen Sachen war. So fein und haftend, den werde ich wohl noch etwas länger auf dem Boden kleben haben.
  • Akte X und die Macht der Dystopie: Auf Tor Online hat mich sich Gedanken darüber gemacht, welche Spuren die Mutter aller Verschwörungsserien hinterlassen hat und warum sie sich von Querdenkern (zum Glück) nicht einverleibt wurde.
  • Lesen und Lernen am Fjord: Der Blog Zeichen und Zeiten über die neue Bibliothek in Oslo. Ärgerlich, war ich doch selbst erst vor ein paar Wochen dort und auch genau in dieser Ecke. Hätte ich ihren Artikel zu der Zeit mal schon gekannt!

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

2 Kommentare

  • bullion

    Ach, das freut mich, dass dir „Brooklyn Nine-Nine“ auch so gut gefällt. Hatte über die letzte Staffel viel Schlechtes gelesen, bin aber sehr begeistert (mir fehlen noch drei Episoden). Kann nur kritisieren, dass sie zu kurz ist.

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