Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 27+28/2023: Dead Reckoning, Tage, die es nicht gab, The Woman King, Veep, Berlin, Berlin, Speed und die Zombie Sessions

Vergangenes Wochenende verbrachte ich ein paar Tage in der Heimat. Da sich vor der Abfahrt nichts relevantes für den Medienrückblick angesammelt hatte, wurde der dritte Teil des Schottland-Reiseberichts kurzerhand auf den Primetime-Sonntagsplatz befördert. Dafür beinhaltet dieser Beitrag nun die letzten beiden Wochen und ist deshalb picke-packe-voll geworden (wie auch immer das mit der Flaute in der ersten Woche zusammen passt, aber es stimmt so, wie ich es schreibe).

Donnerstagabend, Frankfurt am Main, die Alte Oper – ein Hauch von Hochkultur auf diesen Seiten? In diesem wunderschönen Gebäude war ich mit meinen Eltern bei der Show Berlin, Berlin. Jeder, der schon mal in Frankfurt war, kennt dieses Haus von außen – drinnen im großen Saal war ich nun jedoch das erste Mal. Leider konnte der nicht so ganz mit dem prinkvollen Außeren mithalten, er war mehr praktisch als opulent.

Aber es soll jetzt um die Show und nicht um das Gebäude gehen und die machte viel Spaß. Das Ensemble sang und tanzte sich durch viele Stücke der goldenen Zwanziger und brachte die Doubles von vielen großen Stars dieser Zeit auf die Bühne. Ich kannte recht viele der Songs, meine Eltern noch mehr. Das Ende der Show kam schließlich plötzlich und etwas verstörend, aber historisch betrachtet wohl passend zum Ende dieser legendären Zeit.

Da keine Aufnahmen während der Vorstellung erlaubt waren, greife ich hier auf ein Pressefoto zurück:

Tage, die es nicht gab (Staffel 1, 8 Folgen, Österreich, Das Erste) – 7 von 10

Ist es ein Unfall, Selbstmord oder Mord? Eine gewachsene Freundschaft von vier Frauen (Franziska Weisz, Diana Amft, Jasmin Gerat und Franziska Hackl), die sich seit ihrer Schulzeit kennen, trifft auf alte Geheimnisse. Als eine Kommissarin (Sissy Höfferer) beginnt, ungeklärte Todesfälle aus der Vergangenheit neu aufzurollen, wird den Frauen der trügerische Mantel des Schweigens mit einem Ruck weggerissen.

Drama, Cold Case Kriminalfall oder sogar etwas Comedy? Die Serie ist eine breite Mischung aus Genres und am Ende eine bunte Mischung, die geschickt erzählt wird. Das merkt man spätestens am Ende der ersten Episode, wenn sich die ersten Dinge überraschend anders anordnen, als man es zunächst vermutet. Das Umfeld der Eliteschule ist spannend, deren Direktor Paulitz (Harald Krassnitzer) ordentlich hassenswert. Schwierige Themen wie Mord und Selbstmord werden behandelt, gleichzeitig aber auch vieles recht locker inszeniert – eine Kombination, die nicht jedem schmecken wird. Genau wie der Punkt, dass die Serie hauptsächlich aus der Sicht der vier Frauen erzählt wird, was die meisten Männer der Handlung zu etwas platten Nebenfiguren degradiert, mit der Ausnahme vielleicht vom Nachbarsjungen Olivier (Etienne Halsdorf). In der Mitte der Staffel verliert die Serie den Fokus auf den anstoß-gebenden Kriminalfall aus den Augen und wird etwas zu sehr zum Drama, bei der nicht alle Handlungsstränge überzeugen können (so wirkt alles rund um die Firma Hauke und dessen Gründerin (Jutta Speidel) so, als hätte es jemand geschrieben, der nie einen Schreibtischjob hatte). Und schließlich ist auch die finale Auflösung etwas simpel und unbefriedigend. Das aber wiederum machen die beiden Ermittelnden Grünberger (Sissy Höfferer) und Leodolter (Tobias Resch) mehr als wett – lasst sie bitte in einem weiteren Fall ran! Schade, dass sie hier nur die Nebenfiguren waren.

Veep – Die Vizepräsidentin (Staffel 5, 10 Folgen, USA, Sky on Demand) – 8 von 10

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Interims-US-Präsidentin Selina Meyer (Julia Louis-Dreyfus) hat eine nervenaufreibende Präsidentschaftswahl hinter sich. Doch die Auszählung endete unentschieden. Nun muss sich die ehrgeizige Politikerin vielleicht einer Stichwahl stellen. Ihr Team lotet alle Möglichkeiten aus, denn Selina will um jeden Preis im Weißen Haus bleiben.

Nach der fünften Staffel wird es langsam schwer, noch etwas Neues zur Serie zu schreiben. Sie unterhält weiterhin ungemein und bleibt sprachlich weiter recht derb. Zwei besondere Highlights gibt es jedoch noch für diese Staffel zu erwähnen. Das wäre zum einen Selina Meyer (Louis-Dreyfus) selbst, deren klarer Machtfokus immer deutlicher wird – was man vor allem in der Folge mit ihrer Mutter merkt, aber genauso an der fehlenden Kommunikation mit ihrer Tochter Catherine (Sarah Sutherland). Zum anderen die Kandidatur von Jonah Ryan (Timothy Simons) zum Abgeordneten, unter der Leitung von Dan Egan (Reid Scott), die einige überraschende Wendungen hervorbringt. Fünfte Staffel einer Comedy bedeutet aber meistens auch, dass einige Figuren mehr und mehr zu Abziehbildern werden. Das passiert hier leider mit dem Pressesprecher Mike McLintock (Matt Walsh), dem man beruflich nun gar keinen Erfolg mehr zugesteht (auf dieser Position!) und langsam auch bei Kent Davison (Gary Cole), der immer mehr mit klugscheißenden Kommentaren um sich wirft. Trotzdem wird es weiter gehen, nur noch zwei Staffeln fehlen.

Mission: Impossible – Dead Reckoning (Teil eins) (USA) – 8 von 10

Während ich ja mittlerweile seit Jahrzehnten keinen James Bond mehr gesehen habe, sitze ich bei jedem neuen Mission Impossible Film verlässlich im klimatisierten Kino und bereue es im Regelfall nicht. Den letzten Film der Reihe – Fallout – setzte ich auf #4 meines Jahresrankings 2018. An dessen Qualität kommt Dead Reckoning nicht ganz ran, aber er ist auch alles andere als eine Enttäuschung. Regisseur Christopher McQuarrie und der letzte große Hollywood-Star Tom Cruise zeigen mal wieder eindrucksvoll, was der aktuelle Gold-Standard des Actionkinos ist. Dabei erliegen sie nicht der Versuchung, ihre Filmreihe durch ein immer „höher, weiter, schneller“ lächerlich zu machen, sondern setzen weiter auf größtenteils handgemachte Stunts. In diesem Fall bedeutet diese eine – überraschend witzige – Verfolgungsjagd durch Rom, Prügeleien in Venedig, Versteckspielchen in Abu Dhabi und einen Zug-Stunt (eine Dampflokomotive als Highlight in einem Film über KI!), der in manchen Aspekten an Zurück in die Zukunft III erinnert, und der einfach immer weiter und weiter geht. Und dann gibt es natürlich noch DEN Stunt mit dem unvermeidlichen Motorrad, der tatsächlich für ein mucksmäuschenstilles Kino sorgt. Unrealistisch? Wir reden hier über die Film- und Serienreihe, die sich lange über die Sache mit den Masken definiert hat! Hayley Atwell ist eine tolle Ergänzung des Casts, Pom Klementieff taucht nach den Guardians of the Galaxy in einem zweiten Blockbuster in diesem Jahr auf und Simon Pegg, Ving Rhames und Rebecca Ferguson stehen für die Konstanz der Filmreihe.

Die Actionsequenzen werden durch eine sehr aktuelle Story zusammen gehalten. Eine Künstliche Intelligenz, die Entität, als Gegenspieler ist eine frische Idee für diese Art von Film, auch wenn sie letztlich nicht konsequent durchgezogen wird. Sie braucht doch wieder ein Gesicht, in diesem Falle das von Esai Morales als Gabriel, um auf der Leinwand bedrohlich zu wirken. Auch wird nicht ganz klar, was sich sämtliche Geheimdienste von der Entität versprechen und auch das Spiel von Lügen und Betrügen der großen Mächte ist etwas drüber. Die Story mündet in der Jagd nach einem zweiteiligen Schlüssel, dessen Teile mal hier und mal da sind und hin und her geschoben werden wie von einem Hütchenspieler – genau wie die Nebenfiguren, die immer passend an der richtigen Stelle wieder auftauchen. Ob das alles einem Plausibilitätscheck stand halten würde sei mal dahingestellt – es ist letztlich aber auch die falsche Frage für diesen Film. Denn der will einfach nur unterhalten und das tut er gut. Es ist ein Film mit 164 Minuten Laufzeit, aber ohne Längen. Und dass noch ein direkter zweiter Teil folgen wird ist kein Problem, denn dieser hier bietet einen befriedigenden Abschluß.

Speed (USA, 1994, RTL II) – 8 von 10

Auch nach mittlerweile knapp 30 Jahren ist der Film von Jan de Bont immer noch äußerst rasant. Der Film, der Keanu Reeves endgültig zum Star machte und den Durchbruch für Sandra Bullock bedeutete, ist eine ständige Adrenalin-Tour und mit Recht einer der großen Action-Klopper der 1990er. Natürlich denkt man sofort an die Nummer mit dem Bus, aber auch schon der Eingangs-Stunt mit dem Fahrstuhl (den ich gar nicht mehr im Kopf hatte), legte die Latte sehr hoch. Etwas schade ist nur, dass die Motivation für Dennis Hopper als Gegenspieler etwas dürftig war (Geld) und auch, dass die finale Actionsequenz nicht mehr im Bus stattfand, weswegen sie etwas beliebig wirkte.

The Woman King (USA, 2022, Sky Cinema) – 7 von 10

Die Story an sich ist lange Zeit recht gewöhnlich und nicht so innovativ, wie es die Kreativen wohl dachten: Die junge Nawi (Thuso Mbedu) ist ein unangepasster Rebell gegen die Gesellschaft und findet nach einem harten Trainig unter Generalin Nanisca (Viola Davis) ihre Rolle im Militär bzw. hier bei den Agojie. Full Metal Jacket und ähnliche Filme lassen grüßen. Das wir es hier nicht mit dem US-Militär, sondern mit einer rein weiblichen Kampfeinheit an der Westküste Afrikas im 19. Jahrhundert zu tun haben, lässt sich oft nur an der ungewohnten Kulisse erkennen. Interessanter wird es dann erst in der zweiten Hälfte, wenn die Themen ausländische Invasoren und Sklaverei noch stärker in den Fokus rücken und das Skript auch erfolgreich versucht, aufkommende romantische Klischees weitläufig zu umschiffen. Und Viola Davis ist eh meist ein Ereignis.

Mit etwas Verspätung kann ich von den Zombie Sessions berichten. Das ist eine kleine Konzertreihe, in der sich lokale Künstler der eher lauteren und düsteren Rock-Varianten dem Münchener Publikum präsentieren können. Ich war das erste Mal dabei und von der Qualität und Intensität der drei Acts sehr angetan. Im Einzelnen spielten an diesem Abend im Bürgerhaus Glockenbachwerkstatt:

Como Bravo spielten Punkrock und eröffneten damit den Abend.

Als mittlere Band waren Autodelete dabei. Post-Punk mit Gesang, der in diesem Kontext vermutlich auch gar nicht anders sein dürfte. Wenn man sich darauf einlassen kann, sehr hypnotisch und intensiv. Wer das nicht kann, langweilt sich vermutlich.

Zum Abschluß spielten Bolzen, die aber rein gar nichts mit kicken zu tun hatten. Ein Duo, dass aber Krach für fünf machte. Musikalisch nah am Vorgänger-Act, und ein gelungener Abschluß.

Alle drei Bands habe ich das erste Mal gehört, ob die eingebetteten Songs auch tatsächlich gespielt wurden kann ich bei bestem Willen nicht garantieren.

  • Gegenwart oder Vergangenheit: Ein Punkt, an dem ich regelmäßig ins Grübeln komme, wenn ich die Reviews schreibe, ist die zu wählende Zeitform, weswegen ich es mal und mal so mache. Schreibt man Reviews in der Vergangenheit oder im Präsens? Es ist eine dieser Fragen, die mich um so mehr verwirren, je länger ich darüber nachdenke. Wie macht man es richtig? Antworten bitte in die Kommentare.
  • Technischer Defekt: Wer eine Bahnfahrt unternimmt, der hat etwas zu erzählen. So ging es mir auch, bei der Rückfahrt von Frankfurt nach München. Der aus Hamburg gekommene ICE hatte in Frankfurt einen technischen Defekt und konnte nicht weiterfahren. Ersatzzug? Fehlanzeige. Also verteilten sich – an einem Sonntag Nachmittag – die Fahrgäste auf die anderen regulären Züge. Ich fuhr mit einem ICE weiter bis nach Mannheim, stehend vor den WCs. In Mannheim erwischte ich noch so eben einen anderen ICE, der  nach München weiterfuhr. Ich hatte sozusagen Glück, denn dieser Zug hatte eine deutliche Verspätung, sonst hätte ich ewig auf den nächsten warten müssen. So saß ich ab Mannheim das erste Stück unter der Gepäckablage, bis in Esslingen (dort halten ICEs?) ein Sitzplatz frei wurde. In München war ich überraschenderweise nur 50 Minuten später als gedacht, zu wenig für eine Fahrpreiserstattung. Immerhin funktionierte überall die Klimaanlage. Nicht unwichtig, bei Außentemperaturen von über 30°.
  • Bares ist rares: Vor Corona stand ich einmal pro Woche am Geldautomaten, um mir quasi mein Wochenbudget abzuheben. Seit der Pandemie zahle ich fast alles mit Karte, nur beim Bäcker und beim Aufladen meiner Kantinenkarte geht noch regelmäßig Bargeld über den Tisch. Der Gang zum Automaten ist daher seltener geworden, meist bin ich nur noch einmal im Monat dort. Mein neuster Trick, um den nächsten Geldautomatenbesuch aufzuschieben: Ich zahle für andere mit (d.h. ich besorge Kinotickets, zahle die ganze Restaurantrechnung, etc.) und lasse mir von den Freunden das Geld danach in bar erstatten. Ist mir zuletzt unbeabsichtigt öfter passiert.
  • Wieso ist es mutig, Dinge alleine zu machen?: fragt sich Wörter auf Reisen und erzählt von ihrem vergangenen Urlaub am Meer.
  • Instagram Spam Anfragen in privaten Nachrichten: Wer kennt diese Anfragen nicht? Shadownlight hat die besten gesammelt und zeigt, was man gegen unerwünschte Nachrichten machen kann.
  • Angriff auf die Kultur von rechts: Der Branchenblog Out Takes über die Rolle der AfD beim Thema Filmförderung und Kunstfreiheit.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

(Der Teaser zu Tage, die es nicht gab ist der Pressetext der ARD Mediathek, der Teaser zu Veep stammt von Sky.)

5 Kommentare

Was sagst du dazu? Aber denke dran, deine Mail- und IP-Adresse wird gespeichert und auch Gravatar liest mit. Ist das ok? Dann kommentiere

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.