Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 36/2022: Westworld, Superstore, No Way Home, Russian Circles, Tutzing und Der größere Teil der Welt

Es geht eine wohl weltgeschichtlich historische Woche zu Ende. Nach 70 Jahren Amtszeit starb mit Elisabeth II die Königin des Vereinten Königreiches Großbritannien und Nordirland, sowie Oberhaupt von 14 weiteren, souveränen Nationen, die durch den Commonwealth miteinander verbunden sind. Ihre Bedeutung ist aus Deutschland heraus schwer nachzuvollziehen, da sie einerseits zwar die höchste Repräsentantin der angesprochenen Staaten war, andererseits aber keine gestalterische Macht hatte. Ihre Rolle ist daher am ehesten noch mit der der deutschen Bundespräsidenten zu vergleichen, der ja auch vor allem repräsentative Aufgaben hat und die moralische Autorität des Landes ist. Die Queen war dies für 70 Jahre und war damit ein moralischer Fels in der Brandung und eine verlässliche Konstante im Leben ihrer Untertanen. Man muss kein Fan der Klatsch- und Tratschpresse sein, man muss keine romantisierenden Projektionen auf die Königsfamilie legen, aber mann kann trotzdem ihre Bedeutung oder besser gesagt, die Bedeutung ihrer Rolle für die Welt hoch einschätzen.

Braucht es heutzutage noch eine Monarchie? Vermutlich nicht. Sie schadet aber anscheinend auch nicht, den europäischen Nationen mit Königshäusern geht es nach allgemeiner Einschätzung ja nicht so schlecht.

Und damit weiter zu meinem medialen Wochenrückblick:

Am vergangenen Sonntag gab es einen spontanen Ausflug nach Tutzing am Starnberger See. Mit dem Regionalzug 20 Minuten hin, dort etwas rumspaziert und 20 Minuten wieder zurück. Kostenpunkt: Genau 9 Euro, plus meine bestehende Abokarte für den MVV.

Besonders viel habe ich jedoch nicht gesehen. Nach dem Verlassen des Bahnhofs habe ich mich sofort auf den Weg zum Seeufer gemacht. Angenehmerweise konnte man dort auf relativ langem Wege direkt am See entlang spazieren, was ja leider nicht so selbstverständlich ist. So war ich dort unterwegs vom Nordbad bis zum Kustermannpark, wobei das Ufer teilweise recht belebt war, es aber auch ruhigere Ecken gab, vor allem in letztgenannten Park. Von dort habe ich den Johannishügel erklommen, von wo aus man einen schönen Blick über den Starnberger See bis hin zu den Bergen hat.

Das Foto der Woche ist jedoch noch unten am Seeufer entstanden, gleich am Anfang des Brahmswegs.

Es ist Anfang September und ich habe den neunten Roman des Jahres ausgelesen. Immerhin. Für meine 10-Bücher-Challenge habe ich mir dadurch etwas Vorsprung erarbeitet, um mich nun einem etwas umfangreicheren Werk mit ungefähr 800 Seiten widmen zu können.

Vorher aber zunächst zur Nummer Neun des laufenden Kalenderjahres:

Jennifer Egan – Der größere Teil der Welt (USA, 2010) – 7 von 10

Klappentext: Bennie Salazar, Musikproduzent und Ex-Punkrocker hat scheinbar alles erreicht. Ebenso Sasha, seine Assistentin, von der niemand vermutet, dass sie eine zwanghafte Kleptomanin ist. Als Scotty, ehemaliger Gitarrist und Bennies erfolgloser Schatten, im Büro seines Freundes erscheint, taucht die Vergangenheit blitzartig wieder auf. In einem schwindelerregenden Kaleidoskop lässt Jennifer Egan eine Epoche lebendig werden: von den 70er Jahren in San Francisco über die 90er Jahre in New York bis hinein in eine ungewisse Zukunft.

Review: Das Konzept des Buches ist toll. Es sind 13 Kapitel, die relativ losgelöst voneinander einzelne Episoden von Personen beschreiben, die alle mehr oder weniger miteinander in Bezug stehen. Wie diese Figuren zusammen hängen, wird erst nach und nach offenbart. Dabei umspannen die Episoden zeitlich einen recht großen Rahmen und sind meist nicht einmal in chronologischer Reihenfolge erzählt. Und was auch noch bemerkenswert ist: Die Episoden sind stilistisch recht unterschiedlich gehalten. Jennifer Egan hätte es sich definitiv auch leichter machen können. Aber Kompliment an die Autorin, das Konzept geht im Großen und Ganzen auf.

Die Episoden funktionieren dabei wie einzelne Kurzgeschichten. Das im Klappentext erwähnte Kaleidoskop beschreibt es ganz gut. Der verbindende Faden ist zwar recht dünn, aber er reicht, um das Paket zusammen zu halten. Ich kann aber auch jeden verstehen, der sich einen stärkeren Zusammenhang wünschen würde. Meine Favoriten waren der Besuch von Scott bei seinem alten Freund – und er ihm einen frisch gefangenen Fisch als Geschenk mitbringt, und das Abenteuer der PR-Agentin Dolly, die einem mittelamerikanischen Diktator ein besseres Image verpassen soll. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei solch einem Konzept nicht jede der dreizehn Episoden gleich gut funktioniert. Wenn aber genau die letzten beiden Kapitel so dermaßen schief gehen, bleibt am Ende leider ein fader Beigeschmack übrig. Da wäre zum einen das vorletzte Kapitel, dass – sehr gewagt – in Form einer Powerpoint Präsentation erzählt wird. Am kindle funktionierte das überhaupt nicht, weil es vielfach schlicht nicht lesbar ist. Und die Seiten/Folien, die man einigermaßen lesen kann, wirken wie Powerpoint-Bullshit-Bingo, geschrieben von jemandem, der normalerweise nicht mit Powerpoint arbeitet. Was wahrscheinlich als Satire gedacht war, verleitet eher zum Fremdschämen. Das letzte Kapitel schließlich ist eine Near Future Episode, die jedoch in ihrer Grundidee nicht überzeugen kann. Damit sind die Rausschmeißer aus diesem ansonsten gelungenen Roman sehr enttäuschend. Achja, und wer sich von Der größere Teil der Welt einen Roman aus dem Musikbusiness erhofft, der sollte die Erwartungen auch nicht zu hoch hängen. Die Musik ist hier nur Mittel zum Zweck.

Fazit: Funktioniert als Kurzgeschichten-Sammlung ganz gut, auch wenn nicht jede einzelne Episode überzeugen kann.

Superstore (Staffel 4, 22 Folgen, USA, Sky on Demand) – 7 von 10

Nachdem die Beziehung von Amy (America Ferrera) und Jonah (Ben Feldmann) nun öffentlich geworden ist, werden sie auf der Arbeit (ja, ich sage „auf“ der Arbeit) anders beobachtet. Außerdem steht die Geburt von Amys Nachwuch an und auch bei Dina (Lauren Ash) rückt der Termin immer näher – zusätzlich hat sie dann später noch einen persönlichen Verlust zu verkraften, bei dem sie einen wirklich Leid tun kann. Außerdem wollen sich einige aus dem Stammcast beruflich anders aufstellen.

Anscheinend komme ich langsam in das Alter, in dem mir die Musik im Supermarkt immer mehr gefällt. Ja, ich hätte gerne einen Superstore-Sampler! Und damit zur – zumindest bei mir – aktuellen Staffel. Es gibt wohl wenige Serien, in denen Themen wie Gewerkschaften und Arbeiternehmerrechte so thematisiert werden wie in Superstore. Und im Comedy-Bereich könnte es so etwas seit Roseanne nicht mehr gegeben haben? Wie auch immer, diese bodenständige Themen für Menschen in unglamourösen Berufen sind schon eine Visitenkarte der Serie und zeigen, wie gut es einem als gut ausgebildeter Büroarbeiter in Deutschland geht. Der Fokus der Staffel liegt dieses Mal noch etwas mehr auf Amy (mit Recht war Ferrera in dieser Rolle für mehre Awards nominiert), für die beruflich und privat einige Veränderungen anstehen. Von  beruflichen Veränderungen ist auch Glenn (Mark McKinney) betroffen, aber wieder einmal überzeugt er mich nicht damit, wie er auf die neue Konstellation reagiert. Gern gesehener Gaststar bleibt für mich dagegen Jeff (Michael Bunin), der jedoch nicht mehr so viele Einsatzzeiten bekommt wie am Anfang. Und ich muss zugeben, dass ich dieses Mal nicht ganz so viel lachen konnte. Bis zum Schluß schwankte ich daher zwischen den 7 und 8 Punkten und habe mich dann ausnahmsweise mal für die schlechtere Bewertung für Superstore entschieden. Aber kein Problem, ich werde dort trotzdem weiterhin einkaufen gehen.

Westworld (Staffel 4, 8 Folgen, USA, Sky Atlantic) – 5 von 10

Sieben Jahre sind seit der Revolte der Androiden sowie der Sturz der K.I. Rehoboam vergangen. Der Mann in Schwarz (Ed Harris) ist ebenfalls wieder zurück, um mit einem mexikanischen Kartell über den Erwerb eines Datenservers zu verhandeln.

Was genau habe ich hier eigentlich gesehen? Ich gebe es ja offen zu: Die Handlung dieser Staffel habe ich nicht ganz verstanden. Nach der relativ geradlinigen Vorgängerstaffel wird es hier wieder komplizierter, aber leider auch uninteressanter. Mag ja sein, dass da ganz tolle philosophische Gedanken dahinter stecken, die man versucht, mit einigen erzählerischen Winkelzügen zu kombinieren. Wenn man dann am Ende aber sein Publikum verliert, hat man irgendetwas falsch gemacht. Zwar funktioniert der Twist um Caleb (Aaron Paul), dem Bauarbeiter mit Hipster-Frisur, ganz gut, nur bleibt die Figur als Prügelknabe immer ein Fremdkörper in der Serie. Die Story um Dolores (Evan Rachel Wood) und deren Verbindung zum Rest der Geschichte blieb mir bis zum Ende ein Rätsel. Bleiben noch Maeve (Thandiwe Newton) und Arnold (Jeffrey Wright), die versuchen, an Charlotte (Tessa Thompson) heranzukommen. Und auch der Mann in Schwarz (Ed Harris) zieht weiter seine Strippen. Rund ist das Ganze nicht und einige der bedeutungsschwangeren Dialoge wirken fast etwas lächerlich. Die Optik und die Musik (wie z.B. das Video Games Cover in der ersten Folge) sind aber immer noch überdurchschnittlich, nur nicht mehr ganz so herausragend wie in den ersten Staffeln. Hoffentlich war dies jetzt die letzte und man versucht nicht noch, einen weiteren Twist aus dem Hut zu zaubern. Diese Welt ist jedenfalls auserzählt.

Für mich sind die meisten Superhelden-Filme ein Kompromiss zwischen Action, Science-Fiction und Fantasy. Und zu Fantasy… naja siehe letzte Woche. Besser gefallen mir meist die Superhelden-Filme ohne Superkräfte, dafür mit technischen Gadgets, deshalb bin ich da eher bei Iron Man oder Batman. Je mehr es in Richtung Superkräfte oder Zauberei geht, um so eher bin ich raus.

Spider-Man: No Way Home (USA, 2021, Sky Cinema) – 7 von 10

Vielleicht bin ich deshalb auch schlicht das falsche Publikum für diesen Film – in meinem Archiv gibt es keinen Hinweis darauf, dass ich in den letzten Jahren irgendeinen anderen Spider-Man-Film gesehen habe. Und als Einstieg ist No Way Home daher eher nur so mittelgut geeignet. Nicht, dass man der Story nicht folgen könnte und wenn Marvel drauf steht, weiß man ja eh, dass man ein nicht enden wollendes CGI-Gewitter bekommt und es alle paar Minuten ordentlich knallt. Daher unterhält auch dieser Film schon recht gut und auch die Paarung zwischen Spider-Man (Tom Holland) und Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) funktioniert. Die emotionale Tiefe und die Anspielungen auf all die anderen Filme laufen jedoch schlicht an mir vorbei. Deshalb gibt es hier nur 7 Punkte für einen der kommerziell erfolgreichsten Filme der letzten Jahre, größere Insider des Genres würden aber vermutlich mehr Punkte zücken.

Anfang des Jahres war der Auftitt von Russian Circles eines meiner ersten Konzerterlebnisse nach einer langen Zeit und gefiel mir so gut, dass er mir länger im Kopf blieb, obwohl ich eigentlich schon Jahren nichts Neues mehr von der amerikansichen Post-Metall Band gehört hatte. Aber das änderte sich, als vor ein paar Wochen deren neues Album Gnosis auf den Markt kam. Und ja, auch da konnte ich wieder gut zu hören. Diese Art von Musik ist vielleicht nicht für jeden etwas, aber wer auf laut, melodisch und gesanglos steht und ungefähr acht Minuten Zeit hat, der sollte ruhig mal ein Ohr riskieren. Hier ist der gleichnamige Titeltrack aus dem neuen Album.

Gesehene Spiele in dieser Saison: 8 von 8 Liga-Spielen = 100%.

Die Zeit der aufregenden Ligaspiele scheint erst einmal vorbei sein, gegen die starken Gegener zuletzt zog eine neue Seriosität ein. Hinten sicher stehen – was im Gegensatz zum Saisonstart und mit der Rückkehr von Gersbeck und dem Transfer von Ambrosius auch gut klappt – und vorne dann mal gucken. So gab es nach dem knappen 0:1 gegen den HSV in der letzten Wochen jetzt ein 0:0 gegen den 1. FC Heidenheim, das man in den letzten 10 Minuten noch so über die Ziellinie rettete. Die Belohnung ist ein solider Mittelfeldplatz mit 11 Punkten nach 8 Spielen, was auf eine ganze Spielzeit hochgerechnet, am Ende 47 Punkte versprechen würde. Man ist also auf einem guten Weg.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

6 Kommentare

  • bullion

    Immer noch bei „Superstore“ dabei. Schön!
    Von „Westworld“ fehlt mir auch noch die dritte Staffel. Vielleicht schau ich die Serie noch einmal komplett, wenn sie auserzählt ist?

    • Nummer Neun

      Superstore will ich auch definitiv noch dieses Jahr zu Ende bringen!

      Bei Westworld gab es von Staffel 2 zu Staffel 3 einen größeren Bruch. Von daher hattest du einen guten Zeitpunkt für ein Break erwischt.

  • S.Mirli

    Ich finde, du bringst es auf den Punkt. Man kann von der Monarchie halten, was man will (ich mag deinen Ansatz, dass sie ja offensichtlich auch keinem Staat wirklich schadet, allein was die Einnahmen durch Tourismus und Merchandising angeht), aber die Leistung dieser Frau muss man würdigen. Bis zum quasi Todestag mit 96 Jahren noch täglich zu arbeiten – diese Disziplin und Haltung, das muss man einfach anerkennen. Und ich persönlich war tatsächlich getroffen, als ich von ihrem Ableben erfahren habe. Und vielen Dank sowohl für den Buch- als auch den Musiktipp, gute Auswahl. Ich wünsche eine grandiose neue Woche, alles Liebe, x S.Mirli
    https://www.mirlime.at

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