Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 29/2022: For All Mankind, Die letzte Kosmonautin, Schachnovelle, Old und Herzogpark

Happy Sunday und hallo aus Karlsruhe. Wenn der Beitrag online geht, habe ich wenige Stunden zuvor das erste KSC-Heimspiel der Saison gegen den 1. FC Magedeburg live im Stadion gesehen. Meine Laune könnte dementsprchend gut oder schlecht sein.

Im medialen Wochenrückblick sind alternative Realitäten dieses Mal ein größeres Thema. Was wäre gewesen, was hätte auch sein können? Die eine Alternative fragt sich, wie sich die Raumfahrt wohl entwickelt hätte, wenn ein sowjetischer Kosmonaut der erste Mensch auf dem Mond gewesen wäre. In der anderen Alternative hat die DDR, dank eines gigantischen Ölfundes, sich behaupten können und betreibt nun in naher Zukunft sogar eine eigene, kleine Weltraumstation.

Und mit diesem Thema geht es auch direkt los:

Brandon Q. Morris – Die letzte Kosmonautin (Deutschland, 2022) – 7 von 10

Klappentext: Wir schreiben das Jahr 2029, und die DDR feiert ihren 80. Jahrestag. Die Kosmonautin Mandy Neumann befindet sich seit mehreren Wochen an Bord der Raumstation „Völkerfreundschaft“. Eigentlich wartet sie auf ihre Ablösung, doch als die ersten unerklärlichen Unfälle passieren, beschleicht sie der Verdacht, dass jemand ihre Mission sabotiert. Kurz darauf bricht der Kontakt zur Bodenstation ab, und sie muss um ihr Leben kämpfen. Der einzige Mensch, der ihr dabei helfen kann, ist Tobias Wagner, ein Leutnant der Volkspolizei in Dresden. Er ist auf der Suche nach einem verschwundenen Physiker, der am Bau der Raumstation beteiligt war, und die Spur führt ihn in ein militärisches Sperrgebiet in der Lausitz. Schon bald gerät er in Konflikt mit seinen Vorgesetzten.

Review: Brandon Q. Morris hat vermutlich den besten möglichen Titel für diesen Roman gewählt. Kosmonautin Mandy, von der DDR auf eine staatseigene Raumstation geschickt und mit dem neuesten Teleskop ausgerüstet, welches auch im Westen Aufmerksamkeit erzielte, muss da oben um ihr Leben kämpfen. Allerdings ist das nur die Hälfte der Geschichte. In der anderen Hälfte begleiten wir Volkspolizist Wagner dabei, wie er einer alten Freundin helfen möchte, ein dunkles Geheimnis am Boden zu lüften. Das Buch überzeugt durch seinen flüssigen Schreibstil, einer wirklich tollen Grundidee und durch viele Details, wie diese Idee weitergespielt wird. In der sozialistischen Sprechweise gibt es natürlich keine Handys oder das Internet, es gibt das Handtelefon und das Kybernetz. Die eigentlich Story verflacht dagegen allerdings etwas. Wagner findet in der misstrauischen Atmosphäre der DDR immer etwas zu leicht neue Leute, die ihm helfen wollen, während Mandy oben auf der Raumstation im Zusammenspiel mit ihrem Roboter immer etwas unerklärlich schnell in Gefahr gerät. Immerhin funktioniert die Verknüpfung der beiden Storylines besser als gedacht. Wer einen richtigen Sciene-Fiction Roman erwartet, dürfte etwas enttäuscht sein – auch wenn das Ende schon sehr in Richtung Hard-SF geht und ich es dem Physiker Morris durchaus zu traue, dass das halbwegs plausibel ist – aber weite Strecken des Romans gehen eher in Richtung Thriller und Mystery.

Fazit: Aus der wirklich tollen Grundidee entsteht eine leider teilweise etwas zu simple Story.

Zwei etwas exotischere Quellen in dieser Woche: Apple TV und das deutsche Privatfernsehen.

For All Mankind (Staffel 1, 10 Folgen, USA, Apple TV) – 8 von 10

Was wäre passiert, wenn ein sowjetischer Kosmonaut als erster Mensch den Mond betreten hätte? Die Serie spinnt diesen Gedanken weiter und zeigt, wie sich das amerikanische Raumfahrtsprogramm in den 1970er Jahren weiter entwickelt hätte – sie führen den Wettlauf zum Mond fort und erweitern das Apollo-Programm um den Plan zum Bau einer Mondstation.

Die neue Serie von Ronald D. Moore (Deep Space Nine, Battlestar Galactica) ist sehr viel geerdeter als sein früheres Schaffen – verabschiedet er sich doch von der großen Weltraumoper und erschafft eine alternative Realität. Und die überzeugt zum einen durch die gute Grundidee, zum anderen durch die bodenständige Aufarbeitung. Angereichert mit vielen historischen Clips, ist es mehr ein Drama als eine Science-Fiction Geschichte. Der Cast aus NASA-Mitarbeitern, Astronauten und Angehörigen ist im ersten Moment etwas groß, nach ein paar Folgen hat man aber einen ganz guten Überblick, auf wen es ankommt. Ankerpunkt ist dabei Astronaut Baldwin (Joel Kinnaman), der zwar meist etwas missmutig erscheint, aber doch die interessanteste Geschichte hat – besonders im Zusammenspiel mit seiner Frau Karen (Shantel VanSanten) – aber auch dem Ausbilder Slayton (Chris Bauer) oder dem Astronautenpaar Stevens (Michael Dorman und Sarah Jones) folgt man gerne durch die Jahre. Spannend ist auch zu sehen, welche gesellschaftlichen Entwicklungen man dem verlängerten Wettlauf zum Mond zu schreibt. So wird der Vietnamkrieg deutlich früher beendet, als in der Realität der Fall war, und die NASA lässt 12 Jahre früher weibliche Astronauten zu. Wenn man sich auf diese alternative Realität einlässt, führt einem die Serie gut durch die Zeit. Auch wenn es manchmal doch ein paar Längen gibt. Aber die Weltraumszenen sind spannend inszeniert. Wer also Filme wie Gravity mag, der wird auch mit dieser Serie etwas anfangen können.

Herzogpark (Staffel 1, 6 Folgen, Deutschland, VOX) – 4 von 10

Dem Baumogul Nikolaus van der Bruck (Heiner Lauterbach) ist jedes Mittel recht, um in dem Münchner Nobelviertel Herzogpark sein Hochhaus-Projekt zu verwirklichen. Die Catering-Betreiberin Maria (Heike Makatsch) und die drei Society-Ladys (Lisa Maria Potthoff, Antje Traue und Felicitas Woll) tun sich zusammen, um ihm das Handwerk zu legen.

Puh. Also das Publikum in der ersten Folge so unvermittelt in die Handlung zu stürzen, ohne zu sagen, warum Lauterbach der Böse ist und weshalb sich die Frauen an ihm rächen möchten, ist schon mutig. Und kann funktionieren, wenn man Quentin Tarantino oder David Lynch ist, weil man denen unterstellen kann, dass sie das auch interessant auflösen können. Eine Serie im Free-TV bzw. auf der RTL-eigenen Streamingplattform hat dagegen nicht dieses Qualitätsversprechen. Ab hier SPOILER: Auflösen tut es sich auch nicht komplett. Folge zwei springt zwar in der Handlung zwei Wochen zurück und erklärt ab hier langsam die Verbindung zwischen Lauterbach (der hier eine Christoph Waltz-Figur spielt, aber dafür eine lächerliche Perrücke aufgesetzt bekommen hat) und den Damen. Dass er dabei mit (der wirklich guten) Lisa Maria Potthoff und Felicitas Woll gleich zwei der Damen mit erotischen Fotos bzw. Insights erpresst, ist allerdings nicht wirklich kreativ. Wenigstens versteht man, warum sie ihn umbringen wollen. Zwei Versuche funktionieren jedoch nicht – der erste geht wegen einer Slapstick-Nummer schief und wie Lauterbach aus der zweiten Nummer raus kommt, wird noch nicht mal on air erklärt. In der letzten Folge nimmt die Geschichte schließlich eine gänzlich unerwartete Wendung, die, wenn sie etwas besser vorbereitet wäre, vielleicht interessant gewesen wäre, aber so funktioniert auch dieser Twist nicht. Wer sich Münchner Lokalkolorit versprochen hatte, wird ebenfalls enttäuscht sein, außer ein paar Dialekten ist hier wenig zu holen. Und die Münchner Schicki-Micki-Gesellschaft wird furchtbar einfallslos umgesetzt. Trotz engagierter Schauspielleistungen ist Herzogpark leider gar nichts.

Old (USA, 2021, Sky Cinema) – 5 von 10

Jeder neue Film von M. Night Shyamalan ist mittlerweile qualitativ wie ein Loterriespiel. Die Geschichte des geheimnisvollen Strandes ist allerdings leider tendentiell eher eine Niete, da kann auch der überraschend tiefsinnige, finale Twist nichts daran ändern. Aber dafür ist es vorher einfach etwas nervig, bis die Hauptfiguren endlich herausfinden, was am Strand vor sich geht – bei diesem Titel weiß der Zuschauer das schließlich schon lange vorher. Und dann wird einfach alles durchgespielt, was die rapide Alterung mit sich bringen könnte, incl. einer Schwangerschaft, deren dramaturgisches Potential in ein paar Minuten verschenkt wird. Und die Kameraführung hat mich noch zusätzlich genervt, wenn sie erkennbar absichtlich um irgendwelche Veränderungen herum schwenkt, bis sie endlich im Bild zu sehen sind.

Schachnovelle (Deutschland-Österreich, 2021, Sky Cinema) – 7 von 10

Wenn man mit Oliver Masucci und Albrecht Schucht zwei der besten deutschen Schauspieler hat und mit der Schachnovelle einen Klassiker der deutschsprachigen Literatur zur Verfilmung heraus gesucht hat, was kann da noch schief gehen? Nicht mehr viel, und so erlebt man Masuccis Abgeleiten in den Wahn während der Gefangenschaft durch die Gestapo gut mit. Der letzte Tick hat mir aber etwas gefehlt, manches fühlte sich etwas zu theaterhaft inszeniert an.

So einen richtig tollen Musiktipp habe ich in dieser Woche nicht für euch. Deshalb mal etwas kontroverses. Was haltet ihr von der Zusammenarbeit von Kraftklub und Tokio Hotel? Entgegen der weitläufigen Meinung halte ich erste ja für gar nicht so gut und letztere für gar nicht so schlecht, wie man sie wohl so zu finden hat. In einer alternativen Realität hätte das auch durchaus andersrum sein können. Die Kombination aus den beiden Bands ergibt jedenfalls Fahr mit mir 4×4 und ist jeder weder der große Wurf, noch ein Song zum Fremdschämen. Der Refrain ist ganz eingängig und die Strophe hat einen guten Beat. Das ist doch schon mal was.

  • Sommerfest: In dieser Woche fand die erste große Feier in der Firma statt, seitdem ich dort arbeite: Das Sommerfest. Wow. Da merkte ich dann doch noch mal, dass ich noch nie in so einer großen Firma gearbeitet habe. Kannte ich es von den alten Arbeitgebern eher so, dass man auf solchen Feiern jeden kannte – zumindest vom Sehen – freute man sich hier über jedes bekannte Gesicht, welches man entdeckt. Manche habe ich den ganzen Abend dagegen gar nicht gesehen, so groß und gut besucht war die Location. Reingelassen wurde man nur mit tagesaktuellem, negativen Corona-Test. Der Nachweis, plus Eintrittskarte, plus Mitarbeiterausweis: Das alles zu überprüfen dauerte etwas, die Einlassschlange war endlos und hat manchen eine ganze Stunde gekostet. Dafür gab es dann Essen und Getränke den ganzen Abend und bis spät in die Nacht. Um halb drei war ich wieder zu Hause. Der Arbeitstag danach war dafür dann überraschend gut.
  • Fällt aus statt Sold Out: In seinem Musikexpress-Text schreibt Linus Volkmann über die langfristigen Auswirkungen der Corona-Beschränkungen: Viele Bands haben Probleme, ihr Publikum zurück in die Halle zu bekommen. Ein Zustand, den niemand schön findet.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

2 Kommentare

  • Christine

    Old fand ich leider auch so schlecht… Ich fand die Idee super interessant, aber die Umsetzung? Puh, dem Herrn sollte man wirklich fremde Drehbücher zum Umsetzen geben. Ich mag seine alten Filme gerne, aber die letzten Jahre waren schwierig.

    For all Mankind schaue ich auch gerade und mag es sehr! Bin allerdings noch nicht mit der ersten Staffel durch.

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