Was mit Medien

KW 11/2022: Belfast, Wilder, Star Trek: Discovery und Dostojewski’s Der Spieler

Happy Sunday! Und damit gleich los mit dem Wochenrückblick:

Mittlerweile fast völlig ungewohnt, aber in dieser Woche war große Feierabend-Action angesagt! Ich hatte eine Einladung zu Schuhbeck’s Teatro bekommen und das für mit die besten Plätze des kleinen Spiegelsaals. Es war ein schöner Abend mit gutem Essen (wenn auch nicht herausragend) und eindrucksvollen Varieté-Nummern. Bei diesen war man durch die Nähe zur Bühne wirklich fast mittendrin.

Auf diesem Foto bedanken sich die Künstler zum Abschluß noch einmal bei ihrem Publikum, bevor danach noch Alfons Schuhbeck himself auf die Bühne gerufen wurde.

In jungen Jahren und während eines Praxissemesters, in dem ich sehr viel Zeit in das hin und her Pendeln investierte, war ich sehr begeistert von Schuld und Sühne und der zeitlosen Genauigkeit, in der die Hauptfigur charakterisiert wurde. Schon lange hatte ich den Plan, auch mal einen zweiten Roman von Dostojewski zu lesen – nun wurde er in die Tat umgesetzt. Die Wahl fiel auf Der Spieler, jenem Roman, den er ganz in der Nähe meiner hessischen Heimat geschrieben hatte und in seiner Erzählung zu Roulettenburg wurde. Vorsicht: Der Text beinhaltet Spoiler – wenn man das zu einem Roman von 1867 überhaupt sagen muss.

Fjodor Dostojewski – Der Spieler (Russland, 1867) – 6 von 10

Klappentext: Die Liebe, das Geld und die Macht sind die zentralen Motive, die Dostojewskis ‚Spieler‘ bestimmen. Der Roman trägt autobiografische Züge: Auch Dostojewski erlag in Deutschland der Spielsucht und litt an seiner leidenschaftlichen Liebe zu einer jungen Studentin, die als ‚Polina‘ im Buch wieder auftaucht. Die Hauptfigur ist zwischen Eros und Machtgier zerrissen. Am Ende siegt tragischerweise das Spiel als Provokation des Schicksals.

Review: Was mir oft bei solchen alten Texten wie diesem hier auffällt – die Erstveröffentlichung liegt immerhin schon fast 150 Jahre zurück – ist, wie zeitlos sie teilweise sind. So auch Der Spieler. Der Jet Set reist hier zwar noch mit der Eisenbahn, aber trifft sich auch schon in den Casino-Städten der Welt, hat ihr Gefolge dabei und verspielt ihr Geld am Roulettetisch. Dazu gesellen sich Liebeleien und Animositäten, Ehre und Eitelkeiten. Das Ausland dient nicht mehr als zu einer exotische Kulisse. Daran hat sich seitdem wenig geändert. Auch die Sprache liest sich sehr modern und flüssig, in meinem Fall war es die Übersetzung von Hermann Röhl von 1919, auch schon über 100 Jahre alt.

Etwas überrascht war ich dagegen vom Inhalt. Ich hatte so eine Art Der Trinker erwartet, nur eben über Spielsucht. Aber das ist es nicht wirklich. Die Hauptfigur Aleksej ist mehr damit beschäftigt, Polina anzuhimmeln und sich unangepasst frech zu geben, immerhin ist er es, der nicht so ganz zur Spießergesellschaft gehört aber eigentlich doch dazu gehören möchte, und wird erst sehr spät zum titelgebenden Spieler. Mein persönliches Highlight des Romans war der Besuch der alten Tante in Roulettenburg, auf deren Tod und auf ihr Erbe einige warteten. Sie verfällt dort jedoch schnell der Spielsucht und verspielt ihr Vermögen, sehr zum Unglück ihrer potentiellen Erben. Das war äußerst kurzweilig und spaßig zu lesen und hatte fast schon etwas von einem Feel-Good Roman. Wie schon angedeutet befasst sich der Großteil des Romans dagegen eher nur am Rande mit dem Glücksspiel, sondern beschreibt die russische Gesellschaft in ihrem Vergnügungsdomizil. Nett zu lesen, aber nicht ganz das, was ich erwartet hatte.

Fazit: Ein gut gehaltener Klassiker, der sich aber als etwas anders entpuppte, als ich es erwartet hatte. Dafür aber auch lockerer, als ich gedacht hatte.

Vom Lizenzgeber so aktiv verhindert, dass eine Serie ihr Publikum findet, wie man es bei der neusten Staffel von Star Trek: Discovery gemacht hat, das habe ich, nach vielen Jahren als Seriennerd und zusätzlich mit vielen direkten Erfahrungen in diesem Business, noch nie erlebt.

Nur wenige Tage vor der Premiere wurde die internationle Verbreitung via Netflix gecancelt. Die Serie solle lieber eines der Zugpferde für den neuen Streaming Service Paramount + werden, welcher jedoch in sehr vielen Ländern der Welt auf absehbare Zeit noch nicht verfügbar sein wird. Die internationalen Star Trek Fans liefen Sturm wegen dieser kurzfristigen Ankündigung, woraufhin Paramount noch einmal kleinlaut in ihrem Firmenverzeichnis blätterte und dabei auf das konzerneigenen Pluto TV stieß. Ein Streamingservice mit hunderten von linearen (!) Sendern, der z.B. in Deutschland kostenfrei verfügbar ist. Dessen Bekanntheit ging jedoch gegen Null und die Nutzerzahlen sind völlig schleierhaft. Mir war er eigentlich nur deshalb ein Begriff, weil eine Freundin dort gearbeitet hatte. Und nun kam dieser Dienst völlig unverhofft zur Deutschland-Premiere der neuen Staffel. Freitags um 21 Uhr, wahlweise auf Englisch oder Deutsch, mit einem Wiederholungsslot am Samstag und Sonntag zur gleichen Zeit. Schöne neue Fernsehwelt.

Star Trek: Discovery (Staffel 4, 13 Folgen, USA, Pluto TV) – 6 von 10

Eine gigantische unsichtbare Gravitationsanomalie, die DMA, zieht durch die Galaxis und zerstört Planeten auf ihrer Bahn. Kann die Discovery unter dem Kommando von Michael Burnham (Sonequa Martin-Green) diese Anomalie aufhalten?

In der vierten Staffel erhält die Discovery bereits ihren vierten Captain, es scheint der Schleudersitz des Universums zu sein. Und von dem einstigen Konzept der Serie, den Captain nicht zur Hauptfigur zu machen, ist nichts mehr übrig, denn Burnham herself hat nun auf dem Stuhl des Captains Platz genommen. Womit sie ihre Besserwisserei etwas zurück fährt und dafür ihren Crewmitgliedern gerne mal einen gütigen Blick zuwirft. Nach den drei Jahren zuvor kaufe ich ihr diesen aber nicht ab. Wie dem auch sei, die Idee mit der Anomalie und dem Volk, welches dahintersteht, die ist ganz gut gelungen und auch die Kontaktaufnahme ist für Star Trek etwas Neues (auch wenn Arrival vermutlich Pate stand). Abseits davon versucht es die Serie weiterhin allen recht zu machen und verheddert sich dabei. Sie will neue und alte Fans zufrieden stellen, will eine Staffelgeschichte und gleichzeitig gut abtrennbare Episoden erzählen, und sowohl knallig bunt und krachend sein, aber auch emotional bleiben. Und sitzt damit zwischen allen Stühlen. Das klappt zwar für einzelne Episoden mal ganz gut (wie bei der Einführung des Wissenschaftlers Tarka (Shawn Doyle)), aber dafür sind manch andere Folgen richtig schlecht und vor allem in der zweiten Staffelhälfte recht langweilig. Immerhin bekommen einzelne Crewmitglieder der Brücke nach vier Jahren endlich mal etwas mehr Screentime, auch wenn die interessanteste Figur immer noch Saru (Doug Jones) bleibt. Damit ist die Serie auch im vierten Jahr nicht mehr als ein Versprechen auf eine große Serie, welches vielleicht in einer Pitch-Präsentation funktioniert, sie aber auf dem Bildschirm nur selten erfüllt.

Wilder (Staffel 2, 6 Folgen, Schweiz, 3Sat) – 6 von 10

Nahe des Dorfes Thallingen werden drei Personen erschossen aufgefunden. Kantonspolizistin Rosa Wilder (Sarah Spale) leitet die Ermittlungen. Einziger Zeuge ist der Schreinerlehrling Simon (Gilles Marti), Neffe des Bundeskriminalpolizisten Manfred Kägi (Marcus Signer).

Die zweite Staffel der (auf hochdeutsch synchronisierten) Krimiserie aus der Schweiz bringt die beiden Ermittler Wilder und Kägi wieder zusammen, wenn auch etwas anders als erwartet. Der Fall dieser Staffel beginnt etwas sehr klischeehaft mit einer albanischen Familie in einem Hinterwäldlerdorf, entwickelt sich dann aber zum Glück noch etwas interessanter. Allerdings gefiel mir die Auflösung letztlich nicht, sondern wirkte für mich vielmehr etwas zu konstruiert. Sarah Spale als Hauptermittlerin ist der Fixpunkt der Serie, ihr Kollege Signer wirkt dagegen oft so, als wäre er seine eigene Max Giermann Parodie. Schade, das wäre eine interessante Figur, mit der man zu wenig macht. Insgesamt wirkt auch die zweite Staffel wie eine skandinavische Krimiserie in den Alpen, allerdings nur auf einem etwas biederem Niveau.

Belfast (UK) – 8 von 10

Bei aktuellen schwarz-weiß Filmen schrillen schnell die Alarmglocken. Soll das Kunst sein oder gar intellektuelles Betroffenheitskino? Diese erste Angst nimmt einem Kenneth Branagh recht schnell, der Einstieg in den Film fällt leicht und sitzt. Mitten in Buddys (Jude Hill) unbeschwerte Jugend platzt eine ausufernde Straßenschlacht zwischen Protestanten und Katholiken im Belfast der 1960er Jahre. Und doch bildet der Konflikt nur den Rahmen für das aufwachsen in steinigen Hinterhöfen und den ersten Schwärmereien in der Schule. Es ist eine Jugend, die so überall auf der Welt passiert sein könnte, sich hier aber mit dem (im Film etwas zu wenig erklärten) Nordirlandkonflikt mischt und Buddy zeigt, dass seine Familie und er eingebettet sind in ein größeres, soziales Geflecht. Das ist stellenweise echt lustig (Stichwort: Waschmittel), herzlich, dramatisch und traurig. Belfast deckt also eine ziemliche Bandbreite an Emotionen ab. So richtig berührend ist das allerdings trotzdem nicht, hier hätte ich tatsächlich etwas mehr erwartet. Vielleicht es sogar das schwarz-weiß, dass eine größere Nähe zum Geschehen verhindert? Und so schwankte ich bei der Bewertung lange zwischen okayen 7 Punkten und guten 8 Punkten. Andererseits hat der Film Everlasting Love im Soundtrack und das ist ja eine der zeitlosesten Gute-Laune-Nummern überhaupt. Also 8 Punkte.

Gesehene Spiele in dieser Saison: 24 von 27 Liga-Spielen = 89%.

Das Spiel am Freitag bei Erzgebirge Aue habe ich leider verpasst. Geschadet hat es wohl nicht, am Ende war es Dank einer souveränen Chancenverwertung ein 3:0 Auswärtssieg. Mann des Tages war Einwechselspieler Marc Lorenz, dem 45 Minuten reichten, um zwei Tore vorzulegen und eines selbst zu erzielen. Es war sein erster Treffer seit Dezember 2019, es wurde also auch mal wieder Zeit.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

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