Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 07/2022: The Sinner, Drive My Car, No Activity und Hurray For The Riff Raff

Das wird wohl so schnell niemand toppen können. Wir erinnern uns: Als sich für das letzte Abendmahl Jesus mit den Aposteln traf, staunte man im Restaurant zunächst nicht schlecht. So eine große Gruppe und sie wollten alle nebeneinander sitzen und sich nicht gegenüber? Na gut, dann musste die Tafel halt doppelt so lang werden wie eigentlich nötig. So saßen sie dann alle an einer Seite des Tisches, speisten und ließen sich dabei von Leonardo da Vinci malen.

Aber jetzt: Auftritt Vladimir Putin, der die uneffiziente Benutzung eines Tisches auf die Spitze trieb. In den letzten Wochen empfing er einzeln seine ausländischen Staatsgäste Macron und Scholz. Nur anstatt sich mit ihnen an einem kleinen Konferenztisch zu setzen, musste es natürlich das große Protzstück des Hauses sein und so ließ er sämtliche Einlegeplatten einsetzen, nur damit die Tafel besonders lang wurde. Wahrscheinlich kam später sogar noch das gute Geschirr auf den Tisch. War das praktisch? Nein, wahrscheinlich nicht. Man stelle sich nur mal vor, Olaf Scholz hätte ihn nach Salz oder der Maggi-Würze gefragt. Schnell rüber reichen kann man die Sachen ja so nicht. Bestimmt haben sie auch gar nicht an dem Tisch gegessen. Es sah ja sogar so aus, als könnte man an diesem Tisch noch nicht einmal bequem sitzen! Aber man musste ja zeigen, was man so hat und so gingen die Bilder dieser Tischgesellschaft um die Welt.

Wollen wir mal hoffen, dass Putin seine Machtdemonstrationen bei diesem harmlosen Tisch beläßt.Meinen freien Tag am Montag hatte ich für einen kurzen Ausflug nach Herrsching am Ammersee genutzt. Zwar hatte ich mit etwas sonnigerem Wetter gerechnet, aber man nimmt ja, was man kriegen kann. Immerhin war es schon fast frühlingshaft warm und nicht besonders viel los.

No Activity (Staffel 2, 8 Folgen, USA, Joyn) – 7 von 10

Aufgrund einer geplanten Razzia patrouillieren Cullen (Patrick Brammall) und Tolbeck (Tim Meadows) vor einer alten Lagerhalle. Dort soll ein illegaler Hahnenkampf ausgetragen werden. Neben ihnen ist auch ein verdeckter Ermittler des FBI (Jason Mantzoukas) an dem Fall beteiligt. Doch als dieser mit seinem Kampfhahn vor Ort eintrifft, erwartet ihn eine böse Überraschung.

Staffel 2 der US-Comedy gefiel mir etwas besser als die Premierenstaffel. Das kann zum einen daran liegen, dass ich dazu noch kein deutsches Pendant gesehen habe und die Story dadurch frischer war, zum anderen hat diese Staffel jedoch auch eine stärkere, durchgehende Handlung. Es sind nicht mehr nur willkürliche Gesprächsfetzen, die man hier sieht, sondern die Dialoge tragen sehr viel mehr zur Handlung rund um Korruption im Police Departement und zum Hahnenkampf-Fall bei. Sehr sympathisch ist hier auch mal wieder Cristin Milioti, mit der Mantzoukas verdeckt zusammen arbeiten muss. Auch durch die Locationwechsel, die es in Staffel 1 noch nicht in der Menge gegeben hatte, kommt etwas mehr Schwung rein. Das macht die Serie noch nicht zu einem Comedy-Meilenstein, aber ich bleibe dran.

The Sinner (Staffel 4, 8 Folgen, USA, Netflix) – 8 von 10

Um sich zu erholen, reist Detective Harry Ambrose (Bill Pullman) mit seiner Partnerin Sonya (Jessica Hecht) nach Hanover Island. Doch als Percy Muldoon (Alice Kremelberg), Tochter einer einflussreichen Familie, etwas Schreckliches zustößt, wird der ehemalige Polizist in die Ermittlungen einbezogen.

Natürlich kommt auch die Finalstaffel nicht mehr an die Spannung der außergewöhnlichen ersten Staffel heran und hat auch diesen Überraschungseffekt nicht mehr auf seiner Seite. Gut ist sie aber trotzdem, auch wenn ich mich erst an den Gedanken gewöhnen musste, dass man an einem Ort, der Hanover Island heißt, Urlaub machen möchte. Man muss den Machern zu Gute halten, dass sie nicht einfach nur das Konzept der Premiere wiederholen, sondern wenigstens in gewissem Umfang versuchen zu variieren. Was in der dritten Staffel noch nicht so richtig funktioniert hatte, klappt hier besser, untersucht Ambrose doch keinen Mord, sondern den scheinbaren Selbstmord der jungen Percy. Über die Hintergründe werden einige falsche Fährten gestreut und Ambrose bohrt in einigen alten Wunden, über die keiner mehr sprechen mag. Es ist das klassische Setting einer Kriminalgeschichte in einer Kleinstadt. Die ruhige Erzählweise fühlt sich schon fast europäisch an. Und was nach der ersten Staffel noch nicht so absehbar war: Pullman ist wirklich der Kern der Serie und sein grauer Ermittler eine spannende Figur. Wer die Serie bis hierher mochte, sollte sich auch die letzte Staffel noch geben.

Drive My Car (Japan) – 7 von 10

Diese Kritik schiebe ich jetzt schon seit fast einer Woche vor mir her. Deshalb vielleicht mal der Reihe nach: Zunächst die Fakten: Der Film hat nichts mit den Beatles zu tun, aber dafür beruht er auf einer Kurzgeschichte des Erfolgsautors Haruki Murakami. Der rote Saab 900 dagegen, mit dem sich Hidetoshi Nishijima durch Japan fahren lässt, ist eine klare popkulturelle Referenz an die Serie Pastewka, in welcher die Titelfigur das gleiche Modell in der gleichen Farbe besitzt. Aber wem sage ich das, das ist ja nun wirklich ziemlich offensichtlich.

Jetzt aber zum Film: Er dauert knapp drei Stunden, die Zeit verging aber eigentlich ganz gut und das, obwohl gar nicht mal so viel passiert. Der Film ist eher ruhig erzählt, was dem Thema auch angemessen ist. Der Regisseur Kafuku (Hidetoshi Nishijima) muss den plötzlichen Tod seiner Frau Oto (Reika Kirishima) verkraften und stürzt sich als Ablenkung in die Inszenierung eines neuen Theaterstücks. Dabei macht er die Bekanntschaft mit der jungen Misaki (Tōko Miura), die als seine Fahrerin angestellt ist. Im Laufe der Zeit entsteht zwischen den beiden ein Vertrauensverhältnis, dass es beiden erlaubt, in der verschlossenen, japanischen Gesellschaft offen mit ihren Problemen der Vergangenheit umzugehen. Die Bodenständigkeit der Figuren ist dabei der Trumpf des Filmes und es interessant zu sehen, wie im Laufe der Zeit das Eheleben von Kafuku mit seiner Frau, welches man in einem extrem langen Intro verfolgt hatte, langsam erklärt wird und sich dadurch aufklärt. Es ist ein unspektakulärer, kleiner Drei-Stunden-Film, der wenige Längen, aber auch nur wenige Höhepunkte bietet.

Why Don’t You Just Die! (Russland, 2018, Tele 5) – 7 von 10

Die schwarze Komödie vergießt schon in den ersten Minuten ordentlich Blut und zeigt Prügeleien in Zeitlupe. Dieses Tempo kann der Film nicht bis zum Ende durchhalten, geht dafür nach und nach etwas mehr auf die Figuren ein um zu zeigen, warum sie das tun, was sie da tun. Hier liegt der Fokus auf Vitaliy Khaev und Alexander Kusnezow, welche die beiden Hauptfiguren geben und trotz aller Grausamkeiten einfach nicht aufgeben bzw. sterben wollen. Das ist ganz launig und holt aus dem beschränkten Setting sehr viel raus, zwischendurch fehlt dann aber doch etwas die Intensität.

Ein wahrer Dauerbrenner in meiner Playlist war das vergangene Album von Hurray For The Riff Raff. Nach einigen Jahren des Wartens hat sie (ja, Singular – es ist ein Soloprojekt von Alynda Segarra) nun mit Life on Earth endlich den Nachfolger veröffentlicht. Der Sound hat sich ein wenig weiterentwickelt und ist nicht mehr ganz so deutlich eine Verbindung aus Americana mit Latin-Einflüssen, sondern ist etwas poppiger geraten und wirkt auch nicht mehr so homogen. Die Vorabsingle Rhododendron klingt aber noch recht klassisch, in den Rest muss ich mich erst noch etwas reinhören.

Gesehene Spiele in dieser Saison: 21 von 23 Liga-Spielen = 91 %.

Wenn es mal läuft, dann läuft’s. Der 2:0 Auswärtssieg bei Holstein Kiel war der zweite überzeugende Sieg in Folge und das erste Zu-Null-Ligaspiel seit Ende November. Gegen Teams, die auch Fußball spielen wollen, tut sich der KSC im Moment deutlich leichter, was etwas Hoffnung für die schweren Aufgaben in den nächsten Wochen gibt. Holprig wurde es dagegen zuletzt immer dann, wenn der Gegner den KSC erst einmal machen lassen wollte und tief stand. Ohne den benötigten Platz vor sich blieben die schnellen KSC-Außen meist recht wirkungslos.

  • Olympiasplitter 2022: Mein Konsum der diesjährigen Olympischen Winterspiele beschränkte sich mehr oder weniger auf ein paar Eishockeyspiele. Und da sich das deutsche Team in diesem Jahr nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte, bedeutet das auch, dass ich kaum etwas von den Spielen mitbekommen habe. Ich könnte mich jetzt natürlich hinstellen und sagen: Ja, diese umstrittenen Spiele in Peking habe ich mir aus moralischen Gründen nicht angeschaut – das wäre aber gelogen. Ich hatte schlicht kein Interesse an den Spielen, unabhängig vom Veranstalter und dem Veranstaltungsort. Und mit einem persönlichen Boykott von etwas hausieren zu gehen, was für einen selbst eh keine Relevanz hat, das wäre schlicht äußerst billig und wir sind hier ja nicht auf Twitter. Die nächsten Spiele finden statt in: Paris (’24), Mailand (’26), Los Angeles (’28), Brisbane (’32).
  • Lesetipp I: Warum ich den Begriff Guilty Peasure nicht mehr verwende: Das stellt Miss Booleana zur Diskussion. Man solte darüber gerne mal nachdenken, aber darf genausogut auch zu einem anderen Ergebnis kommen.
  • Lesetipp II: Warum Paid Content Verlage (so) nicht retten wird: Das ist die Erkenntnis des Blogs Indiskretion Ehrensache. Sehr interessant und fundiert begründet er hier, warum viele strukturelle Probleme der Verlagsbranche nicht unbedingt mit der Digitalisierung zu tun haben bzw. sich mit ihr auch nicht lösen lassen werden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

2 Kommentare

  • S.Mirli

    Nun gut, also werde ich mir die 4. Staffel von The Sinner doch noch zu Ende ansehen. Ich habe mich wirklich darauf gefreut, obwohl ich zugeben muss, dass die Serie tatsächlich von Staffel zu Staffel immer mehr nachgelassen hat. Die ersten zwei Folgen der letzten haben mich dann wirklich gepackt, aber seit Folge 4 habe ich irgendwie das Interesse verloren – oder die Spannung. Aber dann bekommt sie halt noch eine Chance.
    Und ganz ehrlich, ich habe es absolut löblich gefunden, wie beeindruckend Putin das Abstandhalten unter Coronazeiten umsetzt, das muss im erstmal einer nachmachen – selten so gelacht.
    Ich wünsche dir einen fantastischen Start in die neue Woche, alles, alles Liebe, x S.Mirli!
    https://www.mirlime.at

    • Nummer Neun

      Das ist natürlich Geschmackssache, aber das die Staffel besser ist als S3, da sind wir uns ja einig 😉 Aber wenn du schon bis zur Hälfte gekommen bist, hast du ja schon einen guten Einblick in die Staffel bekommen.

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