Aus dem Leben

Coronavember Rain

Es war alles so schön geplant. Montag und Dienstag ein kleiner Ausflug nach Passau. Dort am Abend zum Konzert von The Ugly Clementine. Am Donnerstag das Konzert von Kali Masi hier in München. Freitag und/oder Samstag auf die Indie-Parties in der Milla oder im Strom. Zutritt nur mit 2G und tagesaktueller Testung? Kein Problem, komm her mit deinem Stäbchen! Es wäre meine persönliche Freedom-Woche gewesen, der Lichtblick nach all den trüben Monaten.

Aber es kam anders. Explodierende Inzidenzen, volllaufende Krankenhäuser – besonders Bayern ist wieder ganz vorne mit dabei. Und so werden jetzt hier die Zügel wieder angezogen. Bars, Clubs und Nachtlokale machen dicht, kulturellen Veranstaltungen werde nur noch 25% ihrer Kapazitäten zugestanden, Restaurants haben eine Sperrstunde um 22 Uhr. Für Hochinzidenz-Regionen soll es sogar einen richtigen Lockdown geben. Das alles erst einmal bis Mitte Dezember, wahrscheinlich kann man gleich ein bis Weihnachten daraus machen.

Ein verständlicher Schritt, wenn man sich die Entwicklung der Zahlen anschaut. Aber wie konnte es soweit kommen?

Nun wäre es natürlich leicht, den Impfverweigernden die Schuld daran zu geben. Auch wenn man nicht alle über einen Kamm scheren kann und die Gründe, warum sie sich bewusst oder auch aus Unwissenheit gegen die Impfung entschieden haben, können sehr verschieden sein und manche ihrer Gründe nachvollziehbarer sein als andere – letztlich sind sie nur das Ende der Kette. Und mit dem Finger auf sie zu zeigen vertieft nur die Spaltung der Gesellschaft, zumal man es ihnen so auch immer schwerer macht, sich doch noch anders zu entscheiden. Da sind die Menschen so wie bockige Teenager, die um so mehr auf ihre Anti-Haltung bestehen, je mehr man sie unter Druck setzt.

Diskussionen mit den bewusst Ungeimpften sind dabei sowieso sinnlos. Dank Social Media haben wir doch eh schon alle die Fähigkeit zum Diskutieren verloren. Man spricht nur noch mit der eigenen Blase, um sich gegenseitig zu versichern, dass man doch auf der richtigen Seite steht. Die Diskussion als Möglichkeit der Inszenierung der eigenen Moralvorstellung und Abgrenzung von den anderen.

Aber warum ist die Impfquote in Deutschland so relativ niedrig? Weil wir in den ersten Wellen um den großen Leidensdruck herum gekommen sind, den Länder wie Spanien, Portugal oder Italien gequält hat? Hat es historisch regionale Gründe, wie es die SZ vermutet? Eine schlechte Impfkampagne hierzulande, der sprachlich und intellektuell zu viele Menschen nicht folgen konnten? Oder ist es doch eher ein politisches Versagen?

Bei dieser vierten Welle wiederholt sich etwas, was sich in den letzten beiden Jahren schon zu oft gezeigt hat. Erst wird gar nicht reagiert, um dann hektisch alles gesagte umzuschmeißen. Siehe die Einführung der Stoffmasken, gefolgt von der Einführung der FFP2-Masken. Der kurze Lockdown am Ende des letzten Jahres, um Weihnachten zu retten und jetzt erneut. Nachdem die Zahlen wochenlang neue Rekordwerte erreicht haben, wird jetzt erst reagiert, wo es fast zu spät ist. Es ist wie in der Geschichte mit dem Frosch im Kochtopf, der gar nicht merkt, wie das Wasser immer heißer wird. Und sich dann hinzustellen und zu behaupten, „dass nahezu alle Virologen, Epidemiologen und Wissenschaftler auch die Wirkung dieser neuen Welle in ihrer Wucht und Geschwindigkeit nicht richtig eingeschätzt haben“ (Markus Söder, zitiert nach dem ZDF) ist schon sehr dreist.

Das nächste Thema wird die sogenannte Booster-Impfung, die dritte Spritze, werden, wenn es nicht das sogar schon ist. Jedem, der einen Kalender bedienen kann, war klar, wann der Booster kommen wird. Stattdessen hatten einige Bundesländer bereits angefangen, die Impfzentren wieder abzubauen. Zumindest in München sind sie noch im Betrieb, dank einiger Außenstellen sogar angenehm verstreut über die Stadt. Eine ist gleich in meiner Nähe, so dass ich mich hoffentlich ohne großen Aufwand boostern lassen kann. Es muss nur noch genug Bölk… äh.. Impfstoff da sein, wenn ich Januar / Februar an der Reihe bin, sonst wird „aus einem freiwillig Geimpften ein unfreiwillig Ungeimpfter“ (Spiegel). Vielleicht ist das dann ja endlich der versprochene Weg aus der Pandemie. Mehr kann ich als Privatperson nicht machen.

Um es abschließend noch einmal zu betonen: Die neuen Maßnahmen in Bayern halte ich für richtig, dass es jedoch soweit kommen musste, das wäre vermeidbar gewesen.

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