Fantasy Filmfest 2018
Na, welche fünfte Jahreszeit steht in München immer gegen Mitte/Ende September an? Genau, das Fantasy Filmfest war wieder in der Stadt! Ausgabe Nummer 32, bereits das neunte (!) Mal mit mir. Es ist immer wieder ein Vergnügen, im Vorfeld die vermeintlich richtigen Filme auszuwählen, sich die Karten dann am ersten Tag des Ticketverkauf am Schalter zu holen (wer will schon Online-Tickets) und dann zu hoffen, dass der Geheimtipp sich auch tatsächlich als solcher entpuppt und kein übler Rohrkrepierer wird.
Acht Filme sind es in diesem Jahr für mich geworden. Zu sehen gab es Horror, Action, Arthouse, Sciene-Fiction, Mystery und Thriller. Die Produktionen kamen aus den USA, Mexiko, Frankreich, den Philippinen und Dänemark. Von fremden Planeten bis zur Kopenhagener Metro waren so einige Locations dabei. Die Hauptfiguren waren Punks, eine französische Tanzgruppe und eine mexikanische Diebesbande. Mit Nicolas Cage und Andrew Garfield.
Das hier waren meine Filme, geordnet in chronologischer Reihenfolge. Dazu die kurzen, offiziellen Pressetexte. Die Trailer verraten etwas mehr. Los geht’s direkt mit dem Eröffnungsfilm:
Mandy (USA, 2018) – 5 von 10 Punkten
Pressetext: Nicolas Cage hat in Regisseur Panos Cosmatos seinen Meister gefunden. Mandy ist DER Horrorfilm des Jahres und nach Standing Ovations in Cannes der perfekte Eröffnungsfilm für das Fantasy Filmfest 2018.
Fazit: Wenn das der Horrorfilm des Jahres sein soll, ist es ein ziemlich schlechtes Jahr für den Horrorfilm. Nicolas Cage geht zwar in der Rolle des Ehemanns auf, der den gewaltsamen Tod seiner Frau Mandy (Andrea Riseborough) rächen möchte, das reicht aber nicht. Die Story ist relativ überraschungsfrei, der sektenhafte Gegenspieler (Linus Roache) nicht furchteinflößend genug, die Actionsequenzen nicht blutig genug. Der Rest ist eine Abarbeitung von Horrorfilmklischees aus den 80ern: Nebelschwaden, in blutrote Lichter getränkte Landschaften, mysteriöse Wesen in Lederjacken auf Motorrädern, es gibt Kettensägen und selbst geschmiedete Schwerter und ja, die meinen das alles ernst. Kein Augenzwinkern, keine Ironie. Optisch wird das schon hängen bleiben, der Look wird konsequent durchgezogen und spätestens bei der Abschlußszene weiß man, woran einem das alles noch erinnert: Cover von Heavy-Metal-Alben aus den – genau – 80ern. Ein Werk für Filmstudenten.
Cutterhead (Dänemark, 2018) – 8 von 10 Punkten
Pressetext: In den Tiefen der Kopenhagener Metro, gefangen in klaustrophobischer Enge zwischen Stahl und Stein, beginnt ein Kampf ums Überleben, der bis an die Grenzen der Menschlichkeit geht. Nicht jeder von ihnen wird das Tageslicht wiedersehen…
Fazit: Klaustrophobie-Thriller gibt es immer wieder und folgen meist dem gleichen Schema. Einige Personen (in diesem Falle eine Journalisten (Christine Sonderris) und zwei Arbeiter (gespielt von Kresimir Mikic und Samson Semere)) sind auf engstem Raum eingesperrt und können sich mehr oder weniger nicht selbst befreien. Mit einem intensiven Spiel und einer interessanten Location können dadurch selbst kleine Produktionen sehr gut werden. So wie dieser dänische Film. Der U-Bahn-Bau liefert ein tolles Setting, die riesigen Maschinen wirken eindrucksvoll und die Schauspieler gehen in ihren Rollen auf. Man schwitzt mit ihnen und ringt mit ihnen nach Luft. Und als die vermeintliche Rettung kommt, ahnt man schon, dass da noch etwas passiert. Nein, etwas wirklich Neues bietet der Film nicht. Aber das, was er erzählen möchte, macht er ausgesprochen gut.
Climax (Frankreich, 2018) – 9 von 10 Punkten
Pressetext: Genau zum Cannes Festival hat Gaspar Noé einen neuen Aufreger hingelegt: sein fiebrig monströser Ritt durch eine drogengeschwängerte Nacht, der eine phänomenale Tanztruppe besinnungslos über jede Grenze treibt, verstörte das Premierenpublikum.
Fazit: Noch ein Werk für Filmstudenten. Wie man doch eine simple Story mit einer unkonventionellen Bildsprache aufpeppen kann! Spätestens noch 20 Minuten entfaltet der Film einen ungeheueren Sog und man ist ähnlich berauscht wie die Tanztruppe rund um Sofia Boutella (der Mumie aus Die Mumie) auf der Leinwand. Endlose Kamerafahrten, die das ganze Set bespielen und von Protagonist zu Protagonist treiben. Und um so mehr die Tänzer ihren Kopf verlieren, verliert auch die Kamera ihre Position und wankt umher. Immer animalischer verhalten sich die Tänzer, aufgepusht von Alkohol, Drogen und der Musik. Trotz des recht großen Castes hat man die Figuren nach einigen Minuten bereits gelernt, einer Ansammlung von Stereotypen sei Dank. Was bei Take That funktioniert, funktioniert halt auch hier. Das nicht jede Strang bis zum bitteren Ende verfolgt wird – geschenkt. Im Rausch der Bilder fällt das zunächst nicht auf, uns kam es erst in der Nachbesprechung. Und die, besonders am Anfang häufige, Unterteilung in Abschnitte hätte es auch nicht gebraucht, daran hat man sich mittlerweile satt gesehen. Aber das ist nebensächlich, insgesamt ist es ein Rausch und ein Fest für die Figuren und für die Zuschauer.
Bomb City (USA, 2017) – 7 von 10 Punkten
Pressetext: Der Mord an dem 19-jährigen Punk Brian Deneke (Dave Davis) bildet den Hintergrund für einen visuell atemberaubenden Thriller. Bomb City zeichnet ein Alptraumbild der USA in den 90ern. Emotional verstörend und filmisch brillant; wir nennen das „großes Kino“!
Fazit: Der Film beruht auf einem wahren Fall aus Amarillo in den USA der 90er. Ob die Personenzeichnungen auch authentisch sind, sei mal dahin gestellt – in diesem Film allerdings wird ein klares schwarz/weiß Schema präsentiert: Auf der einen Seite die braven und friedliebenden Punks, die sich ihre eigene Subkultur geschaffen haben und dort feiern und sich um einander kümmern, mit ihren Mittelschichts-Eltern gut auskommen und zusammen in die Tierhandlung fahren, um sich dort süße Hundebabys anzuschauen. Auf der anderen Seite die Ignoraten und erfolgsverwöhnten Highschool-Football-Kids, die sich immer wieder mit den Punks anlegen wollen. Davon abgesehen ein wirklich interessanter Film, in dem sich die beiden Seiten immer weiter hochschaukeln, bis schließlich die Gewalt ausbricht. Erzählt anhand einer Gerichtsverhandlung, in der lange nicht klar ist, wer Angeklagter und wer Opfer ist. Ein guter Film in einem interessanten und selten gesehenen Setting.
Prospect (USA/Kanada, 2018) – 6 von 10 Punkten
Pressetext: Stimmungsvoller Sciencefiction und bravuröses Filmdebüt: Die junge Cee landet mit ihrem Vater auf der Suche nach Reichtümern und mit ihren letzten Ressourcen auf einem entfernten Mond. Doch die tödlich toxische Umgebung birgt unerwartete Gefahren.
Fazit: Ein stimmiger, kleiner Low-Budget Science-Fiction Film. Raumschiff, Technik und Raumanzügen sehen gut aus, passend schön abgeranzt. Der kleine Cast macht seine Sache gut, allen voran Sophie Thatcher als Hauptfigur und der aus Narcos bekannte Pedro Pascal als Gegenpart. Die Story selbst hat der Wortvogel als Jack-London-Geschichte bezeichnet, was es auch gut trifft und durchweg positiv gemeint ist. Die Ambitionen der Macher, sowohl in Ausstattung als auch in der Geschichte, bemerkt man immer – sie hätten ja auch einfach einen seelenlosen Shoot’n’Run auf einem fremden Planeten machen können, zum Glück haben sie nicht. Das der Film trotzdem keine bessere Bewertung bekommen hat, liegt an der doch ab und an etwas zähen Erzählung. Trotz einer Laufzeit von normalen 98 Minuten zieht es sich gerne mal etwas. Es wird einem auch nicht leicht gemacht, mit den Hauptfiguren mitzufiebern – auch wenn Cee einen tadellosen Musik-Geschmack zu haben scheint. Und das Zusammentreffen mit der kleinen Siedlung auf dem Planeten hätte etwas tiefer gehen können, so wird deren Konflikt nur recht oberflächlich behandelt. Von daher hätten ein paar Personen oder noch einige Wendungen mehr dem Film mit Sicherheit nicht geschadet.
Buybust (Philippinen, 2018) – 6 von 10 Punkten
Pressetext: Topmoderne Action-Choregrafie, ein schwindelerregender Body Count kombiniert mit guter Story – Erik Mattis von der Kritik hochgelobter neuer Film ist eine echte Sensation!
Fazit: Tolle Action aus Asien. Und dann nicht mal Martial Arts, sondern knallharte Cop-Action. Die angeblich gute Story tritt dabei aber dezent in den Hintergrund. Wir sehen eine Spezialeinheit der Polizei, die in einem Slum in Manilla auf der Suche nach Drogenhändlern ist – und deren Einsatz dann eskaliert. Am Ende heißt es nur noch: Rette sich wer kann! Der Film produziert dabei einige denkwürdige Actionsequenzen, man denke dabei nur an die in einem Rutsch gedrehte Szene über mehre Stockwerke und Hausdächer oder die eindrucksvolle Schlußsequenz. Etwas mehr Story hätte dabei allerdings nicht geschadet, um den simplen Figuren etwas mehr Tiefe und Sympathien zu verleihen. So ist der Film einfach ziemlich gut choreografiert, das Herz ist ihm dabei aber abhanden gekommen.
The Inhabitant (Mexiko, 2017) – 8 von 10 Punkten
Pressetext: Für drei Einbrecherinnen wird die Nacht zum Höllentrip, als sie im Keller einer Villa ein gefesseltes Mädchen retten. Dämonischer Psychoschocker aus Mexiko, der das Exorzismus-Genre kraftvoll regeneriert.
Fazit: Wenn es in diesem Jahr bei mir schon nicht für einen spanischen Film gereicht hat, dann wenigstens ein Lateinamerikanischer. Und der ist wirklich gelungen, obwohl er nicht ganz so heftig ist, wie man vermuten könnte. Der Film erfindet das Genre nicht neu, aber ähnlich wie bei Cutterhead setzt er die Bauteile richtig zusammen. Die drei Schwestern (Maria Evoli, Vanesa Restrepo und Carla Adell) landen unwissentlich mitten in einem Exorzismus und müssen sich erst einmal orientieren. Hier das arme, gefesselte Mädchen, dort die bösen Eltern? Es ist doch nicht ganz so einfach, wie es für sie anfangs scheint. Und so schleichen sie durch das viel zu große Haus und werden immer wieder an dunkle Schatten aus ihrer Kindheit erinnert. Das Haus strömt einen latenten Grusel aus, das Mädchen wird immer beängstigender und die drei Schwestern haben unser Mitgefühl. Und wenn dann schließlich der Priester eintrift, eskaliert es eh. Atmosphärisch und spannend.
Under The Silver Lake (USA, 2018) – 8 von 10 Punkten
Pressetext: Wie schon It Follows entzieht sich auch David Robert Mitchells heiß erwarteter neuer Film einer klaren inhaltlichen Kategorisierung. Dazu passiert auch viel zu viel und taucht in fast jeder Szene etwas unerwartet Merkwürdiges auf. Ein Liebesbrief an Los Angeles, an Hollywood und seine schrulligen Bewohner ist es jedoch allemal. Eine herrlich nostalgisch verklärte Hommage an die Glanzzeiten der Traumfabrik mit einem liebenswert trotteligen Andrew Garfield, der als Protagonist durch den stylishen Wahnsinn führt.
Fazit: Wie der antriebslose Sam (Andrew Garfield) durch die Suche nach seiner Kurzzeitbekanntschaft Sarah (Riley Keough) aus seiner Lethargie erwacht und dabei auf die skurillsten Bewohner L.A.’s trifft ist schon sehr gut anzuschauen. Trotz der recht langen Laufzeit wird der Film eigentlich nie langweilig, der vielen kleinen Episoden und wirren roten Fäden sei Dank. Wer da an The Big Lebowski denkt, liegt wohl nicht ganz falsch und das mit Patrick Fischler ein von Twin Peaks und Mulholland Drive bekannter Schauspieler eine wichtige Nebenfigur spielt, passt auch ins Bild. Sam’s Gummibärchen-Spur zu Sarah ist manchmal vielleicht etwas arg willkürlich, ist aber wohl so gewollt. Anders würden wir wohl auch nicht eintreten in L.A.s verrückte Welt zwischen verkleideten Piraten, Szene-Partys, obdachlosen Königen, Verschwörungen, wahnsinnigenn Pianisten und seltsamen Sekten. Eine Hommage an die Stadt der Träume, dem aber trotz allem an irgendeiner Stelle noch der große Knall fehlt. Das Zeug zum Kult hat er aber.
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Und damit hat es sich für dieses Jahr. Für mich ein guter Jahrgang, der traditionelle Rohrkrepierer war dieses Mal nicht dabei. Dafür der großartige Climax (kommt wohl gegen Ende des Jahres auch noch ins reguläre Kino), die beiden kleinen, aber feinen Produktionen Cutterhead und The Inhabitant und der kultige Under The Silver Lake – ebenfalls wohl demnächst im Kino. Und was für eine breite Mischung! Im Schnitt gab es für meine acht Filme eine Durchschnittswertung von 7,4, was wirklich gut ist. Damit sollte das Fantasy Filmfest auch im nächsten Jahr wieder einen festen Platz in meinem Kalender einnehmen.
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2 Kommentare
Nicole
Ich bin ja mittlerweile genervt davon das jeder Horrorfilm als der Beste des Jahres beworben wird. Ernsthaft. Den Spruch kann man nicht mehr Ernst nehmen, vor allem weil kaum was dahinter steckt. Nicht überraschend also, das auch der neue Schocker mit Nicolas Cage das nicht hält. Ansonsten ist für mich gar nicht so viel dabei aus der lateinamerikanische Streifen und der mit Andrew Garfield (wobei mit dem würde ich halt auch alles anschauen). Bomb City könnte vielleicht auch was für mich sein, da ich solche Filme generell mag, auch wenn ich kein Fan der extremen Schwarz / Weiß zeichnung bin, mag Grautöne doch so viel lieber.
Nummer Neun
Wenn man den Kritiken so glauben kann, war Mandy wenigstens noch besser als The Nun 🙂
The Inhabitant war halt schon ein sehr klassischer Film für das Filmfest. Bomb City hatte was, wäre es ein bekanntes Setting gewesen, hätte die Schwarz/Weiß Zeichnung allerdings noch deutlich negativer sich bemerkbar gemacht. Under The Silver Lake soll wohl am 6. Dezember in die deutschen Kinos kommen.