Linz und das Lido Sounds
So ziemlich eine der ersten Sachen, die ich in diesem Jahr gemacht hatte, war der Kauf eines Zwei-Tage-Tickets für das Lido Sounds in Linz. Die erste Auflage dieser Veranstaltung, ein interessantes Line-Up mitten in einer nicht zu weit entfernten Stadt, in der ich noch nie war. Klang nach einer guten Sache – bis ich die Hotels checkte, die für dieses Wochenende bereits im Januar fast aufverkauft waren. Schließlich fand ich noch eines, den Schillerpark. Zwar etwas über meinem gedachten Budget, aber ein ganz gutes. Wenn auch der Fußweg zum Festivalgelände recht lang war mit gut zwanzig oder fünfunzwanzig Minuten. Klingt nicht nach so viel? Freunde von mir buchten ein paar Tage früher und kamen noch im Motel One unter, was nun wirklich fast am Gelände lag. Aber egal, schauen wir uns doch zunächt mal die Stadt an.
Linz
Linz ist Oberösterreichs Landeshauptstadt und beheimatet 210.000 Einwohner. Damit ist sie die drittgrößte Stadt Österreichs. Der zentrale Platz ist der Hauptplatz, einer der größten umbauten Plätze Europas, und nur wenige Meter von der Donau entfernt. Von hier aus erstrecken sich zum einen die zentralen Einkaufsstraßen der Stadt. Von hier aus gelangt man aber auch schnell ins ruhigere Altstadtviertel und zum Linzer Schloss, von dessen Terrassen aus man einen schönen Blick über die Kirchtürme der Stadt erhält.
Vom Hauptplatz aus fährt die Pöstlingbergbahn zum gleichnamigen Pöstlingberg auf der anderen Donauseite hinauf, mit seiner schönen Aussichtsplattform über Linz. Von hier wirkt die Stadt gleich noch einmal deutlich größer.
Viel mehr kann ich über die Stadt gar nicht sagen, weil ich mehr auch nicht gesehen habe. Gegessen habe ich abseits des Festivals noch weniger. Da wäre zum ein schöner Eisbecher gewesen, oben auf dem Pöstlingberg. Sonst gab es noch einen Besuch beim Leberkas-Pepi und nach einem Festivaltag noch eine Mitternachtswurst am Bosnereck, einer der vielen Würstelgrills der Stadt.
Lido Sounds, der Freitag
Und damit zum Festival. Der erste Tag startete mit seinem Programm um 13 Uhr, was bei einer längeren Anreise schlicht nicht zu machen war. Ich war froh, nach den Checks am Eingang um 14 Uhr auf dem Gelände gewesen zu sein. Rechtzeitig noch, um den Auftritt von My Ugly Clementine zu sehen, einer Band aus Österreich, die ich ungefähr seit dem Anfang der Corona-Zeit versuche live zu sehen. Im Freundeskreis war das bereits zum Running Gag geworden – aber nun war es soweit. Und es war… okay. Gute Indiepop-Nummern, ein paar Ansagen der Band dazwischen, zwischendurch kurze Technik-Probleme – auf der Bühne muss es furchtbar heiß gewesen sein – aber ja, kann man sich schon mal anhören. Ende September noch einmal, dann in München.
Auf dem Gelände, dass deutlich größer war, als es der Plan vorher vermuten ließ, war es in der prallen Sonne ziemlich heiß. Zwar hatte ich mich eingecremt, aber etwas Abkühlung war trotzdem nicht verkehrt. Deshalb ging ich rüber zur Zeltbühne, auf der die englische Band Coach Party spielte. Die kannte ich vorher zwar nicht, aber das Konzert wurde gut. Rockiger Sound, dem nur noch ein paar Single-Hits fehlten. Während ihres Konzertes wurde es draußen Zeit für den ersten, mächtigen Regenschauer des Tages. Das Zelt füllte sich, einige Wasserströme bahnten sich ebenfalls den Weg durch das Zelt, und so kam die Band zu einem wohl größeren Publikum als erwartet. Verdient.
Danach gab es ein paar Asia-Nudeln zur Stärkung. Festival-Food wird wohl niemals ein Highlight werden. Aber dafür war die generelle Auswahl ganz gut, es gab genügend verschiedene Essensstände und auch die Getränkeversorgung lief gut. Zumindest mit den alkoholischen Getränken. Bei den Soft Drinks machte sich die geographische Nähe zu Red Bull bemerkbar, es gab nur deren Getränke, die – im Falle der Cola – teuer und nicht besonders gut war. Da war man fast schon gezwungen, sich ans Bier zu halten. In dem Zusammenhang: Selten so gute Festival-Toiletten gesehen.
Giant Rooks auf der Hauptbühne war als nächstes auf dem Programm. Nette Jungs, nette Songs, schnell vergessen. Zu Alt-J entlud sich dann der Himmel ein zweites Mal. Nach zwei Songs wurde ihr Set unterbrochen, Regen und Hagel übernahmen für sie. Der Weg bis zur Zeltbühne war für uns dieses Mal viel zu weit, trockene Plätze Mangelware. Ordentlich durchnässt und halb durchgefroren mussten frische Klamotten her. Der Merchandising-Stand macht nun wohl ungeahnte Umsätze, ich gönnte mir einen hellblauen, dicken Hoddie für schlappe 50€, fühlte mich danach aber wieder frischer.
Frisch genug für Interpol im Zelt, die mit ihrem düsteren Rock eine passende Stimmung verbreiteten. Wir sind jedoch ein paar Minuten früher gegangen, um noch halbwegs gute Plätze für den Headliner des Abends bekommen zu können.
Florence + The Machine, die mittlerweile auch schon seit vielen Jahren im Geschäft sind, beschloßen den Abend. Sängerin Florence ist ein Phänomen auf der Bühne und schafft es gleichzeitig weltentrückt distanziert und nahbar bei den Fans zu sein. Ständig in Bewegung mit ihren wehenden Kleidern und angestrahlt im Scheinwerferlicht stand sie komplett im Fokus, die Maschine ..äh.. die Band im Hintergrund nahm man kaum wahr. Für das Publikum war das kein groß fordernder Auftritt, es gab nicht viel, wo man leidenschaftlich mitsingen oder rumhüpfen konnte, niemand verlangte von einem, irgendwelche Interaktions-Spielchen mitzumachen, aber Spaß hatte man an dem Konzert trotzdem. Kein Wunder, wenn man Songs wie Dog Days Are Over, Kiss With A Fist, Shake It Out, Rabbit Heart oder You Got The Love dabei hat.
Lido Sounds, der Samstag
Der zweite Tag von Lido Sounds startete für mich etwas später als der erste, immerhin hatten wir uns vorher noch ein wenig Sightseeing der Stadt gegönnt. Dafür ging es dann am Einlass wesentlich schneller als am ersten Tag, allerdings habe ich den Auftritt der Beatsteaks dadurch großflächig verpasst und nur noch die letzten Minuten mitbekommen.
Nach dem ganzen Tag in der Sonne und an der frischen Luft hörte ich mir zunächst etwas auf der Zeltbühne an: OK Kid spielten dort. Und jeder, der meinen Blog und diese Band kennt wird wissen: Wir passen nicht unbedingt zusammen. Aber gut, hinten sitzen und dabei ein Bier trinken geht auch zu dieser Musik. Kräfte sammeln für meinen Hauptact des Tages: Wanda. Obwohl ich eher selten deutschsprachige Musik höre, haben sie bei mir irgendeinen Punkt getroffen, wegen dem ich sie immer und immer wieder höre. Und live das Ganze noch besser wird. Das letzte Mal sah ich sie Ende Februar 2020, danach legte Corona die Welt erst einmal lahm.
Ordentlich früh war ich wieder zurück vor der Hauptbühne und am etwas engen Eingang zum Front of Stage Bereich. Die vorherige Band SDP spielte noch, deshalb war zunächst noch kein Zugang. Als dann endlich wieder neue Leute in den vorderen Bühnenbereich durften, war es kurz ein Geschiebe, dann konnte man sich aber doch relativ entspannt einen Platz suchen und auf den Beginn warten. Und Wanda lieferten ab, starteten mit ihrem Ur-Song Bologna und legten bald Luzia nach. Als Armin von den Beatsteaks und Campino mit auf die Bühne kamen, coverten sie Lithium von Nirvana und brachten damit alles zum Beben. Columbo und den verhinderten Wiesn-Song 1, 2, 3, 4 zum Abschluß – und schon was es wieder vorbei. Festival-Sets sind kürzer und ich habe unheimlich viele Songs vermisst. Aber Spaß hatte es wieder gemacht und nur wenige Tage später kaufte ich mir dann – immer noch berauscht von diesem Auftritt – ein Ticket für ihr Weihnachtskonzert in Wien.
Zu Stärkung gab es danach einen teuren und wenig schmackhaften Hot Dog.
Eine Band stand noch aus: Die Toten Hosen. Und bei aller Häme und Kritik, die mittlerweile immer mal wieder an ihnen aufkommt: Vor ihrer Leistung muss man einfach den Hut ziehen. Welche Band schafft es schon seit Jahrzehnten so dick im Geschäft zu sein und immer noch die Massen zu bewegen? In welchem Jahrzehnt haben sie bitte keinen Hit abgeliefert, den so gut wieder jeder kennt? Jung und alt pilgerten ihretwegen nach Linz, schon tagsüber waren in der Stadt überall Hosen-Shirt zu sehen gewesen.
Für mich war es ihr erster Live-Auftritt und ich gab mir das Spektaktel von etwas weiter hinten, wo man noch bequem Platz hatte und sich schnell mit Getränken versorgen konnte. Das Konzert gefiel mir gut und es war erstaunlich, wie viele Songs man von ihnen kannte, auch wenn man kein ausgewiesener Fan ist. Bonnie & Clyde, Paradies, Hier kommt Alex, Eisgekühlter Bommerlunder und Alles aus Liebe – ein Mega-Song, von dem ich noch Tage später einen Ohrwurm hatte. Wahnsinn, was alles von denen ist. Selbst das bierselige Steh auf, wenn du am Boden bist, nah an der Peinlichkeit, machte live Spaß. Und dazwischen auch noch ein Forever Young Cover. Zugeben muss ich aber auch: Die Songs, die ich nicht kannte, fielen dagegen meist deutlich ab.
Zum Abschluß spielten sie Tage wie diese. Ohne Zweifel, wäre das ein englischer Song von einer coolen UK-Band, wäre das einer der Rausschmeißer einer jeden Indie-Party. So ist man versucht, ihn schnell nahe an die Schlager-Ecke zu stellen, was vielleicht auch nicht ganz gerechtfertigt ist. Wie auch immer, ihre Fans waren hin und weg. Ich war schon halb weg, um den Menschenmassen am Ende des Konzerts zu entgehen und wurde beim Gehen davon überrascht, dass sie doch noch einen hat. Schrei nach Liebe von den Ärzten, das hätte ich schon noch gerne gehört. So summte es mir nur noch leise im Ohr, als ich das Festivalgelände verließ.
Für den Sonntag hatte ich mir keine Karte mehr geholt, so dass ich Linz relativ zeitig verlassen konnte und schon kurz nach dem Mittag zurück in München war.
Insgesamt eine gelungene Premiere des Lido Sounds. Gutes Line-Up, zentrale Location, meist Top-Wetter und ein angenehmes Publikum. Nur in Verbindung mit Übernachtungen und begrenzten Hotel-Kapazitäten vielleicht etwas teuer. Noch ist es nicht sicher, ob es im nächsten Jahr eine Wiederholung gibt. Aber falls dem so ist, würde ich zumindest das nächste Line-Up wohlwollenden checken.
Sämtlich Setlists findet ihr auf Setlist.fm. Aber Vorsicht, zumindest die von Wanda scheint mir nicht 100% zu stimmen.
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2 Kommentare
S.Mirli
Ich war ehrlich gespannt auf deinen Bericht und jetzt verstehe ich auch, weshalb ich nichts vom dem Festival wusste, wenn es doch der erste Versuch war. Aber offensichtlich habe ich wirklich etwas verpasst. Und wer kritisiert da bitte die Hosen 😉 Nein, Spaß, ist mir bewusst, dass sie spalten, aber ich beneide dich wirklich sehr. Hört sich nach einem genialen Event an, wer weiß, vielleicht wird es nächstes Jahr doch noch mal etwas …
Oh, und nur so nebenbei, mehr gibt es über Linz auch nicht zu sagen 😉
Nummer Neun
Haha – gut zu wissen, dass ich von Linz offenbar alles schon gesehen habe 😀
Ja bin echt gespannt, ob es nächstes Jahr die zweite Auflage geben wird. Die Premiere war bis auf ein paar Kleinigkeiten jedenfalls gut. Und der Beitrag zu den Hosen ist doch tendenziell schon eher positiv geworden!