Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 42/2022: Blond, Severance und Kasabian live

Happy Sunday!

In Deutschland gilt das Jahr 1888 als das Dreikaiserjahr. Innerhalb von nur vier Monaten wurde das deutsche Reich von drei verschiedenen Herrschern regiert. Man darf gespannt sein, wie das Jahr 2022 in der britischen Geschichte in Erinnerung bleiben wird. Je nachdem, wie schnell ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für die zurücktretende Premierministerin Liz Truss ernannt wird, könnte dort der Zähler für diese Position auch auf drei springen. Außer natürlich, ihr Vorgänger wird ihr Nachfolger. Den Briten ist alles zuzutrauen.

Von England nach Italien: Der zweite Teil des Reiseberichts wird noch ein paar Tage brauchen. Der Eintrag zu Florenz könnte recht umfangreich werden. Aber vielleicht klappt es ja noch in dieser Woche.

Und damit weiter in meine direkte Nachbarschaft:

Wenn nichts geht, geht ein Bild der nahe gelegenen Blutenburg, heute eingerahmt von herbstlichen Farben. Der regelmäßige Spaziergang dorthin ist ein Überbleibsel aus den ersten Corona-Jahren.

Severance (Staffel 1, 9 Folgen, USA, Apple TV) – 8 von 10

Die Firma „Lumon Industries“ hat sich auf die Fahne geschrieben hat, die Work-Life-Balance neu zu erfinden. Mark Scout (Adam Scott) leitet dort ein Team, dessen Mitarbeiter sich einer Prozedur unterzogen haben, bei der ihre Erinnerungen zwischen ihrem Arbeits- und ihrem Privatleben chirurgisch getrennt werden. Während der Arbeit sind sie daher ein anderer Mensch als ihr sogenannter Outi, außerhalb der Arbeit. Als mit Helly (Britt Lower) eine neue Mitarbeiterin in ihrem Team (zu dem noch Zach Cherry und John Turturro gehören) anfängt, beginnen sie langsam dieses System zu hinterfragen.

Die Grundprämisse der Serie ist schlicht genial und habe ich in der Form bisher weder gesehen, noch gehört. Dazu ist die Serie auch visuell hervorragend umgesetzt. Das Bürodesign wirkt alptraumhaft und gleichzeitig modern und veraltet, die Welt außerhalb der Firma ist dagegen eindeutig in unserer Gegenwart verankert. Der Cast ist toll, neben den bereits genannten Namen gehören Patricia Arquette als Marks Vorgesetzte und Tramell Tillman als loyaler Angesteller von Lumon unbedingt noch dazu. Das Arbeitsleben bei Lumon selbst wird so beschrieben, wie man sich als Außenstehender die Arbeit in einem großen Konzern vom Hörensagen her vorstellt: Etwas brainwashing, eine scheinbar sinnlose Tätigkeit, ein lächerliches Belohnungssystem, Feindschaft mit anderen Abteilungen und eine komplett durchdesignte Arbeitswelt, der Vergleich mit einer Sekte liegt nahe. Das ist natürlich herrlich übertrieben, manches erkennt man aber aus der eigenen Erfahrung leicht wieder. Nun macht ein gutes Setting noch keine gute Geschichte aus. Aber auch an dieser Baustelle macht Ben Stillers Severance vieles richtig. Wie die Gruppe langsam aufrüherisch wird, ist spannend erzählt, und wenn Mark dagegen im Privatleben die Firma verteidigt, ist das ein schöner Gegensatz. Also alles gut? Nicht ganz. Die Serie wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Die Firma selbst, deren Funktionsweise, wird kaum hinterfragt. Warum sieht alles so steril aus, woran arbeiten sie wirklich? Wieso müssen sich offenbar nicht alle Mitarbeiter dieser Prozedur unterziehen? Ich habe lange Zeit auf einen großen Twist, auf den Blick hinter den Vorhang gewartet, der aber leider nicht kam. Noch ist die Firma, noch ist die Prozedur der Trennung von Arbeits- und Privatleben nicht mehr als das, was man zu sehen bekommt. Ich sage „noch“, weil der ersten Staffel kein sauberer Abschluß vergönnt war, sondern mit einem Cliffhanger abschließt, den ich in dieser Form lange nicht mehr gesehen habe und ich in Zeiten, wo gerne mehr als ein Jahr zwischen der Veröffentlichung der Staffeln liegt, nicht mehr erwartet hatte. In den letzten beiden Folgen passiert auf einmal noch so viel, das hätte man gerne etwas weiter vorziehen können. Ich bin sehr gespannt auf die zweite Staffel, so ist es nicht, es bleibt aber leider ein unvollendeter Eindruck zurück.

Blond (USA, 2022, Netflix) – 5 von 10

In langen 166 Minuten spielt die Kubanerin Ana de Armas die Popikone der 1950er Jahre Marilyn Monroe. Der Film verlangt einiges an Ausdauer und schafft am Ende nicht einmal so richtig das, was ein Film mit biographischem Anspruch leisten sollte: Einem die Hauptfigur näher zu bringen. Es ist in weiten Teilen kein Film über Marilyn Monroe, es ist ein Film darüber, wie sie gesehen und behandelt wird. Der Film möchte ein Kunst- und ein Skandalfilm sein. Aber das ist so wie mit dem cool sein. Je mehr man es versucht, um so weniger ist man es. Bis zum Schluß bleibt es (zumindest mir) völlig unklar, warum der Film immer wieder zwischen schwarz/weiß und Farbe hin und her springt oder warum er ständig sein Bildformat ändert. Dazu gibt er sich mit seiner Erzählung keine Mühe, oft ist es nicht mehr als eine Abfolge von verschiedenen Szenen. Ein Blick, hinter die bekannten, ikonischen Fotos. Die Lücken dazwischen musste ich mir mit Wikipedia füllen. Erst die letzte Stunde wird etwas klarer, wenn Monroes Depressionen, Angstzustände und Tablettensucht angemessen visualisiert werden. Dem Film zugutehalten möchte ich, dass er wenigstens mutig etwas versucht hat, auch wenn davon nicht alles geklappt hat. Und Hauptdarstellerin de Armas funktioniert auch gut, sie spielt die Rolle, die mit Sicherheit ihre weitere Karriere prägen wird, mit vollem Körper- und Emotionseinsatz.

Vor zwei Wochen schrieb ich an dieser Stelle über meine Freude über die Verlegung einer Veranstaltung in eine bessere Halle, weswegen ich sie überhaupt erst besucht hatte. Im Leben gleicht sich meistens alles aus und so musste ich diesen Montag akzeptieren, dass das Konzert von Kasabian aus der Innenstadt in die furchtbar zu erreichende Theatherfabrik verlegt wurde. Die Halle an sich ist gut, nur die Lage am äußersten Stadtrand ist miserabel, sowohl für Bahn- als auch für Autofahrer. Dass es auf der Rückfahrt nur einen Schienenersatzverkehr zurpck in die Stadt gab war dann noch das Tüpfelchen auf dem i.

Kasabian (UK) – München, Neue Theaterfabrik

Es gibt nur wenige Bands, die ich häufiger gesehen habe als Kasabian. Die Briten waren sogar meine Live-Band der Jahre 2013 und 2017 (wobei ich bei letzterem nicht glauben kann, dass das bereits fünf Jahre her sein soll. Wo ist nur die Zeit geblieben?). Nun gab es seit diesem Jahr innerhalb der Band ja einige Veränderungen, im Zuge dessen Hauptsongwriter Sergio Pizzorno auf der Bühne von der Leadgitarre zum Leadsänger geworden ist. Würde das gut gehen?

Es ging gut. Das machte Sergio schon nach wenigen Minuten klar. Er tanzte über die Bühne und heizte die Menge an, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Und auch stimmlich hielt sich der Unterschied in Grenzen. Damit war diese Sorge schon einmal erledigt. Bliebe noch das aktuelle und eher durchwachsene Album The Alchemist’s Euphoria. Und auch hier konnte man in Teilen Entwarnung geben, die Setlist umfasste bescheidene vier Songs des aktuellen Machwerks. Der Rest war ein Best-Of ihres bisherigen Schaffens und so reihte sich Hit an Hit. Ill Ray, Underdog, eez-eh, Shoot the Runner, Stevie, Empire – vieles war geboten und atmosphärisch gab es nur im letzten Drittel vielleicht mal einen Durchhänger. Die Zugabe wurde von Bless this Acid House eröffnet und von Fire beendet, und mit dieser Melodie, die sich so fies in die Gehörgänge einnisten kann, wurden wir nach anderthalb Stunden in die Nacht und in den SEV entlassen. Es war mal wieder ein toller Abend (auch Dank der DMAs als Vorband) und vor fünf Jahren hätte ich wahrscheinlich ein paar Reihen weiter vorne gestanden.

Für euch gibt es nun ihren Auftritt von der Isle Of Wight in diesem Jahr. Verlinkt ist ihr ganzer Auftritt, rechtzeitig zum Start von Shoot the Runner habe ich aber für euch auf Pause gedrückt. Viel Spaß!

Gesehene Spiele in dieser Saison: 12 von 13 Liga-Spielen = 92 %.

Es war keine erfolgreiche Woche für den KSC. Im DfB-Pokal gab es unter der Woche eine vermeidbare Niederlage in der 2. Runde gegen den SV Sandhausen. Schnell lag man 0:2 zurück, beide Tore nach unglücklichen Aktionen der KSC-Defensive, konnte in der 2. Halbzeit aber noch ausgleichen und sich in die Verlängerung retten. Dort ging dann nicht mehr viel, also musste das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen. Die ersten sieben Schützen (!) für beide Vereine trafen, dann war es ausgerechnet Marcel Franke, der Stammzellenspender der Vorwoche, der seinen vergab. Damit scheiterte der KSC das dritte Mal in den letzten vier Jahren im Elfmeterschießen.

Das sonntägliche Ligaspiel gegen Fortuna Düsseldorf begann dann so wie auch das Pokalspiel: Mit zwei frühen Gegentoren, zu denen die KSC-Defensive erneut freundlichst einlud. Danach war die Luft etwas raus. Zwar kam der KSC doch noch ab und an zu einigen Torchancen, aber letztlich schaukelte Düsseldorf den Sieg ungefährdet nach Hause. Bei den Expected Goals stand es am Ende 1,3 zu 2,6 – auf dem Platz 0:2.

Platz 10 nach 13 Spieltagen ist eine solide Platzierung, fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz ein angenehmes Polster.

  • Netflix-Filme: Diese Woche war Blond tatsächlich mein erster US-Netflix Film seit Metal Lords im Mai. Mehr US-Filme habe ich auf Netflix in diesem Jahr nicht gesehen. Nun die Frage an euch: Habe ich da in diesem Jahr etwas verpasst? Welchen der teuren US-Filme sollte ich dringend noch nachholen?
  • Das ZDF Magazin Royale als Enkeltrick unter den TV-Magazinen: Während vorige Woche Sascha Lobo die Sendung zum BSI-Präsidenten zerpflückte, nimmt sich Indiskretion Ehrensache nun der Böhmermann-Sendung zum Thema Wein an und stellt fest: Die Redaktion bedient sich der selben Mittel und Taschenspielertricks wie der Axel Springer Verlag.
  • Nitro widmet sich Coversongs für die Ewigkeit: Unglaublich! DWDL vermeldet die neuste Factual-Idee aus der RTL-Gruppe und die erinnert mich doch frappierend an meine eigene Ein Song geht um die Welt – Reihe. Mal abwarten, über welche Titel sie dort reden werden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

2 Kommentare

  • flightattendantlovesmovies

    „Severance“ hat mir auch richtig gut gefallen, bin gespannt, wie es weitergeht. „Blonde“ fand ich äußerst schwierig und langatmig. Ana de Armas ist aber großartig. Geärgert habe ich mich darüber, dass sie gefühlt den halben Film über halbnackt oder nackt rumlaufen muss. Verletzlichkeit hätte man auch anders darstellen können. Die Kennedy-Geschichte fand ich auch äußerst gewagt.

    Auf Deine Frage, ich glaube, bisher hast Du nur einen, wenn man den Kritikern glauben kann, richtig sehenswerten Film verpasst: „RRR“ (ist ein indischer Action-Film, ich habe ihn selbst noch nicht geschafft). Ansonsten kommen die richtig interessanten Netflix-Filme erst noch („The Good Nurse“, „Guillermo Del Toro´s Pinocchio“, Alejandro G. Inarritus „Bardo, False Chronicle of a Handful of Truth“, Noah Baumbachs „White Noise“, Ryan Johnsons „Glass Union: A Knives Out Mystery“, das sind jedenfalls die Filme, die ich gucken werde)

    • Nummer Neun

      Ein indischer Film? Okay, das kommt etwas überraschend 🙂 Auf den zweiten Knives Out bin ich auch sehr gespannt. Der bekommt ja sogar noch eine kurze Kino-Auswertung vor der Veröffentlichung. Und Im Westen nichts Neues habe ich mir auch schon vorgemerkt, der startet ja auch in ein paar Tagen.

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