Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 35/2022: Wild Republic, Bordertown, Blasted und Pabst

Und schon sind wir mitten im September. Historische Begriffe für diesen Monat waren im deutschsprachigen Raum u.a. Herbstmond und Holzmonat. Der Begriff September kommt dagegen vom lateinischen septem und bedeutet damit, es ist der siebte Monat des Jahres. Aber Moment mal, hier stimmt doch etwas nicht? Anscheinend ist diese Unstimmigkeit auf eine Kalenderreform der Römer zurückzuführen, die den Jahresbeginn auf den Januar vorverlegten. Da man die Monatsnamen beibehielt, passten die Namen nur nicht mehr zur Zählung. Mit besten Grüßen an den Oktober (acto = acht), November (novem = neun) und Dezember (dezem = zehn).

Und damit lassen wir die Klugscheißerei für heute und widmen und meinem medialen Wochen(!)-Rückblick. Es gibt eine Serie und Musik aus Deutschland, sowie Filme aus Finnland und Norwegen.Sozusagen als Nachtrag zu den European Championships habe ich mir am vergangenen Sonntag in der Bayerischen Staatsbibliothek die Fotoausstellung zu Olympia ’72 angeschaut. Sehr viel mehr als eine Fotoausstellung mit Begleittexten war es auch nicht, aber dafür war der Besuch kostenlos. Es waren schon ein paar nette Aufnahmen dabei und auch einige gute Erklärungen dazu, wie die Veranstaltung die Infrastruktur Münchens und hier besonders den öffentlichen Nahverkehr umgekrempelt hatte. Etwas schade war allerdings, dass das Kapitel zum Olympiaattentat fast nur etwas versteckt in einem Nachbarraum zu sehen war.

Hier die große Treppe zu den Räumen der Ausstellung:

Passend dazu kann ich die arte-Dokumentation Olympia 72 – Deutschlands Aufbruch in die Moderne wärmstens empfehlen – verfügbar bis Ende September.

In den letzten Tagen und Wochen sind mit House of the Dragon und mit Die Ringe der Macht die beiden teueresten Serien aller Zeiten gestartet (und werden – wie früher – mit wöchentlichen Folgen ausgestrahlt). Und so viel kann ich jetzt schon versprechen: Beiden Serien werden hier keine Rolle spielen. Warum? Bei Game of Thrones bin ich gelangweilt nach der ersten Staffel ausgestiegen. Bei Herr der Ringe bin ich im Kino beim zweiten Teil fast eingeschlafen. Fantasy ist und bleibt einfach nicht meins.

Sprechen wir doch deshalb lieber (nicht ganz spoilerfrei) über:

Wild Republic (Staffel 1, 8 Folgen, Deutschland, Arte) – 7 von 10

Jugendliche Straftäter (u.a. Emma Drugunova, Merlin Rose, Maria Dragus, Béla Gabor Lenz, Rouven Israel und Aaron Altares) sollen in den Alpen ihren Sinn für Gemeinschaft und Solidarität stärken. Doch plötzlich kommt alles anders: Eines Nachts wird ein Betreuer tot aufgefunden. Die Gruppe gerät in Panik und muss sich entscheiden – stellen sie sich oder flüchten und verstecken sie sich in den Bergen?

Den Vergleich mit Herr der Fliegen (was ich unbedingt mal lesen muss) findet man in eigentlich allen Reviews zur Serie – Ähnlichkeiten in der Ausgangssituation gibt es aber auch zum später entstandenen Yellowjackets, genauso wie zu Sløborn, wo ein Teil der Figuren auch jugendliche Straftäter auf der Suche nach sich selbst sind. Gänzlich neu ist die Idee also nicht, die grandiose Alpenkulisse gibt der Serie aber auf jeden Fall etwas eigenes. Das aus den egoistischen und sozial inkompetenten Teenagern im Laufe der Zeit eine Gemeinschaft wird ist natürlich erwartbar, der Weg dorthin ist jedoch das interesssante. Auch wenn man sich die Rückblicke in die Vergangenheit der Jugendlichen hätte sparen können, strotzen diese doch Stereotypen. Die junge Darstellerriege macht ihre Sache durchweg gut, die Geschichte selbst hat aber zwei, drei Punkte, die mich etwas negativ emotionalisiert hatten. Zum einen war das der Rückfall der Jugendlichen in ein mittelalterliches Rechtsempfinden (mit Prügelstrafe und an den Pranger stellen), der mich echt etwas fassungslos gemacht hat. Das kann man vielleicht noch mit ihrem geringen Vertrauen oder ihren schlechten Erfahrungen in die Rechtsstaatlichkeit erklären, besser einordnen können hätte man das aber definitiv. Ein anderer Punkt ist die offensichtliche Vergewaltung, die danach einfach nicht weiter thematisiert wird. Da hier die erwarteten Geschlechterrollen (eine bessere Umschreibung will mir im Moment nicht gelingen) vertauscht wurden, wäre eine weitere Auseinandersetzung damit interessant gewesen. Aber auch da kommt nichts. Spannend und bildgewaltig ist die Serie jedoch trotzdem und auch die B-Story um den Entwickler des Rehabilitationsprojektes (Franz Hartwig) und seiner Suche nach den Jugendlichen und deren Betreuerin bzw. seiner Freundin Rebecca (Verena Altenberger) gefällt auch, so dass sich die Serie ihre 7 Punkte verdient hat.

Blasted (Norwegen, 2022, Netflix) – 5 von 10

Junggesellenabschied trifft auf Alien-Invasion bzw. Zombie-Invasion, jedenfalls fühlen sich die Aliens eher danach an. Die beiden alten Laser-Tag-Kumpels Sebastian (Axel Bøyum) und Mikkel (Fredrik Skogsrud) treffen nach Jahren wieder aufeinander und müssen nun die Welt retten. Der Film hätte auf eine trashige Art funktionieren können, wenn er etwas straffer gewesen wäre – und man sich die erste halbe Stunde komplett gespart hätte. Da passiert außer ein paar zotigen Witzen nichts von Belang und Charaktertiefe braucht es für so einen Action-Trash-Film eh nicht. Danach wird es etwas besser, auch wenn die angekündigten Aliens bis zum Schluß arg unterwältigend bleiben.

Bordertown: Ein besserer Ort (Finnland, 2021, Netflix) – 7 von 10

Der Film spielt nach der dritten Staffel der gleichnamigen Nordic Noir Serie Bordertown, was etwas ärgerlich ist, weil es die dritte Staffel immer noch nicht nach Deutschland geschafft hat. Nach kurzer Irritation findet man sich aber trotzdem wieder schnell zu Recht und folgt dem eigenwilligen Ermittler Kari Sorjonen (Ville Virtanen) bei seinem bisher schwierigsten Fall. Fans der Serie bekommen hier weiterhin das, was sie erwarten, plus einige überraschende Wendungen in der Auflösung des Falls.

Von den Berliner Hipster-Punks von Pabst erscheint dieser Tage mittlerweile das bereits dritte Album. Wie die Zeit vergeht! Nachdem die ersten beiden schon ganz gut waren, hat natürlich auch das Drittwerk Crushed by the weight of the world ein offenes Ohr verdient. Und tatsächlich, auch hier überzeugen die Vorab-Songs. Als Anspieltipp gibt es deshalb heute Mercy Stroke und dazu noch der Hinweis: Sie sind in den nächsten Wochen auf einer ausgedehnten Tour quer durchs Land.

Gesehene Spiele in dieser Saison: 7 von 7 Liga-Spielen = 100 %.

Nach drei Siegen in Folge gab es jetzt wieder eine Niedlage – natürlich gegen den HSV.

Nach einer guten ersten Halbzeit, in welcher der KSC mehr vom Spiel hatte und eine Führung nicht unverdient gewesen wäre, warf Reis den Sack kurz vor dem Halbzeitpfiff für die Hamburger um. In der zweiten Hälfte verdienten sie sich dann die Führung, während sich die Karlsruher Bank immer mehr wegen Kleinigkeiten am Schiedsrichtergespann abarbeitete. Ernsthafte Chancen auf den Ausgleich gab es in der zweiten Halbzeit kaum noch, weswegen der 1:0 Sieg für den HSV wohl in Ordnung geht. Die Expected Goals Statistik unterstützt die These und weist am Ende ein Verhältnis von 1,95 zu 1,4 aus (wobei mich als Statistikfreund die fehlende 0 als zweite Nachkommastelle immer etwas verrückt macht).

Heute endlich mal wieder mit einigen hoffentlich spannenden Lese-Empfehlungen:

  • Der Anfang von etwas Großem: Bei Netzpolitik.org beschäftigt man sich mit den neusten Entwicklungen im Bereich der Text zu Bild Generierung, bei der zu einem vorgegebenem Begriff eine neue Grafik generiert wird (im Gegensatz z.B. zu Google, wo zu einer Suchanfrage ein bestehendes Bild gesucht wird). Das ist eine spannende Technik, die bei manchen Anbietern schon unglaubliche Ergebnisse liefert. In diesem Bericht werden vier Prognosen abgegeben, was uns diese Technik bringen könnte.
  • Der Mäusebunker in Berlin: Potentielle Baudenkmäler müssen nicht immer schön ansehbar sein, wie der Beitrag von Seelenkompott beweist. Diese Gebäude könnte direkt aus einem Gruselfilm stammen. Im Moment wird über die Erhaltung des Gebäudes diskutiert.
  • Der erfundene Shitstorm: Winnetou und kein Ende. Die digitalen Analysten von Scompler haben die Chronologie untersucht und festgestellt: Einen Shitstorm gab es nie, nur die Reaktionen auf den nicht vorhandenen waren echt.
  • Etwas fehlt: Die Live-Musik kommt seit dem Frühjahr wieder zurück in die großen und kleinen Locations – das Publikum aber noch nicht. Die Visions hat dazu eine größere Reportage veröffentlicht.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

4 Kommentare

  • S.Mirli

    Ich bin sowohl von Herr der Ringe als auch von Game of Thrones Fan – okay, Fan ist vielleicht zu viel gesagt, aber ich habe sie gerne angesehen. Allein die Vorschauen der neuen Serien finde ich katastrophal, habe nun die erste Folge von diesem Herr der Ringe Prequel gesehen und nicht einmal zu Ende. Wofür das Geld auch immer ausgegeben wurde, man sieht es nicht. Da kann ich mir auch ein Computerspiel reinziehen, das hat ähnliche Qualität, aber gut, ich bin vielleicht auch nicht die Zielgruppe. Ich wünsche dir einen fantastischen September, alles Liebe, x S.Mirli
    https://www.mirlime.at

  • Seelenkompott

    Zu Deinem Filmprogramm kann ich leider nichts sagen, da ich die genannten Filme und Serien nicht gesehen habe, aber besten Dank für die Verlinkung zum „Mäusebunker“! Interessant Dein Verweis zur Text-zu-Bild-Generierung – wie so oft eine spannende neue Technik, vor der man sich vielleicht auch ein bisschen fürchten muss. Grüße! 🙂

    • Nummer Neun

      Gerne doch! Der niedliche Name Mäusebunker und die Bilder von diesem Monumentalbau sind einfach auch ein schöner Gegensatz.

      Wenn man mit diesen Text-zu-Bild Tools ein wenig herumspielt, ist es wirklich erstaunlich, wie schnell da Ergebnisse entstehen. Zwar werden die dann auch im Detail etwas unpräzise, aber da wird die Technik in der nächsten Zeit mit Sicherheit noch weiter verfeinert werden. Hier kann man es zum Beispiel mal etwas versuchen: https://beta.dreamstudio.ai/dream

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