Mary Shelley – Frankenstein (UK, 1818)
Intro: Der erste Roman in diesem Jahr war ein richtiger Klassiker, bei dem bereits die Entstehungsgeschichte filmreif ist. Mary Shelley schrieb Frankenstein im Jahr 1816 als 18-jährige in einer Sommerresidenz in der Nähe des Genfersees. Das Jahr ging als das Jahr ohne Sommer in die Geschichte ein, nachdem ein gewaltiger Vulkanausbruch in Indonesien so viel Staub in die Atmosphäre pustete, dass der Sommer zum kältesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen wurde. Selbst in Europa sorgte das für Missernten und Hungersnöte. Shelleys Gesellschaft am Genfersee vertrieb sich die Zeit in diesem Sommer mit dem Schreiben von Schauergeschichten. Der Hausarzt verfasste die Kurzgeschichte Der Vampyr und setzte damit den gleichnamigen Mythos in die Welt. Noch größer wurde Shelleys Frankenstein, dass dann schließlich 1818 veröffentlicht wurde und unzählige Verfilmungen nach sich zog. Zufälligerweise hat auch der Spiegel vor ein paar Tagen über die Autorin berichtet: Marys Monster und Dämonen.
Nach der langen Vorrede kommen wir aber nun endlich zum Roman Frankenstein:
Klappentext: Kaum ein anderer Klassiker hat so viele Bühnenadaptionen und Verfilmungen erfahren wie Mary Shelleys Frankenstein (1818). Der Roman über den jungen Schweizer Viktor Frankenstein, der einen künstlichen Menschen erschafft, ist ein seltenes Glanzstück der romantischen Schauerliteratur: Das grandiose erzählerische Geschick, mit dem die englische Autorin ihr Thema zu einer bis heute ungebrochenen populären Geschichte verarbeitete, lässt ihren Frankenstein Roman weit über die meisten vergleichbaren Romane seiner Epoche hinausragen.
Review: Um das offensichtlichste gleich zu Beginn zu sagen: Der Roman unterscheidet sich deutlich vom Film-Klassiker aus den 1930ern mit dem legendäre Boris Karloff und ist bei weitem nicht so gruselig. Die Erschaffung des Monsters ist in wenigen Zeilen abgehandelt, man könnte sie fast überlesen. Die Handlung selbst geht allerdings wesentlich weiter als in der Verfilmung.
Spannender wird sie dadurch aber nicht, so gibt es doch immer wieder einigen Leerlauf. Und auch die Sprache bremst den Leser etwas aus, jedenfalls in der Übersetzung, die ich hatte. Ihr merkt man die über 200 Jahre durchaus an. Modern als die Sprache ist dann aber tatsächlich der Inhalt, wenn man darüber hinwegsehen kann, dass es eben keine wirklichen Schauermomente gibt. So ist das Monster eigentlich herzensgut, genügsam und naturverbunden und lernt die Menschen kennen, in dem es über Monate hinweg eine Familie beobachtet, aber nicht traut, sich erkennen zu geben. Stattdessen leidet es schwer darunter, von seinem Schöpfer verstoßen worden zu sein, alleine zu sein und auch allen anderen Menschen Angst zu machen. Frankenstein selbst ist dagegen derjenige, der sich schuldig macht, da er seine Schöpfung verstößt und nicht die Verantwortung für sein Schaffen übernimmt.
Die Geschichte selbst ist etwas verschachtelt erzählt. Den Anfang nimmt sie bei Kapitän Walton, der mit seinem Schiff in der Arktis unterwegs ist und Briefe an seine Schwester schreibt. Dabei trifft er auf Frankenstein, der ihm seine Lebensgeschichte und die Geschichte des Monsters erzählt. Schließlich gibt es dann eine Kapitel, in der Frankenstein einen Bericht seiner Kreatur, dem Unhold, wieder gibt. Das hat schon etwas von Inception.
Fazit: Als Ursprung der Gruselliteratur und mit dieser Entstehungsgeschichte hat Frankenstein eine spannende, historische Bedeutung und kann damit im Hinterkopf durchaus punkten. Die Geschichte an sich ist allerdings unspektakulärer, als man erwarten würde.
3 Kommentare
Miss Booleana
Mein Eindruck beim ersten Lesen war ähnlich. Da war ich noch Teenager und total überzeugt davon, dass ich jetzt die Schauerklassiker lesen will. Aber die Sprache hat mich ziemlich weggetrieben. Vorletztes Jahr oder so habe ich es mir als Hörbuch genehmigt mit den drei Klassikern (Dracula, Jekyll & Hyde) und auch da war es trotz seiner damals wegweisenden Ideen schon das Buch, das mir am wenigsten im Gedächtnis geblieben ist, leider. Als Theaterstück aber fand ich es grandios! Habe das mal bei NT Live mit Benedict Cumberbatch gesehen und da erst richtig mitgefühlt.
Nummer Neun
Das klingt interessant, wie nah war denn das Theaterstück am Buch? Die klassische Verfilmung nimmt sich ja schon einige Freiheiten.
Würdest du eher noch Dracula oder Jekyll and Hyde empfehlen?
Miss Booleana
Soweit ich mich erinnere ziemlich nah. Aber mit viel Auslassungen. Anfang und Ende waren zienlich ausführlich, auch die Passage als ein alter Mann dem „Monster“ einiges über das Leben beibringt.
Dracula fand ich tatsächlich sehr atmosphärisch … da gibts ja auch reichlich Quellen. Hörbuch, Comic, … ist aber mehr ein Tagebuch- und Briefroman, der in der Mitte etwar langweilig ist. Die Verfilmung ist hier auch nicht so ganz vorlagengetreu, dafür aber spannender und sinnlicher. Jekyll/Hyde war auch ganz anders und fand ich ganh interessant. Hab bei mir im Blog ne Besprechung vom englischen Hörbuch, hieß „Monsters Collection“. Die waren glaube ich beide sprachlich etwas einfacher als Frankenstein