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Die 10 besten deutschsprachigen Filme der 2010er Jahre

Auch der deutsche Film hat ja so einiges zu bieten, besonders abseits von den seichten Beziehungskomödien und TV-Krimis. Nun will ich mich nicht als der große Experte für den deutschsprachigen Film aufspielen, aber ich vertrete durchaus die Meinung, dass es so gut wie in jedem Jahr deutsche Produktionen gibt, die wirklich mehr als gelungen sind.

In den letzten zehn Jahren waren meiner Meinung nach diese 10 Filme die Besten. Die meisten davon sind Kinoproduktionen – bei TV-Filmen ist es dann doch etwas schwerer den Überblick zu behalten. Mit Sicherheit sind mir viele Produktionen auch durch die Lappen gegangen. Falls zum Beispiel Til Schweiger hier mitliesen sollte: Es tut mir leid, aber Honig im Kopf habe ich bisher noch nicht gesehen. Daher erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Nun aber: Die zehn Filme, nach Erscheinungsjahr geordnet, sinf:

Vincent will Meer (Regie: Ralf Huettner, 2010)

Hauptdarsteller Florian David Fitz schrieb ebenfalls das Drehbuch zu diesem tragik-komischen Road-Movie. Was anfangs klang wie eine aktualisierte Version von Knockin‘ On Heavens Door (hallo Til!), fand dann doch schnell seinen eigenen Ton. Sonst bediente er sich bei vielen klassischen Elementen des Genres, die episodenhafte Reise, um zu sich selbst zu finden. Aber das machte er auf eine ungemein unterhaltsame Art und Weise.

Das finstere Tal (Regie: Andreas Prochaska, 2013)

Ein Alpenwestern! In grandiosen Bildern wird die spannende Geschichte um eine seltsame Schicksalsgemeinschaft Ende des 19. Jahrhunderts in einem abgelegenen Bergdorfs erzählt. Die Kälte überträgt sich unmittelbar auf den Zuschauer. Sam Riley spielt die Hauptfigur, wird aber von Tobias Moretti deutlich in den Schatten gestellt. Der Film war genau so gut wie der tolle Roman von Thomas Willmann geworden, bei weitem keine Selbstverständlichkeit.

Fack ju Göhte (Regie: Bora Dagtekin, 2013)

Der erste Teil der Komödie war das große Ding im Jahr 2013 und brachte Elyas M’Barek den endgültigen Durchbruch in Deutschland. Chantal (Jella Haase) wurde zum Running Gag in Schulhöfen und Büros in den nächsten Jahren. Uschi Glas in einer Nebenrolle bildete die Brücke zu den klassischen deutschen Schulkomödien der 1960er und 1970er Jahre – nur das die Vorzeichen jetzt vertauscht waren: Die Lehrer standen im Vordergrund.

Im Schmerz geboren (Regie: Florian Schwarz, 2014)

Und damit hat es auch des deutschen liebstes Krimi-Kind in die Auflistung geschafft. Wohl nur wenige Tatorte haben es in den letzten Jahren geschafft, sich so einen legedären (und positiven) Ruf zu erarbeiten wie dieser vom Hessischen Rundfunk. Kriminalhauptkomissar Murot (Ulrich Tukur) schießt sich durch diese Mischung aus Rache-Western und Tarantino-Action. Mutig, cool und verrückt – Adjektive, die man viel zu selten mit deutschen Filmen assoziiert.

Therapie für einen Vampir (Regie: David Rühm, 2014)

Deutschland kann keine Genre-Filme? Nunja, so ganz kann man das nicht widerlegen, weil dieses hier ist nur eine Genre-Komödie und kommt natürlich nicht aus Deutschland, sondern aus Österreich. Ist aber äußerst gelungen! Ein Vampir (Tobias Moretti) geht zu Dr. Freud (Karl Fischer) auf die Couch. Aus der witzigen Ausgangssituation wurde sehr viel gemacht und quasi jedes Vampir-Klischee abgehandelt. Braucht man nicht öfter schauen, unterhielt aber beim ersten Mal ungemein.

Victoria (Regie: Sebastian Schipper, 2015)

Am Anfang war die Geschichte hinter den Kulissen noch die spannendere: Der ganze Film wurde in einer einzigen Kameraeinstellung gedreht, das hieß in einem Rutsch und ohne Schnitt. 140 Minuten! Die Story war vorgegeben, die Dialoge aber improvisiert. Aber den Film zeichnete nicht nur dieser technischen Aspekt aus, sondern auch die Geschichte selbst entwickelte einen unglaublichen Sog. Mit den Hauptdarstellern Laia Costa und Frederick Lau irren wir durch die Berliner Nacht und aus dem Clubbing und dem harmlosen Flirt wird schnell ein atemberaubender Ernst.

Toni Erdmann (Regie: Maren Ade, 2016)

Den vielleicht etwas zu lang geratenen Film fand ich im ersten Moment noch gar nicht so stark, blieb aber danach doch lange im Kopf. Zu verdanken war das vor allem Hauptdarstellerin Sandra Hüller, die überzeugend die Wandlung der verbissenen Karrierefrau spielte, die durch den Umgang mit ihrem Vater Peter Simonischek immer mehr lernte, auch mal loslassen und das Leben genießen zu können. Dieses Befreien von ihren Zwängen gipfelte schließlich plakativ in der Nacktparty.

25 km/h (Regie: Markus Goller, 2018)

Und noch ein Road-Movie, wieder geht es um die Fahrt an die Küste. Das scheint ein beständiges Motiv zu sein in den deutschen Vertretern dieses Genres! Dieses Mal sind wir allerdings etwas langsamer unterwegs, nämlich nur auf Mofas. Bjarne Mädel und Lars Eidinger werden vor der Kamera zum Brüderpaar auf der Suche nach ihrer verlorenen Jugend und verwirklichen dabei einige ihrer alten Träume, bis die merken, dass sie sich ihrer aktuellen Probleme stellen müssen. Steppen war selten so cool wie in diesem Film.

Der Vorname (Regie: Sönke Wortmann, 2018)

Die vielleicht beste Komödie der letzten Jahre zeigte, dass Suspense auch in lustigen Stoffen funktioniert. Dank ausgiebiger Trailer vorab wußte ja jeder, was dieser Vorname ist – und es machte einen Heidenspaß, Bildungsspießer Christoph Maria Herbst dabei zu zusehen, wie er versucht, den historischen Namen mit A zu erraten und wie die Abendessens-Gesellschaft danach eskaliert. Zum Glück war das dann auch nicht die einzige Pointe des Abends, viele weitere Wendungen sollten folgen.

Systemsprenger (Regie: Nora Fingerscheidt, 2019)

Um hier schon einmal vom nächsten Monatsrückblick vorzugreifen: Was für ein intensiver Film! Das lag vor allem an der jungen Haupdarstellerin Helena Zengel, die man in der Rolle der Benni abwechselnd hasste, bemitleidete und mit ihr mitfühlte. Sie schickte die Zuschauer durch ein Wechselbad der Gefühle. Ich hatte zwei/drei mal Angst, dass gleich eine ganz große Katastrophe passiert und war den Tränen nahe, als sie auf einmal riesiges Mitgefühl zeigte. Man nahm ihr alle Gemütszustände ab, das war fantastisch gespielt. Der Rest des Castes fiel dagegen auch kaum ab, allen voran Albrecht Schuch als Anti-Aggresions-Trainer. Was vor allem bedrückend war: Das bei allen gut gemeinten Maßnahmen keine davon zu greifen schien. Intensives, deutsches Kino, das sich nur leider stellenweise etwas zu sehr wiederholte.

So weit mein Überblick über lohnenswerte deutschsprachige Filme aus den letzten 10 Jahren. Wie ich finde eine gute Mischung zwischen kleineren Produktionen und großem Starkino mit vielen verschiedenen Genres. Zwei der Filme stammen aus Österreich, einer war eine TV-Produktion.

Welche deutschsprachigen Filme haben euch in den letzten Jahren begeistert?

9 Kommentare

  • nadine

    Der Vorname, Victoria und Toni Erdmann sind alles Filme, die ich noch schauen möchte und auf die ich sehr gespannt bin, weil ich zu allen viel positives gehört habe. Ansonsten mochte ich von deinen erwähnten Filmen Vincent will Meer sehr, ebenso 25km/h, den ich aufgrund meines Vaters angeschaut habe und erst dachte, meeh wieder so eine Deutsche Komödie. Musste dann aber merken, dass meine Vorurteile unbegründet waren und er sehr witzig ist.

    Ansonsten eine weitere Empfehlung meinerseits „Oh Boy“ Ein ganz toller schwarz-weiß Film mit Tom Schilling in der Hauptrolle, der sein Studium abgebrochen hat und dem man ein Tag durch Berlin folgt. Wirklich sehenswert! 🙂

    Alles Liebe

    Nadine

    • Nummer Neun

      Stimmt, „Oh Boy“ hatte ich tatsächlich auch in der Auswahl 🙂 Genau wie auch noch „Der Junge muss an die frische Luft“ und „Das perfekte Geheimnis“.

      „Der Vorname“ läuft seit dem Wochenende auf Sky und ich habe ihn nun insgesamt ein drittes Mal gesehen – ich finde ihn jedes Mal wieder lustig 🙂

  • Nicole

    Ich habe erst in den letzten Tagen auf Sky „Der Vorname“ geguckt und jap der ist mega lustig. Selten so gelacht und Maria Christoph Herbst steigert sich da wunderschön rein. Für mich auch eine der besten Komödien der letzten Jahre mit vielen cleveren Dialogen und Witzen. Ich würde hier noch Ballon ergänzen, das war auch ganz großes Kino – obwohl man die Story schon kannte. Fack Ju Göthe finde ich auch super, wobei Teil 1 der beste ist. Abseits dessen möchte ich noch „Werk ohne Autor“, „Der Junge muss an die frische Luft“ und „Elser“ nachholen.

    Dankeschön für dein liebes Kommentar. Hast du denn nun ein paar der Filme im Kino anschauen können? In den USA ist „3 Engel für Charlie“ ja schon gefloppt, wenn der nicht international ein bisschen was einspielt, wird es wohl auch bei einem Teil bleiben.

    • Nummer Neun

      Der Vorname habe ich mir am Wochenende auch wieder angeschaut – immer noch super lustig 🙂

      Ballon habe ich bisher leider verpasst, aber stimmt, der hatte ja auch überall gute Kritiken bekommen.

      Für 3 Engel für Charlie warte ich dann wahrscheinlich auf die Sky-Ausstrahlung. Gab in diesem Monat dann doch zu viel im Kino.

  • Stepnwolf

    „Das finstere Tal“ fand ich auch ziemlich cool, vor allem aufgrund der Western-Optik.

    „Victoria“ hat es bei mir geschafft emotional mitzugehen, weil die Atmosphäre und die sich darin bewegenden Figuren so echt wirken (und es ja auch sind). Und dem Vergleich zu bringen: Der (zwar nicht komplett im One-Shot geschnittene) gerade laufende „1917“ dagegen hat mich emotional so rein gar nicht abgeholt.

    „Systemsprenger“ ist eine Wucht von einem Film, der so intensiv wirkt, dass einem stellenweise regelrecht schlecht wird. Und die Hautdarstellerin ist ja mal der Hammer! Solche Performances macht man wahrscheinlich nur einmal im Leben…

  • Miss Booleana

    Sehr coole Liste! Ich mochte besonders „Das finstere Tal“, „Toni Erdmann“ (war mir aber auch irgendwie zu länglich) und „Vincent will Meer“. Ein paar davon muss ich noch nachholen, zum Beispiel „Victoria“ und „Der Vorname“. Victoria ist immerhin schon als BluRay da.
    Mit Fack ju Göthe kann ich mich nicht so recht anfreunden. Es hatte seine Momente, über die habe ich gerne gelacht. War mir aber stellenweise manchmal irgendwie zu blöd. Auch bei „Der Vorname“ zögere ich etwas, weil es ein Remake ist. Und ich finde immer, dass man diese Remakes von Remakes nicht braucht.
    „Aus dem Nichts“ und „Who Am I“ fand ich noch sehr sehenswert. ich war kurz versucht zu antworten „Wo ist denn das Leben der Anderen??“ Aber das war ja vorher …. 😉

    • Nummer Neun

      „Toni Erdmann“ kam mir auch etwas lang vor, aber wie schon geschrieben blieb er danach lange im Kopf. Manchmal verrückt, wie sich die Bewertung von Filmen im Rückblick so verändert.

      „Aus dem Nichts“ habe ich auch gesehen und fand ihn recht gut.“Who Am I“ habe ich aber tatsächlich verpasst. Und grade noch mal nachgeschlagen: „Das Leben der Anderen“ ist von 2006. Ich hatte zunächst „Kirschblüten – Hanami“ auf meiner Liste, der war aber dafür von 2008 😉

      Danke auch für das Verlinken!

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