Aus dem Leben,  Was mit Medien

Jonathan Franzen – Freiheit

Kein Spur von meinem Kindle. Mittlerweile ist es schon fast zwei Wochen her, dass ich ihn ausversehen im ICE ausgesetzt habe. Weder hat die Bahn den Status meiner Vermisstenmeldung aktualisiert, noch hat sich  jemand auf die Visitenkarte gemeldet, die in der Innentasche der Kindle-Hülle steckte. Da muss ich wohl der Wahrheit in die teuflische Fratze blicken: Mein Kindle ist weg.

Nun hat die Amazonsche Cloud jedoch den Vorteil, dass die Inhalte nicht einfach verschwinden, sondern nach wie vor abrufbar sind. So wie zum Beispiel über die Windows 8-App für den Rechner. Nach dem ich mit meinem Roman schon zu 90% durch war, konnte ich ihn nun am Laptop beenden. Wäre auch schade gewesen, wenn ich es nicht zu Ende gebracht hätte, immerhin war es ein ziemlich umfangreicher Schinken – und zudem auch noch recht gut.

Die Rede ist von Freiheit – die, die mein Kindle nun vermutlich auch spürt – ein Familienepos des US-amerikanischen Schriftstellers Jonathan Franzen.

Um mal Wikipedia zu zitieren: Franzens Freiheit ist eine Drei-Generationen-Familiengeschichte, die bis in die späten siebziger Jahre des 20. Jhs. zurückreicht und als politischen Hintergrund die Zeit von Ronald Reagan bis zur Wahl Barack Obamas abdeckt. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Dreiecksbeziehung des liberalen Ehepaars Berglund zu dem Musiker Richard Katz sowie das während der Sozialisation spannungsreiche Verhältnis einerseits zu Walters und Pattys Eltern und andererseits, in einem Wiederholungszyklus, zu ihren eigenen Kindern, wobei jede Generation ihre spezifischen, teilweise durch gesellschaftspolitische Trends bedingten Probleme mit in die Handlung einbringt.

Oder, um es deutlich einfacher zu sagen: Der Roman erzählt die Geschichte der Berglunds, mit ihren beruflichen und familiären Verpflichtungen und ihren außer-ehelichen Verhältnissen. Dabei wechselt die Erzählperspektive mehrmals, so dass alle wesentlichen Personen selbst zu Wort kommen. Dadurch ergibt sich ein detailiertes und ausgewogenes Bild der Familie, in der jeder seine eigenen Ängte und Antriebe hat und man dadurch jede der Figuren verstehen kann.

Aber keine Sorge, es entsteht dadurch kein dröges Psychogramm, genau das Gegenteil ist der Fall. Das Buch lässt sich wunderbar flüssig durch schmökern, Franzen pflegt einen unglaublich lässigen, unangestrengten Erzählstil. Viele der Personen besitzen Identifikationspotential, so dass einem die Berglunds ans Herz wachsen und man einfach wissen möchte, wie es weitergeht. Das ist alles andere als episch, aber gute Unterhaltung.

Nach dem das Buch ausgelesen war, stand ich das erste Mal seit ewigen Zeiten wieder im Buchladen (support your local dealer), was etwas enttäuschend war. Ohne erkennbare inhaltliche Ordnung waren die Bücher im Laden verteilt, hier die Neuerscheinungen, da die Romane, dort SF und Fantasy, was mittlerweile hauptsächlich heißt: Fantasy. Viele Backcover erzählen nicht mehr viel, Leserkritiken fehlen völlig und so bin ich ziellos umher geirrt. Am Ende ist es Der Mitternachtspalast geworden, der nun als nächster Roman ansteht.

Und noch ein Erlebnis im Einzelhandel: Ich wollte mir das neue alt-J Album holen (ist immerhin auf Platz 8 in Deutschland eingestiegen) – ich habe es in der Innenstadt nicht bekommen. Da gibt es mittlerweile eh nur noch einen Laden, der CDs verkauft (Saturn) – und dort gab es das nicht mehr. Kein Wunder, dass Amazon so groß ist.

4 Kommentare

  • singendelehrerin

    Schon ärgerlich, dass dein Kindle nicht abgegeben wurde… Weiß gar nicht, wie das ist, ob man den dann als „Finder“ einfach ummelden kann.

    „Freedom“ habe ich vor ein oder zwei Jahren gelesen – hatte ich als Hardcover von einer Freundin geschenkt bekommen (natürlich auf Englisch 😉 ) – und fand es auch richtig gut. Hatte vorher schon „The Corrections“ von ihm gelesen, was auch sehr empfehlenswert ist.

    Ich gestehe, dass ich Bücher, DVDs und CDs (kaufe ich weniger häufig) fast ausschließlich bei Amazon kaufe, auch wenn das „politisch“ nicht korrekt sein sollte. Insbesondere was englischsprachige Bücher anbelangt, ist Amazon einfach unschlagbar; die Auswahl an englischsprachigen Büchern ist selbst im Hugendubel noch vergleichsweise mager.

    • Nummer Neun

      Wahrscheinlich muss man den kindle einfach mit einem neuen Amazon Account verknüpfen. Und jemand vergnügt sich einfach erst einmal mit den Büchern, die schon drauf sind, das waren ja schon einige.

      Unser Hugendubel hier ist ja noch vergleichweise klein gegenüber denen in der Stadt. Hast du auch nicht mehr Auswahl an englischen Büchern?

  • bknicole

    Das mit deinem Kindle tut mir echt leid. Finde ich immer schrecklich, dass manche Leute das nicht abgeben sondern einfach einstecken. So ein Kindle ist ja nicht gerade billig. Ich finde das gebührt schon der Anstand, dass man es seinem Besitzer zurück gibt. Aber da denkt ja leider nicht jeder so.

    Also ich bin noch sehr gerne in der buchhandlung. Stöbere mich da gerne durch all die neuen Bücher. Im Hugendubel könnte ich stunden verbringen. Finde den aber auch eigentlich recht gut geordnet, auch wenn der Laden riesig ist. Ansonsten haben wir nur kleinere Buchhandlungen in der Nähe und da die nicht so groß sind, findet man sich dort super zurecht. Aber Amazon ist und bleibt auch immer eine Plattform wo ich sehr oft Bücher bestelle. Dort bekommt man sie meist zum Besten Preis.

    Das Buch das du vorgestellt hast kenne ich nicht, aber ich bin ja mehr der Krimi Fan, deshalb ist das nicht unbedingt mein Genre.

    Danke auch für dein liebes Kommentar.
    Haha ohja ne Pizza ist immer sehr fotogen und irgendwie werden Pizza Bilder auch auf Instagram sehr oft gelikt, das überrascht mich immer wieder, wie viele Menschen begeistert von einer abfotografierten Pizza sind. Durch die schlechte Quali meines Handys sieht der Hot Dog gleich noch unfotogener aus xD.

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