Kanada 2019: II Jasper
Irgendwann setzte der Zug sich dann aus Vancouver in Bewegung und machte sich auf den Weg in den Jasper Nationalpark. Zwanzig Stunden sollten es laut Fahrplan sein, am Ende waren es knapp 22 Stunden. Ein ganz anderes Zugfahren als in Europa. Hier haben die ewig langen Güterzüge Vorrang, und wenn der Streckenabschnitt vor einem erst einmal belegt ist, wartet man auch schnell eine halbe Stunde, bis es wieder weiter geht.
Das einsteigen glich eher dem in ein Flugzeug, incl. Kofferabgabe zu Beginn. Gebucht hatte ich die günstigste Kategorie in der Economy Class, weit im voraus für ungefähr 100 € – aber auch in dieser Klasse hatte man genug Beinfreiheit. Zwischen den beiden Sitzen gab es jedoch keine Mittellehne, so dass man seinem Nachbarn immer etwas auf der Pelle hing (aber neben mir saß eine junge Studentin aus Ottawa, da will ich mich gar nicht beschweren). Auch wenn man sich im Zug recht frei bewegen konnte und es auch ein Bordbistro und einen Panoramawagen für die einfache Gäste gab: Es blieb doch eine ganz schön lange Zeit, die man hier verbrachte. Und wer sich etwas schwer damit tut, im Zug zu schlafen, für den wird es noch etwas anstrengender. Ich war jedenfalls froh, als ich am nächsten Mittag den VIA Rail verlassen konnte und in Jasper ausstieg.
Jasper selbst ist eine Kleinstadt im besten Sinne, sehr überschaubar und egal in welche Richtung man blickt, von allen Seiten von Bergen begrenzt. Die Stadt lebt vom Nationalpark und vom Tourismus, mit Souvenirläden in jeder Ecke, Restaurants und Hotels. Der Bahnhof ist klein, aber groß genug, um die max. 1-2 Züge pro Tag zu bewältigen. Die Touristeninformation ist zentral gelegen und äußerst hilfsbereit.
Aber man fährt ja nicht wegen der Stadt hier her, sondern wegen des großen Jasper Nationalparks! Und der beginnt wirklich direkt vor den Toren der Stadt. Ziemlich schnell stand ich vor dem Athabasca River. Und auf dem Parkplatz hinter der Brücke auf einmal vor einer Bande von Steinböcken, die hier Rast machten. Konnte man ihnen nicht verdenken – das Wasser war klar, der Ausblick toll und es war ruhig.
Danach dauerte es nicht mehr lange, bis man vor den verschiedenen Seen stand. Los ging es mit dem Lac Beauvert, an dessen Ufer sich auch eines der Top-Hotels des Parkes angesiedelt hatte. In dessen Restaurant macht ich dann auch erst einmal eine Pause und bestellte mir einen schönen Caesar Salad, während am Nachbartisch verführerisch aussehende Burger serviert wurden.
Nach der Pause ging es weiter in Richtung Norden, zu den beiden Seen Lake Annette und Lake Edith (Foto). Einer schöner als der andere, beide sogar mit kleinen Strandbereichen. Danach lief ich wieder zurück in die Stadt, parallel zur Straße entlang, aber auf einem Wanderweg etwas höher gelegen. Der Rückweg zog sich ohne Ende, es wurde immer heißer, ich war so froh, als ich endlich wieder mein Hotel erreichte und die Klimaanlage einschalten konnte.
Eingemietet hatte ich mich im Hotel Astoria, nur wenige Fußminuten entfernt vom Bahnhof. Das Zimmer war klein und simpel, die Dusche war gut, mehr brauchte ich nicht. Im Erdgeschoß waren noch einge Restaurants untergebracht, zusammen ergab das ein Gebäudekomplex mit einem recht hohen Wiedererkennungswert.
Für den letzten Tag hatte ich mir einen Ausflug gebucht: Mit Sundog Tours ging es in das Maligne Valley. Der erste Stopp führte dabei zum Maligne Canyon. Hier hatte sich der schmale Fluss eine tiefe Schlucht gegraben, die man von beiden Seiten bewandern konnte. Als nächstes Stand der Medicine Lake auf dem Programm, ein See, der vor allem im Sommer gut gefüllt ist, während er über den Winter fast verschwindet. Das Highlight wartete dann am Ende der Tour: Der Maligne Lake gilt als schönster See des Parks und das kann ich so bestätigen. Malerisch und ruhig gelegen war er Ende Mai noch halb gefroren, während sich im Hintergrund die Berge mit ihren schneebedeckten Gipfeln erhoben. Hier hätte ich gerne noch etwas mehr Zeit gehabt, aber es ging schon relativ zügig wieder zurück nach Jasper.
Immerhin bot die Rückfahrt noch bemerkenswertes: Innerhalb von wenigen Metern trafen wir auf zwei Bären, die in seelenruhe am Straßenrand spazieren gingen, während die Autofahrer im Schritttempo an ihnen vorbei fuhren. Hat also auch noch die Bärensichtung in freier Wildbahn geklappt!
Den Rest des Tages nutzte ich dann für einen Ausflug mit Jaspers Skytram. Eine Seilbahn bringt die Gäste rauf auf den kargen Whistler Mountain. Von der Bergstation aus hat man einen fantastischen Blick auf Jasper und den Nationalpark. Wer mag, kann auch noch die letzten Meter bis zum Gipfel des Berges gehen. Ich verkniff es mir.
Bei dem ganzen Wandern wurde man natürlich auch hungrig: Dafür bot Jasper reichlich Auswahl. Besonders empfehlen kann ich das Olive Bistro und die Jasper Brewing Company (Foto). Und für ein Eis am Besten zu Grandma’s.
Für die Weiterfahrt mit VIA Rail Canada war ich dieses Mal etwas besser vorbereitet und deckte mich bei der Other Paw Bakery mit guten Sandwichs ein, das sollte reichen für die nächsten zwanzig Stunden Fahrt. Der Zug war ab Jasper auch etwas leerer als auf der Strecke ab Vancouver, so dass ich den ganzen Zweierplatz dieses Mal für mich hatte. Es waren einige bekannte Gesichter aus der Hinfahrt vor einigen Tagen mit dabei, die nun ebenfalls weiterfuhren – seit der Hinfahrt war kein anderer Zug auf dieser Strecke unterwegs gewesen. Beim Zwischenhalt in Edmonton stieg sogar meine Sitznachbarin von der ersten Fahrt wieder zu.
Die Strecke bot dieses Mal sogar noch etwas mehr zu gucken, die Fahrt durch die Rocky Mountains war erneut beeindruckend. Und als ich am nächsten Morgen aufwachte, fuhren wir zur aufgehenden Sonne bereits durch die weiten Felder von Saskatchewan.
I Vancouver / II Jasper / III Saskatoon / IV Ottawa / V Toronto / VI Niagara Falls
2 Kommentare
Stepnwolf
Bin gespannt wie’s weitergeht. Die Bilder hier sind ja schon mal großartig…
Nummer Neun
Aber ich glaube, ich sollte irgendwann mal das Format umstellen. Diese paar Pixel Breite sind ja nicht grade 2019. Außerdem habe ich den Eindruck, dass die Bilder beim verkleinern etwas unscharf werden.