KW 47/2024: Des Teufels Bad, The Tubs, Diplomatische Beziehungen und die rätselhaften Honjin-Morde
Happy Sunday!
Ende dieser Woche kehrte der Winter nach München zurück. Am Donnerstag und am Freitag schneite es. Und als ich am Freitagabend weg ging, beschlichen mich ungute Erinnerungen an den Wintereinbruck im vergangenen Jahr, und wie ich die Nacht am Hauptahnhof verbringen musste, weil der Öffentliche Nahverkehr zusammen gebrochen war. Letztlich war dieser Abend dann harmlos, es hörte früh auf zu schneien und die Straßen und Gleise blieben frei und befahrbar.
Und damit zum medialen Wochenrückblick. Heute mit einem Roman, einer Serie, einem Kinofilm und einem Musik-Tipp. Viel Spaß!
Dunkel war’s, der Mond schien helle – und irgendwie heller und größer als sonst. Am Mittwochabend konnte ich von ihm sogar ein halbwegs gutes Foto machen.
Seishi Yokomizo – Die rätselhaften Honjin-Morde (Japan, 1946) – 6 von 10
Klappentext: Es ist der Winter 1937, und der Ort Okamura befindet sich in heller Aufruhr: schon bald wird die renommierte Ichiyanagi-Famile ihren Sohn vermählen. Aber unter den Tratsch über das anstehende Fest mischt sich ein besorgniserregendes Gerücht: ein maskierter Mann streift durch das Städtchen und fragt die Leute zu den Ichiyanagis aus. In der Hochzeitsnacht dann erwacht die Familie durch einen furchtbaren Schrei, auf den eine unheimliche Melodie folgt. Ja, der Tod ist nach Okamura gekommen und hat keine weitere Spur als ein blutiges Samurai-Schwert hinterlassen, das im reinen Schnee im Hof des Hauses steckt. Der Mord am frisch vermählten Paar gibt Rätsel auf, war doch das Schlafzimmer von innen verschlossen. Doch der private Ermittler Kosuke Kindaichi will den Fall unbedingt lösen…
Review: Dieser Roman ist der Auftakt einer ganzen Reihe von Geschichten rund um den Detektiv Kosuke Kindaichi. Insgesamt 77 Bücher hat Seishi Yokomizo über seinen Ermittler geschrieben, er gilt laut seinem deutschen Verlag als Japans beliebtester Krimiautor. Überzeugt hat mich diese Geschichte jedoch nur eingeschränkt.
Das liegt jedoch nicht am Kriminalfall selbst beziehungsweise an dessen Auflösung. Denn die kann wirklich überzeugen, kommt überraschend, aber ist nachvollziehbar, wenn man denn die verrückten Auflösungen des Genres akzeptiert. Das Motiv ist aus heutiger und westlicher Sicht vielleicht etwas – sagen wir mal – unerwartet, aber in Anbetracht der Kultur und der Entstehungszeit wohl angemessen. Nein, mein Problem mit dem Roman liegt eher woanders und das ist vor allem der etwas ungelenke Aufbau. Zwar ist es bei Sherlock Holmes ja auch so, dass die Geschichte über seinen Begleiter Dr. Watson erzählt wird. Aber hier ist der Erzähler ein anderer Autor, der die Geschichte Jahre später rekapituliert, ohne selbst dabei gewesen zu sein. Das wirkt teilweise etwas umständlich und nimmt der Story und den handelnden Figuren auch einen Großteil der Empathie. Als Leser war ich dadurch zwar an der Auflösung interessiert, aber eher aus einer profesionellen Rätsler-Sicht, als an dem Schicksal der Figuren. Dazu gesellt sich eine unerwartet starke Meta-Sicht auf die Handlung, vor allem in Betracht des Alters des Romans kommt das überraschend. Aber es wird so häufig von einer Locked-Room-Murder-Mystery gesprochen und dass dieses doch eine Art Heiliger Gral der Kriminalschreiberlinge wäre, dass es wirklich irritierened ist, wie hoch Yokomizo damit die Erwartungen an seine eigene Auflösung treibt. Diese wird denen, wie eingangs bereits geschrieben, zwar gerechet, verstärkt aber noch mehr den Eindruck, dass sein Interesse nicht den Figuren und deren Schicksalen galt.
Fazit: Die Auflösung ist so spannend wie ein Rätselheft, die Geschichte hätte aber besser erzählt werden können.
Diplomatische Beziehungen (Staffel 2, 6 Folgen, USA, Netflix) – 7 von 10
Die zweite Staffel der unterhaltsamen Thrillerserie um die US-Botschafterin Kate Wyler (Keri Russell) in London kann das ordentliche Niveau der erste Staffel (7/10) halten. Ich mache es mir einfach und kopiere einen Teil des Textes, den ich im vergangenen Jahr geschrieben habe: „Erzählt wird das in einer sehr unterhaltsamen Serie, dessen größtes Problem für mich die Unterhaltsamkeit war. Denn wird diese dem Thema gerecht? Muss sich die hochrangige Botschafterin damit beschäftigen, dass sie sich vor einem wichtigen Meeting bekleckert? […] Hätte man bei vertauschten Geschlechterrollen die Geschichte ebenso locker erzählt? Die Serie wäre eine Chance gewesen, unterschiedliche Erwartungen an eine Frau in der Rolle der Botschafterin zu zeigen, besonders im Zusammenspiel mit ihrem bekannten und beruflich anerkannten Mann (Rufus Sewell).“ Abseits davon sitzen die Twists am Ende jeder Folge – und besonders der am Staffelende – , die Locations sind schick und Rory Kinnear als hemdsärmeliger und zwielichtiger englischer Premierminister funktioniert immer besser als Gegenspieler. Es bleibt daher immer noch der Eindruck, es hätte noch einen Tick besser und auf Borgen Niveau werden können. Trotzdem bin ich bei der schon bestätigten Staffel 3 sicher wieder mit dabei.
Ausdrücklicher Hinweis: Diese Kritik kommt nicht ohne Spoiler aus.
Des Teufels Bad (Österreich) – 7 von 10
In den österreichischen Bergen im 18. Jahrhundert hat die frisch verheiratete Agnes (Anja Plaschg) Probleme, die an sie gestellten Erwartungen von ihrem Mann (David Scheid) und ihrer Schwiegermutter (Maria Hofstätter) zu erfüllen. Es ist keine angenehme Epoche. Es ist feucht und dunkel, das Leben verzeiht keine Träumereien, denn die Realität fordert alles ab. In dieser kargen und dünn besiedelten Gegend ist die Gemeinschaft entscheidend und diese kann keine Ausfälle vertragen. Und das wird schnell klar: Agnes ist dafür nicht geschaffen. Sie scheint alles falsch zu machen und findet ihren Platz in dieser Welt nicht. Sie zieht sich immer mehr in sich zurück. Optisch hat das die Regie von Veronika Franz und Severin Fiala ungeschönt eingefangen, die drei Hauptfiguren gehen voll in ihrer historischen Rollen auf und was für ein Glück war dieser Film untertitelt. Leider kann der Storyverlauf da nicht ganz mithalten. Schnell hat man verstanden, dass Agnes Probleme hat, ihr aber die tief religiöse Gesellschaft und das anstrengende Leben keine Zeit lässt, um sich ihnen zu stellen. Das wird sehr ausgereizt, bis Agnes schließlich resigniert und dem ein Ende setzen möchte. Der interessante Twist wird aber leider nicht so richtig ausgespielt, obwohl sich viele Hinweise darauf im Laufe des Films gefunden hätten. Ihr scheinbar willkürlicher Mord an einem kleinen Jungen macht sie zur Mörderin, die deswegen zwangsläufig hingerichtet wird. Aber sie konnte vorher ihre Sünden beichten und um Vergebung bitten, was einer Selbstmörderin nicht zugestanden hätte. Die Dimensionen dieser Handlung und des indirekten Selbstmordes erschloß sich mir jedoch erst mit der Abspanntafel, die darüber aufklärte, dass es im Mittelalter über 400 dokumentierte Fälle dieses Vorgehens gibt. Schade, dass das nicht klarer wurde.
Gesehene Spiele in dieser Saison: 11 von 13 Liga-Spielen = 85%. (Saison 2023/24: 76%)
Am Samstag erzielte der KSC einen schmeichelhaften 3:2 Auswärtssieg bei der SpVgg Greuther Fürth. Dafür drehten sie einen 0:1 Halbzeitrückstand und gingen durch die Tore von Zivzivadze, Conté und Schleusener in eine überraschende Führung, bevor die Fürther doch noch einmal ran kamen. Der KSC konnte die knappe Führung jedoch über die Zeit bringen. Damit nutzte der KSC in dieser Woche endlich die sich bietende Chance und springt auf Tabellenplatz 2. Bemerkenswert war noch die Einwechslung von Dominik Salz auf Seiten der Karlsruher. Mit immerhin 37 Jahren gab der Stürmer sein Debut in einer der Profiligen und half in den letzten 3 Minuten mit, den Sieg nach Hause zu bringen.
Die wichtigste Nachricht trudelte jedoch bereits unter der Woche ein: Nach langen Verhandlungen hat Trainer Christian Eichner mit seinem Team endlich seinen Arbeitsvertrag verlängert. Auf weitere, erfolgreiche Jahre!
2023 landete die Londoner Band The Tubs mit ihrem Debutalbum auf #5 meines Jahresrankings. Nun haben sie mit Cotton Crown für nächstes Jahr den Nachfolger angekündigt und dafür eine erste Single veröffentlicht. Diese heißt Freak Mode und ist recht flotte, harmonische Gitarrenmusik und damit genau ein Fall für mich. Für euch auch?
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!
Ein Kommentar
bullion
Ein sehr stimmungsvolles Mondfoto ist dir da gelungen.