KW 12/2023: Cry Wolf, Pig, Red Rocket, Fargo, Tulpenfieber und Veep
An jedem verdammten Sonntag erscheint der mediale Wochenrückblick. Zu viel mehr langt es im Moment offenbar leider nicht. Durch den Job und mit den finalen Arbeiten an meinem Schreibprojekt scheint mein kreatives Pulver so weit verbraucht zu sein, dass es hier nur noch für den Rückblick langt. Aber für den findet sich immer etwas: In dieser Woche einen Musiktipp aus Leipzig, den Abschluß von zwei Serienstaffeln und Dank eines Filmabends gleich drei Spielfilme.
Los geht’s:
Drama und Comedy gibt es in dieser Woche. Aber keine Dramedy, sondern beides feinsäuberlich getrennt.
Cry Wolf (Staffel 1, 8 Folgen, Dänemark, Arte) – 8 von 10
Die 14-jährige Holly (Flora Ofelia Hofmann Lindahl) schildert in einem Schulaufsatz Szenen häuslicher Gewalt. Alarmiert schaltet Hollys Lehrer das Jugendamt ein. Der Sozialarbeiter Lars (Bjarne Henriksen) soll helfen und will herausfinden, was es mit dem Hilfeschrei auf sich hat.
Die Serie ist keine leichte Kost, wenn man sieht, wie gleich zu Beginn Hollys Familie auseinandergerissen und die beiden Kinder zu einer Pflegefamilie gegeben werden. Scheint der Sorgerechtsstreit am Anfang recht klar und der Schritt berechtigt, wachsen danach doch langsam die Zweifel, ob Lars (Henriksen) nicht übereifrig gehandelt hat und es nicht nur Verlierer auf allen Seiten zu scheinen gibt. Die Serie schafft es, dass man die Blickwinkel aller Beteiligten verstehen kann, da es offenbar doch nicht nur die eine Wahrheit geben kann. Dem Thema angemessen ist die Erzählweise eher ruhig und nie knallig. Cry Wolf ist toll gespielt und erzählt, hat aber in der Mitte der Staffel auch einige Längen, wenn die Geschichte nicht so richtig weitergehen mag. Um dann am Ende aber noch einmal aufzudrehen.
Veep – Die Vizepräsidentin (Staffel 2, 10 Folgen, USA, Sky on Demand) – 7 von 10
Es sind Midterm Elections und Selina Meyer (Julia Louis-Dreyfus) tut ihr Bestes um den Präsidenten in dieser Zwischenwahl zu unterstützen. Umso mehr erhofft sie sich endlich mehr Befugnisse und spricht den Chef-Strategen des Präsidenten, Kent Davison (Gary Cole), darauf an. Sie hofft, bei der Lösung einer Geiselnahme in Usbekistan helfen zu können.
Nach der gelungenen ersten Staffel, muss ich der Veep leider in Staffel 2 einen Punkt abziehen. Der Grund ist simpel: Es soll eine Comedy sein, gelacht hatte ich im ersten Jahr allerdings mehr. Das ist insofern schade, weil die Staffel einige andere Kriterien sogar besser macht – der rote Faden z.B. ist nämlich sehr viel stärker ausgeprägt, was für diese Serie sehr gut passt. Dazu gibt es mit Cole einen interessanten Neuzugang im Cast und man bekommt tiefere Einblick ich das Team von Selina, u.a. zu Amy Brookheimer (Anna Chlumsky) und Gary Walsh (Tony Hale). Die Prognosen für die kommenden Staffeln sehen deshalb trotz der leichten Delle weiterhin gut aus.
Pig (USA, 2021, RTLzwei) – 8 von 10
Nicolas Cage als Einsiedler, dessen Trüffelschwein gestohlen wird, was ihn dazu zwingt, sich wieder in die Zivilsation zu wagen. Was zunächst als John Wick Abklatsch beginnt, entwickelt sich dann jedoch nicht zu einem Rache-Thriller, sondern zu einem Drama über die von Cage gespielte Figur. Er ist jemand, der nicht von der Gesellschaft verstoßen wurde, sondern mit ihr einfach nichts mehr zu tun haben will. An seiner Seite ist der Trüffelhändler Amir (Alex Wolff), der nach der Anerkennung von dieser Gesellschaft und von seinem Vater (Adam Arkin) lechzt. Interessante Geschichte, kurzweilige inszeniert – dem aber etwas mehr Düsternis in der zweiten Hälfte noch gut getan hätte.
Red Rocket (USA, 2021, Sky Cinema) – 7 von 10
Der ehemalige Pornostar Mikey (Simon Rex) landet wieder in seiner alten Heimat irgendwo in Texas und versucht sich dort, irgendwie über Wasser zu halten. Er ist eine Mischung zwischem einem Loser und einem Hochstapler, der es doch immer wieder schafft, die anderen um den Finger zu winkeln – in dem Film ist es seine Ex-Freundin Lexi (Bree Elizabeth Elrod), die ihn wieder bei sich wohnen lässt, und die junge Verkäuferin Strawberry (Suzanna Son), der er den Kopf verdreht. Der Blick in die White Trash Welt Amerikas ist kurzweilig anzuschauen und punktet durch den sympathischen und unverbrauchten Cast, muss aber mit manchen Schlenkern in der Story umgehen.
Tulpenfieber (UK, 2017, Joyn) – 6 von 10
Nach dem Besuch der Flowers Forever Ausstellung neulich hat mir eine Freundin diesen Film empfohlen – mit dem Hinweis, Alicia Vikander würde mitspielen. Da ich auf diesen Trigger reagiere, habe ich mir den Film angeschaut und musste festellen, dass man mir da eine Romanze vor historischem Hintergrund untergejubelt hat. So konnte ich der Haupthandlung mit ihr und Christoph Waltz wenig abgewinnen (und fand sie auch ziemlich unglaubwürdig) und war enttäuscht darüber, dass die Nebenhandlung über die niederländische Tulpenbörse im 17. Jahrhundert nicht mehr Raum bekommen hat.
Die Leipziger Band Fargo beschreibt sich selbst als eine Post-Rock Band, deren Wurzeln irgendwo zwischen Russian Circles und Sigur Rós liegen. Damit verweisen sie auf gleich zwei Bands, die mich aufhorchen lassen. Und dann noch dieses: Auf ihrem neuen Album Geli haben sie die vier Stücke nach deutschen Städten benannt, darunter den Abschlußtrack nach der Stadt, in der ich vor sehr vielen Jahren mal studiert hatte: Pforzheim. Wie würden sie dieses graue Betonstädtchen wohl vertonen?
Ja, düsterer und schwerer Rock passt da schon ganz gut. Als abschließende Worte wurde eine Rede von Winston Churchill unter die Musik gelegt. Er war britischer Premierminister, als die Stadt 1945 aus der Luft angegriffen wurde. Also auch nicht unpassend.
Und das war’s für diese Woche. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und freut euch: Der Frühling naht.