KW 01/2023: Glass Onion, Was man von hier aus sehen kann, The Lost City, 3022, Springsteen und der innere Winter
Happy Sunday!
Endlich (?) ist diese orientierungslose Zeit zwischen den Jahren vorbei, in denen man nie weiß, welcher Wochentag heute ist. So langsam bekommen unsere Leben wieder Struktur und Halt, also das, was unsere Körper nach den Weihnachtsfeiertagen verloren haben. Für mich liegen auch schon die ersten Arbeitstage des jungen Jahres hinter mir, wobei eine Drei-Tage-Woche zum Einstieg noch sehr entspannt ist.
In den Tagen über Weihnachten war es auf diese Seite etwas ruhiger. Das hatte vor allem diesen Grund: Ich war im Familienurlaub und habe meine Eltern für eine Woche nach Norwegen begleitet. Weihnachtsferien mal anders! Der Bericht dazu folgt im Laufe der nächsten Tage. Genau wie der Rückblick auf mein Blogjahr 2022.
Zunächst aber die erste 2023er Ausgabe des medialen Wochenrückblickes. Mit einer eilig eingeschobenen Serie, meinem TV-Neujahrsprogramm, einem Ausflug ins Kino und einem musikalischen Altmeister.
Auf der Rückfahrt aus Norwegen blieb ich für eine weitere Übernachtung in Hamburg und habe dort Freunde getroffen und ein kurzes, klassisches Touristenprogramm abgespult mit Alster, Rathaus, Landungsbrücken und Elbphilharmonie. Und auch die Speicherstadt ist immer wieder ein schönes Motiv.
Um auch gleich in der ersten Woche eine Serie vorstellen zu können, habe ich auf eine Miniserie aus Frankreich zurückgegriffen, die ich mir vor ein paar Wochen auf Arte aufgenommen hatte. Eine gute Idee?
Der innere Winter (Staffel 1, 3 Folgen, Frankreich, Arte) – 5 von 10
Schriftstellerin Nathalie (Audrey Fleurot) hat seit einem Bestseller vor einigen Jahren nichts mehr zu Papier gebracht. Folglich ist sie überglücklich, als ihre Kreativität zurückkehrt und sie wieder schreiben kann. Doch nun steht zuerst Weihnachten vor der Tür und mit ihrem Ehemann Marc (Cédric Kahn) erwartet sie Gäste. Nathalie bereitet das Essen mit Tochter Alice (Lily Taieb) vor, während Marc seine Eltern vom Flughafen abholt. Als Nathalie dann Anrufe von einer unbekannten Nummer erhält, fühlt sie sich unsicher. Auch ein Video, das sie und Marc schlafend im Bett zeigt, wird ihr zugeschickt. Das abseits gelegene, eingeschneite Haus in der winterlichen Einöde wird plötzlich unheimlich und erdrückend. Sind Nathalie und Alice wirklich allein im Haus?
Ein abgelegenes und steriles Haus, von der Außenwelt abgeschnitten: Es ist kein neues Szenario, aus dem sich dieser Psychothriller entwickelt. Besonders preiswertere Produktionen bedienen sich gerne an diesem Setting. Um sich hier von der Konkurrenz abzuheben, braucht es eine besondere Idee und gute handwerkliche Fähigkeiten. Die besondere Idee dahinter ist die Beziehung zwischen Mutter und Tochter, deren Anfänge in vielen Rückblenden gezeigt werden. Leider geht dadurch immer wieder die Dynamik im Haus flöten. Und selbst das, was wir dort sehen, scheint sich öfter zu wiederholen: Nathalie sieht etwas vorbeihuschen – oder war das doch nur Einbildung? Und wie oft sie vor irgendwelchen abgeschlossenen Türen steht, auf der Suche nach ihrer Tochter… das mag alles metaphorisch clever gemeint sein, auf dem Bildschirm fängt es nach einer Weile jedoch an zu langweilen. Da können auch die gelegentlichen Mystery-Einsprängsel nicht mehr viel retten. Inszeniert ist die Geschichte auch relativ bieder, das kunstvollste sind da noch manche Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Insgesamt leider dadurch nur Durchschnittsware. Schnell geguckt, schnell vergessen, schade darum ist es nicht.
Was man von hier aus sehen kann (Deutschland) – 8 von 10
Um den bei Literaturverfilmungen den wichtigen Satz gleich an den Anfang zu stellen: Den zu Grunde liegendenden Besteller von Mariana Leky kenne ich nicht, die Verfilmung von Aron Lehmann funktioniert aber auch so ausgesprochen gut. Sie stellt Luise (jung: Ava Petch, erwachsen: Luna Wedler) in den Mittelpunkt und lässt uns durch ihre Augen die fast märchenhafte Kleinstadtidyelle in einem Dorf im Westerland entdecken. Es ist eine simple Welt, in der der Optiker (Karl Markovics) „Optiker“ heißt und das Eis-Café „Eis-Café“ und immer wenn ihre Großmutter Selma (Corinna Harfouch) von Okapi träumt, stirbt danach jemand aus dem Ort. Und im Angesicht des naheden Todes verspüren die Bewohner einen Drang zur Wahrheit. Der Film ist skurill, witzig und traurig und keine Minute zu lang. Er erweckt eine simplere Welt zum Leben, in der auch nicht alles einfach ist. Es sind kleine Dramen in einer kleinen Stadt, in der jeder seine versteckten Wünsche hat und alle einen Weg finden müssen, mit Schicksalsschlägen umzugehen – und meine Güte: Der zentrale Schlag des Films sitzt wirklich gut. Wer mal wieder einen schönen, deutschsprachigen Film im Kino sehen möchte, der ist hier bestens aufgehoben.
Glass Onion: A Knives Out Mystery (USA, 2022, Netflix) – 8 von 10
Nach dem großen Erfolg des ersten Films um den Ermittler Benoit Blanc (Daniel Craig) war schnell klar, dass Autor und Regisseur Rian Johnson eine Fortsetzung liefern würde. Netflix erwarb für schlappe 469 Millionen US-Dollar die Rechte an diesem und an einem dritten Film. Und wie man ja weiß, ist es mit den Netflix-Filmen so eine Sache… aber überraschenderweise funktioniert Glass Onion sehr gut. Blanc ermittelt dieses Mal auf der Insel des superreichen Miles Bron (Edward Norton), der eine Reihe seiner Freunde (u.a. Kate Hudson, Dave Bautista, Leslie Odom Jr., Kathyrn Hahn und Janelle Monáe) eingeladen hat – um mit ihnen dort eine Art Krimidinner zu veranstalten. Nun, es entwickelt sich anders als gedacht und irgendwann erinnert nur noch die Grundkonstellation an den Klassiker Eine Leiche zum Dessert. Danach wird es unübersichtlich und wenn Blanc erst einmal zum Aufklären ansetzt, ist doch einiges anders als gedacht. Der Film ist witziger geworden als Knives Out, dafür ist der Murder Mystery Part nicht mehr ganz so filigran ausgearbeitet. Man merkt dem Buch und den Darstellern an, dass hier der Spaß ganz klar im Vordergrund stand. Und den hat man auch vor den Bildschirmen und kann sich an den Wendungen, der Kulisse, den Gastauftritten und das Gehabe der Reichen erfreuen. Etwas schade ist, dass der Showdown des Filmes, wenn erst einmal die Gläser klirren, etwas beliebig wirkt und dabei die vorangegangene Mörderjagd kaum noch aufnimmt.
The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt (USA, 2022, Sky Cinema) – 7 von 10
Ein kurzweiliger Abenteuer-Spaß ist dieser Film mit Sandra Bullock als Autorin von Liebesschnulzen, die mit ihrem Coverboy Channing Tatum auf einer Insel im Atlantik strandet. Die großen, bildgewaltingen Stunts wie Uncharted fehlen, was ihn aber sogar etwas sympathischer macht. Trotzdem fehlt ihm noch das gewisse Etwas – vielleicht war mir Tatums Figur etwas zu platt oder die Handlung zu vorsehbar. Unterhält für den Moment aber auf jeden Fall ganz gut.
3022 (USA, 2019, Joyn) – 4 von 10
Zunächst mal das größte Missverständnis: Der Sciene-Fiction-Film spielt nicht im Jahre 3022. Die Raumstation, auf welcher der Film spielt, wird schon deutlich früher der letzte Lebensort der Menschheit. Was sich dort in dem Low-Budget-Film abspielt, sieht optisch zwar ganz okay aus, hat man inhaltlich aber schon oft gesehen und leider auch besser. Als einzelne Episode einer Weltraum-Serie wäre das vielleicht noch annehmbar, als eigenständiger Film ist es allerdings etwas dünn. So ziehen sich die nur 92 Minuten doch sehr lange dahin.
Lassen wir das musikalische Jahr mal mit dem Boss beginnen. Bruce Springsteen hat vor einigen Wochen das Cover-Album Only The Strong Survive aufgenommen, in dem er seinen liebsten Soul-Songs huldigt. Daraus ist kein revolutionäres Album geworden, aber ein paar nette, unbeschwerte Nummern wirft die Veröffentlichung schon ab. Wie das schöne Nightshift von den Commodores. Und wer weiß, vielleicht nimmt er auch ein paar der Stücke mit auf seine diesjährige Tour.
- Bringen Scherben Glück?: Die ersten Scherben des Jahres habe ich gleich am 2. Januar produziert. Wie sich herausgestellt hat, überlebt das Fläschen mit dem Nasenspray keinen Sturz von einem anderthalb Meter hohen Regal. Für Ersatz wurde umgehend gesorgt.
- Was bringt das Jahr 2023?: Weiterhin hängt nur ein einzelnes Konzertticket für dieses Jahr bei mir an der Wand: Springsteen in München. Aber dafür ergeben sich langsam andere Termine: Zum Beispiel ein Musik-Festival in Linz im Juni, der Besuch der Frankfurter Alten Oper im Juli und – erstmals – habe ich mir eine Dauerkarte für das Fantasy Filmfest gegönnt. Aber nur für die White Nights im Februar, das sind lediglich zwei Tage mit zehn Filmen, das werde ich hoffentlich durchstehen.
- Die erfolgreichsten Filme in Deutschland 2022: Wer sich etwas mehr für das Kino-Business interessiert, wird mit Sicherheit seine Freude an der Aufstellung von Kino Inside über die Top100 Filme nach Besuchern in Deutschland haben. Mein Lieblingsfilm 2022 – Top Gun Maverick – war sogar der dritterfolgreichste Film des Jahres und weist dabei die beste IMdb-Bewertung im gesamten Ranking auf. Der erfolgreichste Film, der keine Fortsetzung war oder zu einem Franchise gehört, findet sich übrigens erst auf #10 wieder: Wunderschön von Karoline Herfurth.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in das neue Jahr!
4 Kommentare
sori1982
Es ist davon auszugehen, dass Bruce Springsteen bei seiner kommenden Tournee ein paar Nummern aus dem Soulalbum singen wird. Ich gebe zu, hoffentlich weniger als mehr, weil ich mich danach sehne, mit weiteren Premieren von Liedern aus seiner Feder beglückt zu werden.
Aber als Hintergrundmusik auf YouTube ist sein Soulalbum genießbar.
Das Foto von der Speicherstadt ist sehr schön geworden! Hamburg ist auch immer eine Reise wert!
Nummer Neun
In seinen drei Stunden langen Setlists wäre ja genug Zeit für beides 🙂
Stepnwolf
Siehst du den Boss etwa auf Tour? Klingt zumindest so im obigen Satz…
Nummer Neun
Genau. Hier in München im Olympiastadion.