Sportlich,  Was mit Medien

KW 50/2022: Der Weltmeister, Der Kaiser, Soylent Green, She Said, Inside Man, Battlestar Galactica und Servus Baby

Wir haben einen neuen Weltmeister! Und was war das für ein unfassbares Spiel! Sporthistorisch! Das beste WM-Finale, an das ich mich erinnern kann. Aber dazu gleich mehr.

Zunächst der Teaser für den klassischen medialen Wochenrückblick. Zwei kurze Serienstaffeln konnte ich in dieser Woche beenden und mit einem meiner Serien-Jahresprojekte abschließen. Dazu war ich am vergangenen Wochenende noch im Kino und ein Filmabend stand auch noch an. Praller wird der Wochen-Rückblick in diesem Jahr nicht mehr werden!

Gesehen: 32 von 64 WM-Spielen = 50% (zum Vergleich: 70% waren es am Ende bei der WM 2018).

Bereits vor dem Turnier hat FIFA-Präsident Gianni Infantino die WM 2022 zur besten der Geschichte erklärt und hat es sich am Finaltag noch einmal selbst bestätigt. Kann man ihm das verdenken? Finanziell gesehen sollte das stimmen und auch organisatorisch könnte das sein. Sportlich war das dagegen meist eher nur Durchschnitt und über das ganze Drumherum wurde vor allem im Vorfeld genug geschrieben.

Außer Frage steht dagegen die Qualität des Finals. Argentinien gegen Frankreich. Das war schon bei der WM 2018 das Highlight des Turniers gewesen. Und jetzt wieder. Was für ein Spiel, was für eine unglaubliche Dramatik! Große Spieler entscheiden große Spiele. Und hier: Lionel Messi mit zwei Toren in seinem letzten Länderspiel (dazu Di Maria ebenfalls in seinem letzten Spiel mit einem Tor), Kylian Mbappé sogar mit drei Treffern. Der Spieler des Turniers und neuer WM-Rekordspieler auf der einen Seite, der Torschützenkönig des Turniers auf der anderen Seite.

Nach einer souveränen ersten Hälfte liegt Argentinien mit 2:0 in Front, Frankreich kommt kurz vor Schluß doch noch zum Ausgleich. Verlängerung. Tore von Messi auf der einen und Mbappé auf der anderen Seite – 3:3 und Elfmeterschießen. Und da wird der beste Torwart der Veranstaltung, Emiliano Martinez, erneut zum Helden. Etwas Schadenfreude muss sein, es war der Bayern-Spieler Coman, der einen der französischen Elfmeter verschießt. Und dann war es soweit: Messi, der auf der Zielgeraden noch das ewige Duell mit Ronaldo für sich entschieden hat, darf den WM-Pokal, die bedeutenste Trophäe im Fußball-Sport, in den katarischen Abendhimmel recken. Als Kapitän dieser Mannschaft war das seine Krönung. Und damit gewinnt diese Winter-WM genau das Land, in dem zur Zeit Sommer ist: Argentinien. Sie dürfen sich nun am vierten Advent den dritten Stern auf ihrTrikot setzen.

Bronze geht an Kroatien, die sich mit 2:1 im kleinen Finale gegen Marokko durchgesetzt haben und damit eindrucksvoll ihren zweiten Platz der letzten WM bestätigten. In der Gruppenphase ging dieses Duell übrigens noch 0:0 aus. Aber auch Marokko kann stolz auf das Team sein, es ist die beste Platzierung eines afrikanischen Teams aller Zeiten und ihre Fans im Stadion gehörten mit den argentinischen Fans zu den Highlights des Turniers.

Und Saudi-Arabien darf sich jetzt WM-Pokal-Sieger-Besieger nennen.

Battlestar Galactica (Staffel 4, 23 Folgen, USA, Peacock) – 7 von 10

Nach den Enthüllungen am Ende der letzten Staffel wissen die eingeschleusten Zylonen noch nicht, wie sie mit dieser Informationen umgehen sollen. Gleichzeitig gibt es auch unter den Zylonen Konflikte. Dr. Gaius Baltar (James Callis) indes findet sich in einer neuen Rolle wieder.

Die Serie kommt mit dieser vierten Staffel zu einem versöhnlichen Ende. Der Weg dorthin ist jedoch nicht ganz leicht, die Serie springt immer wieder zwischen den Schauplätzen hin und her und nimmt sich auch die Freiheit, zeitlich vor und zurück zu springen. Mich hatte sie dadurch zur Mitte der Staffel verloren – ganz zu schweigen vom anfangs in die Nummerierung eingefügten Fernsehfilm Auf Messers Schneide. Auch die neuste Wandlung von Baltar hat mich nicht überzeugt. Der kurrige Admiral Adama (Edward James Olmos) bleibt das Highlight der Serie, auch wenn er in dieser Staffel oft nur in der zweiten Reihe steht, Frau Präsident Roslin (Mary McDonnell) ist aufgrund ihrer Krankheit nicht mehr ganz so aktiv und der junge Adama (Jamie Bamber) versucht sich mehr in der Politik und wirkt dadurch auch etwas verschenkt. Kurz: Die vierte Staffel fand ich etwas schwächer, aber sie findet trotzdem einen würdigen Abschluß der Serie.

Inside Man (Staffel 1, 4 Folgen, UK, Netflix) – 7 von 10

Die britische Miniserie handelt von einem ehemaligen Juraprofessor (Stanley Tucci), der als Mörder in einer US-amerikanischen Todeszelle einsitzt und nebenbei noch als Berater bei Kriminalfällen tätig ist, und vom Geistlichen Harry Watling (David Tennant) in einer englischen Kleinstadt und einer Mathematiklehrkraft (Dolly Wells), die auf unerwartete Weise in die selbe Geschichte verwickelt werden.

Die neue Serie von Sherlock-Schöpfer Steven Moffat weist Licht und Schatten auf. Das Licht ist die Story um den Geistlichen, der bei dem Versuch, das Richtige zu tun, immer tiefer in einen Strudel gerät, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt. Im Zusammenspiel mit der von Wells gespielten Figur, seiner Ehefrau Mary (Lyndsey Marshall) und seinem Sohn Ben (Louis Oliver) ist das spannend und tragisch und steuert auf einen großen Showdown hin. Die andere Story funktioniert dagegen nur in Teilen. Tucci, als auf den Tod wartender Mörder, harmoniert mit seinem Sidekick Atkins Estimond zwar noch ganz gut, im Gesamtkonstrukt ist seine Figur aber der große Schwachpunkt. Er spielt den genialen Ermittler, gefesselt an einen Ort, der aber von dort aus nur mit dem Telefon Fälle lösen kann. In seiner Genialität ist er Holmes aus Moffats früherer Serie ebenbürtig – nur macht man sich hier nicht einmal mehr die Mühe, seine Fähigkeiten irgendwie zu erklären. So sind die Fälle, die er in den ersten beiden Episoden bearbeitet, komplett egal und die Auflösung völlig willkürlich. Das schlimmste aber: Seine Figur hat so gut wie gar keinen Einfluß auf die wesentlich interessante Gesamthandlung um David Tennant. Ihr kennt die Theorie, dass die Figur Indiana Jones keinerlei Bedeutung für die Ereignisse im Film Indiana Jones hat? Nun, hier ist es genauso. Nur mit viel wohlwollen darf man die Verbindung zwischen den beiden großen Erzählsträngen noch „dünn“ nennen. Schade, dass man aus der guten Grundidee nicht mehr gemacht hat, weil Schauspiel und Inszenierung ist beides gelungen.

Servus Baby (Staffel 3, 4 Folgen, Deutschland, ARD Mediathek) – 6 von 10

Öffentlich-rechtlich gemächlich wurde nach mehr als zwei Jahren Wartezeit die dritte Staffel der münchnerischen Dramedy nachgeschoben. Mittlerweile sind die vier Freundinnen (Josephine Ehlert, Genija Rykova, Xenia Tiling, Teresa Rizos) in mehr oder weniger festen Beziehungen und müssen sich nun um ihre Zukunft kümmern. Wie soll es für sie privat und beruflich weitergehen? Ereignisse rund um Weihnachten bieten ihren Leben Möglichkeiten, neue Richtungen einzuschlagen.

Wahrscheinlich überrascht es niemandem, wenn ich sage: So eine Serie entspricht normalerweise nicht meinem Beuteschema. Aber: München als Spielort gibt dem ganzen eine gewisse Relevanz und die Kürze der Staffel ist eher ein Plus- als ein Minuspunkt. Und so meine ich es wirklich positiv, wenn ich schreibe, dass die Serie nett ist. Bodenständige Figuren haben nachvollziehbare Probleme, die sie vielleicht etwas unerwartet innovativ lösen wollen. Jede Folge nimmt dabei eine andere der vier Hauptfiguren ins Visier, so dass alle der vier Geschichten nur eine überschaubare Tiefe haben. Und das ist halt insgesamt: Nett. Aber etwas mehr zum Lachen hätte es durchaus geben können. Wobei die Nummer mit der Spritze schon nicht schlecht war. Vielleicht nur etwas zu erwartbar. Sollte es 2024 zu einer vierten Staffel kommen, wäre ich aber wahrscheinlich trotzdem wieder mit dabei.

She Said (USA) – 8 von 10

Thriller um die Recherche von Journalisten und Journalistinnen sind meist spannend, angenehm seriös und fundiert. Auch She Said von Maria Schrader (mit deren Ich bin dein Mensch mein Filmjahr startete) steht in dieser Tradition. Carrey Mulligan und Zoe Kazan decken nach und nach die übergriffigen Verhaltensweisen von Howard Weinstein im Filmgeschäft auf. Dabei kommt der Film die meiste Zeit ohne letzterem aus, dankenswerterweise wird die meiste Zeit nur über ihn geredet und nicht mit ihm, lediglich gegen Ende wird er von hinten gezeigt. So ist es ein Film über die Betroffenen geworden, Ashley Judd spielt sich zum Beispiel selbst, und über die Arbeit der Presse, die sich hier behutsam dem Thema nähert, umsichtig mit den Informationen und den Betroffenen umgeht und sich über die Verantwortung der Veröffentlichung Gedanken macht. Eine Idealvorstellung für den Journalismus in einer Zeit, in der das Misstrauen gegenüber den Medien in manchen Gesellschaftsgruppen gewachsen ist. So wie die journalistische Arbeit hier gezeigt wird, so ist auch der Film selbst: Ruhig, wenig wertend und alles andere als plakativ. Und das ist gut.

Jahr 2022… die überleben wollen (USA, 1973, Arte) – 9 von 10

…auch weitläufig bekannt unter dem Namen Soylent Green. Fast auf dem letzten Drücker konnte ich diese klassische Ökodystoptie von Richard Fleischer mal wieder schauen, so lange wir uns noch in dem Jahr befinden, in dem der Film spielt. Überbevölkerung, Resourcenknappheit, Umweltverschmutzung, soziale Ungleichheiten, Geschlechter-Diskriminierung – man kann kaum klappen, dass der Film bereits 50 Jahre alt ist. Neben dem Drumherum bietet der Film auch eine Crime-Story, die schnell auf den Punkt kommt, Charlton Heston als ambivalente Hauptfigur, viele unvergessliche Szenen (die Euthanasie-Szene mit Edward G. Robinson, das gemeinsame Essen, die Bagger) und eine der bekanntesten Auflösungen der Filmgeschichte, die den tollen Rest fast etwas verblassen lässt. Was für ein Klassiker!

Der Kaiser (Deutschland, 2022, Sky Cinema) – 6 von 10

Klaus Steinbacher ist Franz Beckenbauer und verkörpert ihn in den Jahren von 1963 bis 1990. Es ist ein unterhaltsamer Film über die Schicksalsjahre des Kaisers, locker erzählt und luftig an den Fakten orientiert. Die Fußball-Szenen sind recht ansehnlich geworden, dank eines gelungenen Zusammenschnitts von Spiel- und Realszenen, auch wenn die Nebenfiguren nur entfernte Ähnlichkeiten mit den bekannten Spielern haben. Beckenbauer durchbricht immer wieder die vierte Wand und spricht direkt zum Zuschauenden – so zum Beispiel bei seinem legendären Spaziergang nach Abpfiff des WM-Finals 1990 – allerdings ohne uns dadurch in seine Gedanken schauen zu lassen. Das Stilmittel wird leider nur als Teaser genutzt. Insgesamt geht der Film selten dorthin, wo es weh tut, sondern er hüpft munter von einem sportlichen oder privaten Wendepunkt zum Nächsten. Den Menschen Beckenbauer bringt der Film uns kaum näher – selbst sein Gründungsmythos mit der Watschn bei den Sechzigern wird nur beiläufig erwähnt – und man muss seine Stationen schon halbwegs im Kopf haben, um dieser Geschichte folgen zu können. Wie er zu einem der größten Fußballer des Landes werden konnte, was ihn vor und nach der Karriere antrieb, ob seine lockere Pressearbeit berechnend oder unabsichtlich waren, das alles lässt sich leider nur erahnen.

The Weekend Away (USA, 2022, Netflix) – 6 von 10

Zwei Amerikanerinnen (Leighton Meester und Christina Wolfe) verbringen ein paar Tage in Kroatien, gehen feiern, aber nur eine taucht am nächsten Morgen wieder auf. Was ist in der Nacht passiert? Klassischer Thriller auf TV-Film Niveau. Unterhält ganz gut und ist in der zweiten Hälfte sogar recht spannend, auch wenn die Hauptfiguren natürlich einige seltsame Entscheidungen treffen und sämtliche Männer im Film zwielichtig sind und den Frauen nichts gutes wollen. Platt, aber ansehbar.

Und das war es für heute. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die Weihnachtswoche!

5 Kommentare

  • Stepnwolf

    Den Kaiser Film fand ich sehr oberflächlich und definitiv viel zu beschönigend. Die wirklich spannenden Themen nach seiner aktiven Zeit wurden komplett ausgespart. Aber gut, das war wahrscheinlich auch nicht das Anliegen dieses Films…

    • Nummer Neun

      Seine Zeit als Funktionär war ja offensichtlich wirklich nicht das Thema, sondern seine sportliche Karriere. Das wäre im Prinzip ja auch in Ordnung, wenn man denn diesen Teil wenigstens etwas eindrucksvoller umgesetzt hätte.

Schreibe eine Antwort zu Nummer NeunAntwort abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.