KW 47/2022: Why Are You Like This?, Wolf Alice, WM-Woche I, Wilde Gänse und NCIS
Happy Sunday!
Heute mal etwas später, aber es machte mehr Sinn, das Spiel Deutschland gegen Spanien noch abzuwarten. Dazu aber später mehr. Zunächst zum medialen Wochenrückblick, der dieses Mal sehr international geraten ist: Mit Serien aus Australien und den USA, Musik aus England und einem Film aus China.
NCIS (Staffel 19, 21 Folgen, USA, Sat.1) – 7 von 10
Nach der Explosion seines Bootes kann sich der suspendierte Gibbs (Mark Harmon) gerade noch an Land retten und Special Agent McGee (Sean Murray) kontaktieren. Der FBI-Agent Alden Parker (Gary Cole) wird eingesetzt, um Gibbs zu finden und zu verhaften.
Die Macher von NCIS haben ja mittlerweile Erfahrung darin, mit Wechseln im Cast umzugehen. Und so klappt es auch in diesem Jahr relativ geräuschlos die beiden Neuen, nämlich Parker (Cole) und Knight (Katrina Law) zu integrieren und damit sogar relativ schnell die Hauptfigur der letzten 18 Jahre (Harmon) vergessen zu lassen. Da wird sich mal kurz geschüttelt und dann geht es einfach weiter. Das klingt nach Routine, aber sie tappen noch nicht einmal in diese Falle. Ich habe mit dieser Staffel, unmittelbar nachdem ich die erste Staffel von NCIS: Hawaii gesehen habe, angefangen und muss sagen: Das hier war vom Start weg dramatischer und abwechslungsreicher als das neuste Ableger. Natürlich trifft das nicht auf alle Folgen der Staffel zu – besonders in der zweiten Hälfte wird es manchmal doch etwas dünn – aber doch noch für so viele, dass man der Serie weiterhin verdiente 7 Punkte geben kann. Die Fälle sind meist spannend und ab und an auch persönlich, die Harmonie im Team stimmt und die Figuren sind interessant. Natürlich ist das Massenware, aber die Qualität setzt sich trotzdem durch.
Why Are You Like This? (Staffel 1, 6 Folgen, Australien, Netflix) – 7 von 10
Drei Freunde (Naomi Higgins, Olivia Junkeer und Will King) suchen im australischen Melbourne ihren Weg durch ihre 20er, Arbeit, Identitätspolitik und One-Night-Stands.
Die Kreativen wollten „das Dreckigste schreiben, was jemals im australischen Fernsehen lief“ – mangels meiner Kenntinisse vom australischen Fernsehmarkt kann ich schwer beurteilen, ob ihnen das gelungen ist. Unverkrampft ist diese Comedy aber auf jeden Fall. Dabei bietet sie neben einigen Schlüpfrigkeiten auch satirische Überspitzungen von aktuellen Political Correctness Diskussionen. Wie meine frühere Professorin mal sagte: Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint und so entwickelen sich hier viele Versuche von Penny (Higgins), gutes zu erreichen, ins genaue Gegenteil. Mia (Junkeer) dagegen schiebt gerne einige Opferrollen vor, um es sich selbst bequemer zu machen. Das klingt jetzt danach, als wäre die Serie vor allem für diejenigen geeignet, die sich über die sogenannte wokeness lustig machen wollen, was aber deutlich zu kurz greift, da die Serie verschiedene Perspektiven versucht zu zeigen. Insgesamt eine lustige, kleine und unkoventionelle Serie, die ihre Hauptfiguren bei allen guten Absichten immer wieder an sich selbst scheitern lässt. Letztlich fehlt ihr aber etwas die klare Haltung, was jedoch bei diesem Konzept dringend notwendig gewesen wäre.
Der See der wilden Gänse (China, 2019, Arte) – 5 von 10
Der Film spielt in Wuhan, ist aus dem Jahr 2019 und trotzdem geht es nicht um ein Virus. Dafür erzählt Regisseur und Autor Yi’nan Diao die Geschichte eines Gangsters (Ge Hu) auf der Flucht. Leider etwas sehr arthouselastig, zwar mit sehr vielen interessanten Kameraeinstellungen (ich hoffe, das echte Wuhan ist nicht ganz so trist), und etwas sehr verworren erzählt. Irgendwann fehlte mir dann doch die Lust, mich darauf einzulassen.
Wolf Alice (UK) – München, Muffathalle
Wenn jemand seine Konzerte mit einem Smile eröffnen und einer Giant Peach beenden kann, dann sind das wohl die Engänder von Wolf Alice. Zwischen diesen beiden Songs war die Setlist ein wilder Ritt von Grunge über Punk bis zu hymnischen Balladen – nach drei Alben decken sie eine beachtliche Spannweite ab und können sich überall zu Hause fühlen. Ankerpunkt auf der Bühne ist Sängerin und Gitarristin Ellie Rowsell, aber auch die beiden Jungs an ihrer Seite, Joff Odie und Theo Ellis, machen ordentlich Wirbel auf der Bühne, wohingegegn ihr Drummer fast etwas unter geht.
Dem Publikum gefällt es, auch wenn es bei den ersten, schon durchaus flotten Stücken, noch recht gemütlich vor der Bühne zugeht und es erst im Laufe des Auftritts lebhafter wird. Die Muffthalle ist angenehm gut gefüllt und sehr angetan von der Band. Meine Highlights waren You’re A Germ, Space & Time, Silk und die schöne Ballade The Last Man On Earth. Erwähnenswert noch Lipstick On The Glass, welches die Band ein zweites Mal starten musste, weil die Sängerin von den auf die Bühne geworfenen Rosen aus dem Konzept geriet.
In der Zugabe erhielten wir mit Moaning Lisa Smile und Don’t Delete The Kisses noch einmal zwei ihrer ganz großen Songs, bevor sie uns in die kalte Nacht entließen. Für euch gibt es dagegen einen Clip aus dem Sommer.
Gesehen: 15 von 28 WM-Spielen = 54 % (dieses Wochenende hat den Zähler nach oben schnellen lassen).
Die erste Woche der Winter-WM (bzw. der Sommer-WM, wie man auf der Südhalbkugel sagt) in Katar liegt hinter uns und wenn man sich nur mal das Geschehen auf dem grünen Rasen anschaut, dann war das bisher noch recht mau. Von den bisherigen 28 Spielen endeten 5 mit 0:0, in weiteren 14 Spielen fielen nicht mehr als zwei Tore. WM-Stimmung ist immer noch nicht aufgekommen, trotz Home Office blieb auch bei mir der Fernseher tagsüber meist aus. Und offenbar nicht nur bei mir, entgegen meiner Prognose bleiben die gemessenen Reichweiten in Deutschland weit hinter denen aus den Vorjahren, selbst wenn man alle möglichen Effekte wie eine verstärkte Nutzung von Streams im Büro oder den Einstieg von Magenta TV im Hinterkopf behält (siehe DWDL 1 und DWDL 2).
Und in den Stadien? Trotz deutlich erkennbarer Lücken in den Blöcken – die Bilder vom Eröffnungsspiel gingen ja um die Welt – veröffentlicht die FIFA unglaubliche Zuschauerzahlen. Katar – Ecuador: 67.372 (bei einer offiziellen Kapazität von 60.000). England – Iran: 45.334 (Kapazität: 40.000). USA – Wales: 43.418 (Kapazität: 40.000) (siehe Eurosport).
Die schönsten Trikots dieser Weltmeisterschaft hat übrigens Mexiko. Doch ehrlich, ich habe auf Spiegel den Test gemacht! Die Trikots helfen aber nichts, wenn man in seinen ersten beiden Spielen kein einziges Tor erzielt.
Das Team der Woche ist bisher die Mannschaft aus dem Iran. Nach ihrem starken Protest gegen die iranischen Machthaber im ersten Spiel gegen England (siehe Sportschau), folgte im zweiten Spiel gegen Wales ein dramatischer und emotionaler Sieg in der Nachspielzeit.
Stichwort Nachspielzeit: Diese nimmt bei dieser WM ungeahnte Ausmaße an und liegt im Regelfall mittlerweile gerne zwischen 5 und 10 Minuten. Zwar mag das Ziel, die Nettospielzeit zu erhöhen, ja nachvollziehbar sein, aber auf diese Weise wird es leider komplett beliebig.
Stichwort Protest: Seit der Sache im Stuttgarter Rathaus wurde von Männern nicht mehr so leidenschaftlich über Binden diskutiert wie in der vergangenen Woche. Was war passiert? Nachdem schon lange klar war, dass die Kapitäne der führenden Teams aus West- und Nordeuropa nicht mit der Regenbogenbinde am Arm auflaufen dürfen, hatte man sich eigentlich mit der FIFA auf das Tragen einer One Live Binde mit großem Herzen und farbigen Streifen verständigt. Ein Kompromiss, klar. Nun fiel der FIFA allerdings zwei Tage vor dem Start der WM ein, dass in Katar, wo der herrschende Emir Tamim bin Hamad Al Thani mit drei Frauen verheiratet ist, eine One Love Botschaft vielleicht doch nicht auf viel Verständins stoßen könnte und hat das Tragen unter Androhung von nebulösen Strafen verboten. Medial und gesellschaftlich wurde dieses Thema danach immer größer, bis die UEFA-Nationen schließlich einknickten und klein bei gaben. Auch wenn es, im Gegensatz zum Protest der Iraner, eh nicht viel mehr als eine Feel-Good Aktion der Verbände gewesen wäre, war es dennoch ein PR-Desaster für alle Seiten. Beim obligatorischen Mannschaftsfoto hielt sich das deutsche Team dann demonstrativ die Hand vor den Mund als Zeichen dafür, dass sie mundtot gemacht wurden. Fand ich persönlich als Geste gut, sie war zielgerichteter und glaubhafter als das Tragen der Binde, und ein Zeichen gegen den Veranstalter des ganzen Events. Es kam aber auch wieder nicht bei allen gut an. Während die Aktion international gute Reaktionen bekam (siehe SPOX), machte in Deutschland auf Social Media vor allem Häme die Runde. Logisch, denn niemand ist kritischer zu Deutschland als die Deutschen selbst.
Und damit zum Spocht und zu Deutschland gegen Japan und der bekannten 1:2 Niederlage, die so nicht nötig gewesen war. Immerhin weist der Kicker ein Torschussverhältnis von 26:12 und Ballbesitz von 74% : 26% aus. Aber sie brauchten einen von Japan geschenkten Elfmeter, damit Güdogan das erste und einzige Tor erzielen konnte. Chancen zum 2:0 gab es danach einige, aber die japanischen Bundesligaprofis Doan und Asano zeigten, was Effinzienz ist und drehten das Spiel. Der deutsche WM-Blues stieg dadurch weiter an.
Vor dem Spiel gegen Spanien waren die Abgesänge schon geschrieben, aber Deutschland überzeugte mit einer guten Leistung, vor allem Defensiv war das recht sicher. In der Offensive klemmte es dagegen lange, besonders die Bayernspieler Müller, Gnabry und Kimmich enttäuschten. Gefährlicher wurde es, als Sane und die Nummer Neun Füllkrug eingewechslt wurden, der dann letztlich auch den verdienten 1:1 Ausgleich erzielte. Im letzten Spiel gegen Costa Rica am Donnerstag muss nun ein Sieg her – am Besten mit zwei Toren Unterschied – , sonst fährt man als Gruppenletzter nach Hause. Zeitgleich darf Japan nicht gegen Spanien gewinnen. Und wenn Japan sogar verliert, reicht Deutschland ein simpler Sieg.
Was gab es sonst noch so? Frankreich bricht den Titelverteidiger-Fluch und zieht als erster amtierender Weltmeister seit 2006 in die K.O.-Phase ein. Saudi-Arabien sorgt für die größte Sensation bisher und schlägt Argentinien – und zeigt auch im zweiten Spiel schönen Fußball. Sie wirken mit ihren Fans ein wenig wie das inoffizielle Heimteam dieser Weltmeisterschaft. Kanada spielt zweimal schön mit, ist aber trotzdem draußen. Genau wie Gastgeber Katar, nur dass die nicht schön gespielt haben. Und Lionel Messi ist jetzt nach der Partie gegen Mexiko der älteste Spieler der WM-Geschichte, mit einem Tor und einer Vorlage im gleichen Spiel – und gleichzeitig auch der jüngste.
Abschließen möchte ich den Beitrag mit dem bisherigen Tor des Turniers: Brasiliens Nummer Neun Richarlison mit dem 2:0 im Spiel gegen Serbien.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und weiterhin gut kick!