Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 46/2022: Babylon Berlin, Press Club, Crimes of the Future, Superstore, Martha und Kimi

Der heutige Beitrag ist mit der heißen Nadel gestrickt. Denn woran merkt man, wenn die Vorweihnachtszeit begonnen hat? Freizeitstress! Ganz ungewohnt, seit die Pandemie in unser Leben getreten ist. Aber in dieser Woche war ich tatsächlich an vier Abenden verplant. Verrückt, ich weiß.

Trotzdem, aber auch deshalb ist für den medialen Wochenrückblick einiges zusammen gekommen. Vorhang auf und los geht’s:Am Mittwoch waren mit Philipp Köster und Jens Kir­schneck zwei der 11Freunde im Münchner Substanz und sorgten für einen launigen Abend zwischen Fußball-Nostalgie und Redaktionsalltag. Sie gaben einige ihrer Texte zum Besten und ergänzten sie mit Geplauder und kurzen, lustigen Clips. Knapp über zwei Stunden Fußballl-Unterhaltung waren das, wegen dem man auch ruhigen Gewissens auf den Testkick Deutschland gegen Oman verzichten konnte (wo Deutschlands Nummer Neun Niclas Füllkrug das einzige Tor des Abends erzielte, aber das nur so nebenbei).

Babylon Berlin (Staffel 4, 12 Folgen, Deutschland, Sky One) – 8 von 10

Die vierte Staffel beginnt in der Silvesternacht 1930/31: Während ein SA-Trupp unter Führung von Walther Stennes (Hanno Koffler) durch die Stadt marschiert und die Läden jüdischer Geschäftsleute zerstört, wird Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) zu einem Tatort gerufen: Ein junger Mann ist vom Dach eines Kaufhauses in den Tod gestürzt. Der exzentrische Alfred Nyssen (Lars Eidinger) gibt zusammen mit Helga Rath (Hannah Herzsprung) eine große Silvesterfeier, bei der er eine besondere Ankündigung macht.

Nach einer Pause von über 2 Jahren bekam Babylon Berlin nun endlich seine Fortsetzung und zählt auch in Staffel 4 immer noch zu den besten deutschen Serien. Auffällig ist weiterhin die sehr wertige Produktion, die einen glaubhaft in das lebendige Berlin der 1930er Jahre versetzt. Dagegen wirken selbst viele US-Serien sehr kulissig! Inhaltlich muss man es mögen, dass es eher eine Groschenroman-Geschichte als ein dunkles Crime-Drama ist. Deshalb sind die Explosionen größer, die Schurken gemeiner und die Wendungen schneller – stellvertretend dafür die Beziehung von Rath (Volker Bruch) und Charlotte (die tolle Liv Lisa Fries). In der Vielzahl der Handlungsstränge gilt es erst einmal die Übersicht zu behalten, aber am Ende geht sich alles aus. Nachdem in den ersten Staffeln die aufkeimende NSDAP meist nur im Hintergrund eine Rolle spielte, ist sie nun auch in der Haupthandlung angekommen und damit liegen auf einmal zwischen deren marodierenden Schergen und der feierveressesenen Berliner High Society nur ein paar Schritte und Schnitte. Zwar schlägt das Visuelle manchmal die Logik (warum ist über zwei Folgen hinweg ein Tanzwettbewerb zu sehen?), aber das ist fast egal, wenn es denn so toll und mitreißend inszeniert wird wie hier mit Max Raabe. Kurz gesagt: Das war wieder tolle Unterhaltung zwischen Crime, leichtem Drama und Zeitcholorit.

Superstore (Staffel 5, 21 Folgen, USA, Sky on Demand) – 8 von 10

Während Amy (America Ferrera) sich immer besser in ihrem neuen Job als Filialleiterin des Cloud 9 Superstores zurechtfindet, steht Sandras (Kaliko Kauahi) Hochzeit unmittelbar bevor. Währenddessen versucht Jonah (Ben Feldman) weiterhin, eine Gewerkschaft zu gründen und Mateo (Nico Santos, der Schauspieler) darf zurück in die Filiale.

Auf bewährtem Niveau bewegt sich auch Superstore in seinem fünften Jahr. Immer auf der Kippe zwischen den 7 und den 8 Punkte, neigte sich in diesem Jahr die Waage wieder etwas zur höheren Wertung. Schön zu sehen, wie die Serie weiterhin lustig bleibt, ohne seine Figuren lächerlich zu machen, aber dabei die Sorgen und Nöte der working class zu thematisieren. Außerdem schafft sie es in dieser Staffel, den Nebenfiguren etwas mehr Raum zu geben und sie glänzen zu lassen, neber der schon erwähnten Sandra (Kauahi) hat auch Marcus (Jon Barinholtz) endlich mal einen größeren Auftritt. Und meine Problemfigur Glenn (Mark McKinney) wirkt in der neuen Position glaubwürdiger. So kann es in die Finalstaffel gehen!

Sorry für das Teaser-Bild, aber dagegen kann ich glaube ich nichts machen? Dabei ist das Motiv nicht einmal bedeutend für den neuen Film von David Cronenberg. Aber zu meiner Kritik:

Crimes of the Future (Kanada) – 6 von 10

Körpermanipulationen und plastikessende Kinder als Reaktionen auf die vermüllte Welt – es sind die Ideen der Dystopien der Vergangenheit, die hier die Säulen der Geschichte bilden. Angenehmerweise wird die unbestimmte Zukunft kaum erklärt, die geschaffene Welt funktioniert auch so und ist in sich recht stimmig. Mit Viggo Mortensen wird ein Performance-Künstler als Hauptfigur gesetzt, eine Berufsgruppe, die in einer vertrauten Welt deutlich seltsamer sein kann als sie es in dieser Filmwelt ist. Diese Filmwelt ist dann letztlich auch der Star des Films und schleppt die Story mit sich durch. Von der wusste ich schon ein paar Tage später kaum noch etwas. Die Bilder bleiben dagegen länger im Kopf, dafür müssen sie nicht einmal so plakativ sein wie im obigen Teaserbild.

Kimi (USA, 2022, Netflix) – 6 von 10

Zoë Kravitz arbeitet an einem spachbasierten Assistenten namens Kimi, als sie in einer deren Log-Files meint, ein Verbrechen zu hören. Was soll sie tun? Seit der Covid19-Pandemie traut sie sich kaum noch aus ihrer eigenen Wohnung heraus. Die Grundidee klingt sehr spannend und wie eine moderne Variante von Das Fenster zum Hof. Auch Kravitz ist toll in der Rolle, aber irgendwann driftet der Film zu sehr in einen Thriller ab und bietet ein Finale, dass sogar an Leathal Weapon erinnert – und der eigentlich Fall geht dabei verloren. Schade, etwas mehr Vertrauen in die Ursprungsidee wäre besser gewesen.

Meine Live-Band des Jahres 2019 gab sich am Samstagabend in München die Ehre:

Press Club (Australien) – München, Strom

Auch 2022 enttäuschen Press Club live nicht. Was für eine Energie, was für eine Freude, die sich da von der Band auf der Bühne in den Zuschauerraum verbreitet. Sie geben da oben alles und poweren ihre Setlist mit voller Hingabe durch. Das war laut, das war flott, aber immer positiv. Und Sängerin Natalie Foster tauchte immer wieder im Publikum auf.

Nach mittlerweile drei Alben haben sie einiges an Material zur Verfügung. Der Schwerpunkt lag auf ihrem aktuellen Album Endless Motion, welches ich bislang noch nicht gehört hatte. Dementsprechend war ich natürlich bei den alten Songs eher zu Hause – zum Glück kam ihr Late Teens Debut auch zur Geltung. Lediglich das Zweitwerk wurde nur kurz bedacht. Highlights waren für mich Headwreck, Suburbia und ihr Cover von Hate To Say I Told You So.

Auch nach dem Konzert blieb die Band noch sehr lange greifbar und war immer für einen Plausch zu haben. Und ich leistete mir zwar nicht das neue Album, aber das dazugehörige T-Shirt.

Für euch gibt es eine Live-Aufnahme ihres Signature-Songs Suburbia. Viel Spaß.

Nach dem Konzert war der Abend allerdings noch lange nicht zu Ende. Da ich mehrfach den rechtzeitigen Absprung verpasst hatte (man sollte ja meinen, dass ich mittlerweile eigentlich alt genug dafür wäre), wurde es danach nur eine kurze Nacht und ein sehr müder nächster Tag.

Die englischen Indiepop-Punker von Martha haben mit Please Don’t Take Me Back ihr bereits viertes Album veröffentlicht und es klingt noch so euphorisch und ungestüm, als wäre es ein Erstlingswerk. Voller flotter Melodien und angenehmen Stimmen (Plural, weil die Bandmember sich beim Gesang abwechselen). Nach den ersten Hörgängen hat sich bei mir vor allem Baby, Does Your Heart Sink? im Ohr festgesetzt. Euch viel Spaß mit dem Song!

Gesehen: 1 von 1 WM-Spielen = 100 %.

Mit dem ewig jungen Klassiker zwischen Gastgeber und Asienmeister Katar und dem südamerikanischen Teilnehmer Ecuador begann am späten Nachmittag zentraleuropäischer Zeit die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer. Katar zeigte sich dabei von Beginn an recht nervös, diese große Kulisse und die Aufmerksamkeit auf dieses Spiel waren sie wohl nicht gewöhnt. Nach drei Minuten rettete sie der VAR noch vor dem Rückstand, nach sechszehn Minuten half der aber auch nicht mehr, der erste Treffer dieses Turniers wurde per Elfmeter erzielt. Enner Valencia legte wenige Minuten später noch vor der Halbzeit seinen zweiten Treffer drauf. In der zweiten Hälfte passierte nicht mehr viel , die Zuschauer gingen frühzeitig nach Hause und Ecuador schaukelte den 2:0 Sieg locker nach Hause.

Seinen ersten großen Auftritt hatte am Auftaktstag das Maskottchen La’eeb. Nach dem Skandal um Goleo VI – dem WM-Maskottchen 2006 ohne Hose! – ist nun ein Maskottchen ohne Füße und Beine der Repräsentant der Fußball-WM 2022. Klingt seltsam, aber wen wundert das denn noch bei der FIFA?

  • Das Fake-MCU der 90er: Wer in diesen Zeiten statt Fußball lieber mit Superhelden etwas Realitätsflucht begehen möchte, für den hat der Wortvogel über die Marvelfilme vor dem Marvel-Universe geschrieben.
  • Würdest du?: Mirli hat sich Gedanken darüber gemacht, ob sie gerne noch einmal 18 sein würde oder nicht.
  • Sorry, ich habe den dritten Weltkrieg ausgerufen: In Zeiten, in denen es jeder schon immer gewusst hat, wartet man nicht mehr auf Erklärungen, sondern twittert seine eigenen Schlußfolgerungen in die Welt hinaus. Spiegel Kolumnistin Sabine Rennefanz über die Reaktionen auf die Raketeneinschläge in Polen.
  • „Bild“ und „die unwahrscheinliche dritte Möglichkeit“: Passend dazu, hat sich der Bildblog die panikmachende Berichterstattung des größten deutschsprachigen Boulevardmediums angeschaut.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

4 Kommentare

  • bullion

    „Crimes of the Future“ klingt spannend. Wie ein Cronenberg aus alten Zeiten. Werde ich mir vormerken.
    Und freut mich, dass dir „Superstore“ inzwischen so gut gefällt. 🙂

    • Nummer Neun

      „Superstore“ ist ja wirklich konstant auf einem ordentlichen Niveau unterwegs und liegt für mich immer so zw. 7 und 8 Punkten. Habe jetzt noch eine kurze, andere Comedyserie dazwischen geschoben, aber danach kommt gleich die Finalstaffel.

      Zu „Crimes of the Future“ meinte ein Freund, wenn der aus den 1970ern oder -80ern wäre, könnte der heute ein Kultfilm sein. Aber so wirkte er in seiner Dystopie fast etwas oldschool.

  • S.Mirli

    Ich glaube, in Superstore werde ich heute noch reinschauen, habe ich nämlich bisher tatsächlich noch nicht und da ich momentan nicht viel anderes tun kann (oh ja, es hat mich nun doch noch erwischt), kommt mir jede Film- und Serienempfehlung wie gerufen und da ist auf dich immer Verlass. Danke dafür und natürlich vor allem auch für die Erwähnung. Und Respekt zu vier „Verpflichtungen“ in einer Woche, ich müsste danach wahrscheinlich Burn Out anmelden und das ist NICHT sarkastisch gemeint. Ganz liebe Grüße, x S.Mirli
    https://www.mirlime.at

    • Nummer Neun

      Oh nein! Dann wünsche ich dir natürlich gute Besserung!

      Bei Superstore ist es so wie bei den meisten Sitcoms: Man braucht so ein paar Folgen um rein zu kommen. Danach ist sie aber durchweg gut anzuschauen.

Was sagst du dazu? Aber denke dran, deine Mail- und IP-Adresse wird gespeichert und auch Gravatar liest mit. Ist das ok? Dann kommentiere

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.