Nord-Italien 2022: Teil 1 – Bologna, Lucca, Viareggio und Pisa
Italien ist von München nicht so weit entfernt. Vor allem in der nördlichen Hälfte – in Südtirol und der Toskana – gehen viele Münchner ein und aus. Aber ich habe bisher von dieser Gegend noch nicht gesehen. Das sollte sich nun jedoch enden. Ich war für 10 Tage in Italien unterwegs, um den Sommer noch einmal etwas zu verlängern und um vor dem Oktoberfest zu flüchten.
Da ich mit dem Zug unterwegs war, bestimmten die Verbindungen ein wenig meinen Reisenverlauf und sorgten dafür, dass der ursprüngliche Toskana-Plan an den Rändern etwas erweitert wurde und die Tour so einer halben Nord-Italien Rundreise wurde. Nach einer siebenstündigen Zugfahrt kam ich in Bologna an, der Haupstadt der Emilia-Romagna Region, die Endstation der Direktverbindung und mein Urlaub begann.
Bologna
Nach der langen Fahrt wollte ich zunächst nur noch ins Hotel und mich dort kurz etwas auszustrecken. Zum Glück hatte ich ein Hotel direkt gegenüber des Bahnhofs gebucht. Das Zimmer war okay, wenn auch etwas abgenutzt und hatte einen freien Blick auf den Bahnhofsvorplatz. Für zwei Nächte war ich hier untergebracht. Bis ins historische Zentrum war es von hier aus ein kleinerer Marsch, aber durchaus machbar.
Die Stadt war zu meiner Besuchszeit gut besucht, viele junge Leute waren unterwegs. Außerdem schien eine Art von Musikfestival in der Stadt gewesen zu sein. So stand zum Beispiel an der zentralen Piazza Maggiore eine Bühne mit bestuhltem Besucherbereich. Auch die Wahl warf ihre Schatten voraus, Plakate hingen an allen Ecken und Kundgebungen waren angekündigt. Das Wetter war an meinem ersten Tag gut, am zweiten aber nur noch durchwachsen und auch ein paar Regentropfen verirrten sich in Richtung Boden.
Der angesprochene Piazza Maggiore bildet den Kern der historischen Altstadt. Auf ihm ist vor allem der Neptunbrunnen ein Blickfang. Auch der Platz an der Basilika Santo Stefano ist sehr schön, besonders am Abend macht er einiges her und man kann in den Bars und Restaurants ganz schön sitzen – wenn auch nicht supergut essen. Dort sind halt die Touristenläden vertreten.
Eines der Wahrzeichen Bolognas sind die Arkadengänge, die in einem dichten Netz das Zentrum durchziehen und von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt werden. Auf einer unglaublichen Länge von insgesamt fast 40km sorgen sie für trockene Fußwege und für zusätzlichen Wohnraum über ihnen. Es gibt sie in der Ausführung von schlicht bis edel, dieses Fotobeispiel gehört eindeutig zur letzteren Kategorie.
Die bekanntesten Wahrzeichen der Stadt sind aber die beiden benachbarten Türme Torre Garisenda und Torre degli Asinelli, letzterer war zu seiner Erbauungszeit gegen 1100 vermutlich das höchste Gebäude Europas. Und ich bin ihn über eine schmale und steile Treppe hinaufgekraxelt. Dabei wollte ich gar nicht. In der Touristeninformation wollte ich eigentlich ein Ticket für den Uhrturm des Palazzo d’Accursio haben, da hätte es einen bequmen Aufzug gegeben. Erst kurz vor meiner Zugangszeit fiel mir der Fehler auf. Also ging es stattdessen da rauf, dann von oben den Ausblick über die ganze Stadt genießen und verschnaufen und danach schon wieder runter. Ich war nass geschwitzt und körperlich am Ende, als ich wieder am Boden war.
Außerdem war ich im Museo internazionale della musica di Bologna, wo viele alte Musikinstrumente zu sehen waren. So richtig hat sich der Besuch aber nicht gelohnt, da gibt es spannendere Museen. Was soll das schon sein, ein Musikmuseum, in dem nicht mal Musik im Hintergrund läuft?
Und damit zur Stärkung: Als Heimatstadt der Bolognese (aber Vorsicht: Hier steht sie meist als al ragù (vielleicht so, wie die Berliner zu Berlinern Pfannkuchen sagen) auf der Speisekarte) ist natürlich eine Bestellung der Tagliatelle al ragù Pflicht. Ich orderte sie in der Italian BreakPast Bar (links im Bild). Ebenfalls gut gegessen habe ich im Il Veliero (rechts), einer maritim eingerichteten Pizzeria in der Nähe des Bahnhofs.
Lucca
Nach dem Auftakt in Bologna sollte Lucca das Herzstück der Reise werden. Über Florenz brachte mich der Zug hierher, wo vor allem die Verbindung ab Florenz zunächst ziemlich voll war, was sich aber im Laufe der Fahrt zum Glück gab. In Lucca waren vier Nächte eingeplant, es sollten ein paar ruhige und entspannte Tage werden in der toskanischen Stadt. Im Herzen der Altstadt hatte ich mir das Antica Residenza del Gallo ausgewählt, eine kleine Unterkunft in einer ruhigen Seitenstraße gelegen. Das Zimmer war richtig groß, das Bad modern und die Gastgeberin sehr nett und hilfsbereit. Da verzeiht man es auch gerne, wenn vielleicht die Türen etwas verzogen sind und die Matratze schon etwas durch ist. Man konnte von hier aus die Stadt sehr gut erkunden.
In Lucca, der Partnerstadt von Colmar im Elsass, wohnen insgesamt ca. 90.000 Menschen, die meisten davon vermutlich außerhalb des für die Touristen interessanten historischen Zentrum. Dieses wird von einer breit angelegten Befestigungsmauer umgrenzt, die man bei einem netten Spaziergang innerhalb von anderthalb Stunden gut umwandern kann und dabei zur einen Seite auf die Türme der Stadt und auf der anderen Seite auf ein grünes Band, welches das Zentrum umspannt, blicken kann.
Schön anzuschauen ist die zentral gelegene Kirche San Michele in Foro (oberes Bild) aus dem 12. Jahrhundert. Beim Spazieren durch die Stadt kann man sie eigentlich nicht verpassen. Ungefähr genau so alt ist die Kathedrale San Martino (unteres Bild), ganz in der Nähe meiner Unterkunft. Hier habe ich mir auch das eindrucksvolle Innere angeschaut.
Ein besonderes Wahrzeichen der Stadt ist der Torre Guinigi, dessen Aussichtsplattform ein besonderer Hingucker ist, wachsen dort doch auf einer Höhe von 44 Metern ein paar Steineichen. Nach der Tortur in Bologna war der Aufstieg auf diesem Turm ein Klacks und belohnt mit einem tollen Blick über die Stadt und die umliegenden Berge.
Auch oft als Highlight genannt, aber bei weitem nicht so eindrucksvoll, ist der Palazzo Pfanner. Der Garten ist zwar ganz nett, aber nicht besonders groß.
Spannender war dagegen der Palazzo Mansi. Das Haus selbst war schon äußerst eindrucks- und prunkvoll und einen Besuch wert. Dazu zeigt das Museo Nazionale di Palazzo Mansi eine Sammlung von Gemälden und riesigen Wandteppichen. Und habe ich schon mal erwähnt, wie toll ich es finde, in Spiegel zu blicken, die schon seit Jahrhunderten hängen? Was die schon alles gesehen haben, wer sich da schon alles gespielt hat! Ein guter Besuch für einen regnerischen Tag. Leider sind meine Fotos in den Innenräumen nicht so besonders gut geworden, in der kleineren Version geht es hoffentlich noch.
Und damit zum nicht unwichtigen Aspekt des Verpflegens. Wie so oft galt auch in Lucca: Je weiter man von den klassischen Touristenströmen weg ist, desto besser konnte man essen. So habe ich grade mittags ein paar Mal daneben gelegen, wenn ich beim Sightseeing nur schnell etwas essen wollte und dann zwar schön saß, aber die Mahlzeit schon sehr frech war.
Besser war es an diesen Orten, die ich uneingeschränkt empfehlen kann: A: Das im Bild zu sehene im Vino & Spuntino. B: Pizza in der Antica Drogheria. C: Pasta in der Trattoria da Nonna Clara. D: Zartes Steak in Pfeffersauce in der Osteria San Giorgio (vielleicht das beste Essen auf der ganzen Reise).
Pisa
Von Lucca aus unternahm ich einen Ausflug ins nahe gelegene Pisa. Mit dem Regionalzug sollte das keine große Strecke werden. Und da ich vorab von einigen gehört hatte, dass sich die Stadt selbst nicht unbedingt lohnen würde, beschränkte ich meinen Besuch auf die Piazza del Duomo, wo das zu finden war, weswegen man nach Pisa kommt. Praktisch: Der – etwas unterwältigende – Regionalbahnhof Pisa San Rossore liegt nur wenige Gehminuten davon entfernt. Von dort folgt man einfach den Touristenströmen und steht dann staunend auf diesem Platz. Ganz ehrlich: Ich hätte nicht gedacht, wie schief der Torre pendente tatsächlich ist.
Ich hatte wirklich Glück mit dem Wetter, so sonnig war es in diesen Tagen selten. Auf der Piazza del Duomo konnte man sich frei bewegen, Eintritt hätte man nur für die Innenbesichtigung zahlen müssen. Die ersparte ich mir aber, die Lust auf Türme war mir in den vergangenen Tagen vergangen, lediglich für die Stadtmauer bezahlte ich Eintritt, denn von hier gab es noch einmal einen schönen Blick auf das Gebäudeensemble. Auf dem folgenden Bild ist es von vorne nach hinten: Das Baptisterium, der Dom Santa Maria Assunta und der Torre pendente di Pisa. Das zweite Bild habe ich dann von der Stadtmauer aus aufgenommen.
Und damit hatte ich alles von Pisa gesehen, was ich sehen wollte. Zurück zum Bahnhof und weiter nach…
Viareggio
Nach einer kurzen Fahrt von 10 Minuten kam der Zug in Viareggio an der Küste an. Den Weg hätte ich mir aber vermutlich sparen können. Mittlerweile war es so stürmig, dass es nicht mehr angenehm war, an der Strandpromenade entlang zu spazieren. Es war überall sehr leer, viele Restaurants waren zu und im Hintergrund lauerte immer ein Gewitter. Der Weg vom Bahnhof zum Meer war sehr viel länger als gedacht. Kurz: Ich war froh, als ich wieder im Zug zurück nach Lucca saß.
Insgesamt habe ich für alle Zugverbindungen auf der Reise 232€ bezahlt, davon entfallen aber schon 128€ auf die Verbindungen von München nach Italien und zurück. Die Verbindungen innerhalb Italiens hatte ich mir jeweils vor Ort mit einem Vorlauf von nur ein paar Tagen gekauft. Bahnfahren in Italien ist also durchaus bezahlbar – und die Züge waren alle mehr oder weniger pünktlich.
Und noch eine zweite Erkenntnis: Man kommt auch ohne italienisch recht weit. Ich spreche es ja nicht und rutsche bei den paar Wörtern, die ich kenne, immer ins französische oder spanische ab. Die Leute hat das dort nicht weiter gestört, mir war es etwas unangenehm. Aber da, wo Touristen sind, ist englisch kein Problem. Die letzten Tage verbrachte ich dann schließlich noch in Südtirol, da spricht sogar fast jeder deutsch, was mich teilweise sehr irritierte.
Das war es für den ersten Teil. Kompliment, wer es bis hierher geschafft hat! Im zweiten Teil des Reiseberichts erzähle ich euch dann von meinem Aufenthalt in Florenz und vom kurzen Zwischenstopp in Südtirol. Und nur so viel vorweg: Auf beiden Stationen habe ich Prominenz aus längst vergangenen Zeiten gesehen.
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Teil 1: Bologna + Lucca + Pisa + Viareggio // Teil 2: Florenz + Bozen
5 Kommentare
bullion
Das klingt alles ziemlich toll und sieht auch so aus. Respekt, dass du solch aufwändige Reiseberichte mit noch vielen Details hinbekommst. Ich schaffe meist nur noch die Fotos durch grobe Erinnerung zu verknüpfen. 😅
Nummer Neun
Vielen Dank 🙂 Aber Wikipedia und ein kleines Notizheftchen, das man am Abend schnell befüllt, wirken Wunder 🙂
flightattendantlovesmovies
Vielen Dank für Deinen Reisebericht. Einladende Bilder. Auch wenn das Wetter nicht immer mitgespielt hat, überwiegend hattest Du ja Glück oder halt das Beste daraus gemacht. Ja, wenn man gut Essen gehen möchte, muss man sich wirklich immer möglichst von den Touristengebieten entfernen. In Lucca, Pisa und auch an der Küste dort war ich noch nicht, lohnt sich aber Deinem Bericht zufolge. Wir waren das letzte Mal mit dem Auto unterwegs und mehr in den, auch unbedingt sehenswerten (Berg-) Dörfern.
Nummer Neun
Ah, guter Hinweis mit den Dörfern, das wollte ich eigentlich noch anmerken. Ohne Auto kommt man zwar gut von Stadt zu Stadt, aber die kleineren Dörfer oder die Landschaft drumherum schafft man so leider nicht unbedingt.
Jara
Pracht!