KW 10/2022: King Richard, Yellowjackets, Nobody, Oh Hiroshima und Space Force
Diese Woche habe ich ein neues Wort gelernt: Doomscrolling. Wikipedia dazu:
„Es bezeichnet das exzessive Konsumieren negativer Nachrichten im Internet. Der gesteigerte Konsum von vornehmlich negativen Schlagzeilen kann gesundheitsschädliche psychophysiologische Folgen haben.“
Es ist der Fluch der ständigen Verfügbarkeit von Nachrichten und der weltweiten Transparenz. Wir haben Zugang zu Nachrichten aus allen Ecken des runden Globusses. Es werden Winkel der Welt beleuchtet, die früher nicht im Fokus standen. Durch die Digitalisierung sind die Entfernungen tatsächlich geschrumpft.
Dazu kommt, dass uns negative Nachrichten eher im Kopf bleiben als positive, was wohl evolutionär bedingt ist. Klar, potentielle Gefahren können uns bedrohen, durch Informationen darüber wiegen wir uns eher in Sicherheit. Außerdem verkaufen sich negative Schlagzeilen besser, werden mehr geklickt und provozieren mehr Reaktionen, worauf die Algorithmen der Social Media Plattformen stärker anspringen. Ein Teufelskreis. Eine Saat, die besonders bei Personen mit ausgeprägtem Weltschmerz auf fruchtbarem Boden fällt.
Dagegen hilft eigentlich nur der alte Ratschlag von Peter Lustig aus Löwenzahn, den wir alle ab und an beherzigen sollten:
„Abschalten nicht vergessen.“
Space Force (Staffel 2, 7 Folgen, USA, Netflix) – 6 von 10
Der Verteidigungsministerium macht General Naird (Steve Carell) im Pentagon den Prozess. Um seinen Job zu retten, muss sich das Team (John Malkovich, Jimmy O. Yang, Tawny Newsome, Ben Schwartz, Don Lake und Diana Silvers) zusammenreißen und für ihn aussagen. Schließlich bekommt er eine Schonfrist von weiteren vier Monaten um zu zeigen, dass die Space Force wirklich benötigt wird.
Zwar war die erste Staffel nun auch schon nicht außerirdisch gut, aber die zweite schafft es nicht einmal mehr, dieses Niveau zu halten. Weniger Malkovich kann einfach nicht gut sein und so ist es auch hier. Zudem fehlt dieser Workplace Comedy in dieser Staffel einfach eine Mission. Das Team nur so halbherzig um ein Budget kämpfen zu lassen passt nicht zum Ansatz der Serie und ist einfach langweilig. Sogar die beiden kurzen Auftritte von Patton Oswalt als Astronaut wirken in einer Serie über eine Weltraum Militär-Einheit deplatziert! Immerhin war Schwartz als PR-Berater nicht mehr so nervig wie im Premierenjahr, wobei man ingesamt sagen muss, dass die Chemie in diesem Team schon ganz gut passt, weshalb man doch noch dran bleibt. Aber lasst sie doch bitte wieder eine herausfordernde Weltraum-Mission planen, damit das Publikum sich nicht zusammen mit dem Forschungsteam langweilen muss! So wird die Space Force leider wirklich nicht benötigt.
Yellowjackets (Staffel 1, 10 Folgen, USA, Sky on Demand) – 8 von 10
Auf dem Flug zu einem wichtigen Turnier stürzt ein Mädchen-Fußballteam irgendwo in der Wildnis ab und muss um sein Überleben kämpfen. 25 Jahre später werden die Überlebenden von den Ereignissen von damals wieder eingeholt.
Es ist ein ungewohnter Genre-Mix, den Yellowjackets anbietet. Einerseits Survival-Thriller, andererseits aber auch sehr Teenie-Lastig. Einerseits teilweise sehr deftige Gewaltszenen, andererseits aber auch mit Crime und Rätselelementen. Und irgendwie auch sehr soapig, die Cliffhanger sind gut gesetzt, auch wenn manches etwas konstruiert wirkt. Die beiden Handlungsstränge – Überleben in der Wildnis und das Verarbeiten der Erlebenisse 25 Jahre später – werden parallel erzählt und bieten daher recht viel Abwechslung. Dabei ist es schon interessant zu sehen, was aus den einzelnen Mädchen geworden ist und was wohl im Wald mit ihnen passiert ist, damit sie so geworden sind. Der Überlebenskampf eskaliert dabei nicht so stark, wie ich anfangs dachte, sondern es geht eigentlich meistens recht harmonisch zu. Der Teaser am Anfang der Staffel verspricht da deutlich mehr, als die Serie letztlich (bisher) hält. Die Schauspielerinnen machen es auf beiden Zeitebenen gut und matchen in den gleichen Rollen auch erstaunlich gut. Besonders die Figur der Misty (jung: Sammi Hanratty, alt: Christina Ricci) war toll geschrieben. Insgesamt also ein ungewohnter Mix und dadurch vielleicht nicht ganz das, was man erwartet – aber spannend umgesetzt und der Ausblick auf Staffel 2 macht jetzt schon Lust auf mehr.
Wenn dieser Beitrag online geht, sitze ich im Kino und schaue mir Belfast an. Nun ja, wahrscheinlich läuft im Moment noch die Werbung. Wie mir der Film gefallen hat, das erfahrt ihr dann nächste Woche. Nun zunächst einmal zu einem anderen Film, der in diesem Jahr einige Oscar-Nominierungen einsammeln konnte:
King Richard (USA) – 8 von 10
In der Welt des Frauen-Tennis bin ich nicht ganz so zu Hause. Das muss man aber auch nicht sein, wer Venus und Serena Williams nicht kennt, hat die letzten Jahrzehnte wahrscheinlich schlicht verschlafen. Dieser vergnügliche Sportfilm zeigt ihre Anfänge, wie sie zu dem wurden, was sie sind. Bemerkenswert ist dabei vor allem der Twist, diese Geschichte nicht über sie (im Film: Saniyya Sidney als Venus und Demi Singleton als Serena) , sondern über ihren Vater Richard Willams (Will Smith) zu erzählen.
Wie nahe diese Figur am realen Vorbild ist kann ich nicht beurteilen, aber Smith holt einiges raus aus der Rolle. Er ist fürsorglicher Familienvater, der seinen Kindern ein besseres Leben verschaffen möchte und sie vor dem Druck und den Erwartungen an die beiden Wunderkinder beschützt. Gleichzeitig ist er streng und bestimmend und zeigt sich beratungsresistent gegenüber den professionellen Trainern (Tory Goldwyn, John Bernthal), die sie auf dem Weg in die Weltspitze begleiten. Man mag ihn, aber schüttelt gleichzeitig den Kopf über so viel Starrsinn. Das Gegengewicht bildet Aunjanue Ellis als seine Frau Brandi, die mehr zurücksteht, als sie müsste, aber ihn immer wieder einbremsen muss.
Wenn man von dieser speziellen Konstellation absieht, ist es eine klassische Sport-Underdog-Geschichte, die zudem mit sehr guten Sportszenen begeistern kann und in den 145 Minuten Laufzeit fast durchweg gut unterhält.
Nobody (USA, 2021, Sky Cinema) – 6 von 10
Der Actionfilm mit Bob Odenkirk kann sein Vorbild John Wick schlecht verleugnen, auch wenn man hier die schicken Locations durch eher industriellem Charme ersetzt hat und die Hauptfigur nicht ganz so cool ist, sondern auch Stirb Langsam mäßig einstecken muss. Die Action selbst ist durchaus schön krachend, Odenkirks Figur funktioniert aber nicht so richtig. Der Aufhänger für sein Abdriften in die Gewaltspirale hat mich nicht überzeugt, der Showdown mit Aleksey Serebryakov wirkt sehr beliebig und nicht wie der Höhepunkt eines Actionfilms.
Bei so einem Bandnamen kann danach eigentlich nur Postrock kommen. Oh Hiroshima haben sich die Schweden genannt und steuern sogar noch etwas Gesang zu den Melodien hinzu. Was dabei heraus kommt klingt sehr nordisch und mit den Bläsern am Ende schwingt sich Humane fast zu einem richtigen Hit auf.
Gesehene Spiele in dieser Saison: 24 von 26 Liga-Spielen = 92 %.
Nach der aufregenden Woche in Hamburg haben sich die Gemüter rund um den Wildpark wieder etwas beruhigt. Diesen Sonntag stand das Mittelfeldduell gegen den Tabellennachbarn von Jahn Regensburg an. Dabei langte es für den leicht überlegenen KSC trotz eines Chancenplusses nur zu einem 1:1. Torschütze war mal wieder Philipp Hofmann. Mit seinen 44 Toren für den KSC in der 2. Liga ist er damit mittlerweile Rekordtorschütze des Vereins in dieser Spielklasse.
- Lese- und Sehtipp: Succession, 3. Staffel: Für alle, die noch etwas Motivation brauchen, um endlich eine der besten aktuellen Dramaserien (wenn nicht sogar die beste) zu schauen, für die gibt es auf Flightattendantlovesmovies eine Huldigung der aktuellen Staffel.
- Hörtipp 1: Der Stepnwolf hatte die Chance, Genesis noch einmal live zu sehen und zu hören.
- Hörtipp 2: Früher war alle besser? Manches sagen so, manche so. Das hier waren vor vierzig Jahren sämtliche Charts-Hits in Deutschland: Die Single Charts von 1982. (via Francis Pelletier)
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!
2 Kommentare
flightattendantlovesmovies
Yellowjackets wollte ich auch schon geschaut haben. Jetzt schreckst Du mich mit Teenie-lastig und soapig aber etwas ab. Hatte gedacht, die wäre so „Lost“-mäßig. Die mochte ich ja damals sehr (auch wenn ich sie nie zu Ende geschaut habe).
Bei Belfast rolle ich direkt etwas mit den Augen, habe diese karge Inszenierung (sehe immer noch diese steinigen Hinterhöfe vor mir) nicht sonderlich gut in Erinnerung. Vielleicht hat er Dir ja besser gefallen.
King Richard fand ich sehr gelungen und unterhaltsam. Du bist ja goldig, wie Du meine Succession-Huldigung anpreist. 😍 Aber ist wirklich eine außergewöhnlich brillante Serie, könnte heute direkt noch mal mit der 1. Staffel anfangen.
Nummer Neun
Dafür habe ich nie Lost gesehen. Aber Yellowjackets hat tatsächlich wenig Mystery-Elemente in der Handlung. Die Serie untergräbt schon einige Erwartungen, passt aber trotzdem ganz gut zusammen.
Belfast fand ich nicht schlecht, habe mich schon schon gut unterhalten gefühlt. Aber im Vergleich war King Richard schon besser!