Allen, Turner, Lindau und der Pfänder
Prolog
Das wird jetzt glaube ich mal wieder etwas länger. Es geht um Frank Turner, den Musiker, den früher oder später jeder Mitleser hier kennen sollte, die Geschichte seines aktuellen Supports, zwei Konzerte, eine Fahrt zum Bodensee und erstaunlich flinke Geier.
Kapitel 1: John Allen
Frank Turner war bereits im Mai in Deutschland unterwegs und bespielte kleinere Clubs im Land. Normalerweise ein Pflichttermin für mich, aber der Urlaub ging vor und so war ich in Finnland, während er hier war. Ich hatte Pech, John Allen dagegen Glück: Er hatte eine Karte für Turners Konzert in Hamburg. Wartete dort vor dem Club und vertrieb sich die Zeit mit ein wenig Gitarrespielen. Mister Turner hörte das, kam heraus und begleitete ihn mit seiner Mundharmonika.
Nach dem Konzert kam Mister Allen noch einmal zu Mister Turner und bedankte sich vielmals dafür. Worauf dieser meinte, schick mir mal eine Mail, wir machen mal was zusammen. Klar, dachte sich dieser, bestimmt, aber schrieb trotzdem. Wochen später bekam er eine Antwort: Mister Turner hätten ihn gerne auf seiner nächsten Tour dabei. Und so stand Mister John Allen aus Hamburg am Donnerstag in München vor mir auf der Bühne und am Samstag in Lindau gleich wieder.
Beides Mal überzeugte er mir seiner tollen Stimme und seinen selbstgeschriebenen Songs. Keiner kannte ihn vorher, aber hinterher haben sich viele seinen Namen gemerkt. Und ja, so ein wenig erinnerte mich das an den jungen Mister Turner, den ich vor Jahren genau so zufällig als Support von Gaslight Anthem kennen gelernt hatte.
Kapitel 2: Lindau am Bodensee
Donnerstag das Konzert in München und Freitagmittag gleich weiter nach Lindau. Stau auf der Autobahn, wir waren erst um fünf dort und in unserem Hotel. Nicht auf der Insel, aber man konnte bequem in 15 Minuten dort hinlaufen. Und dann mit einem Bier am Hafen sitzen, während die Boote im Wasser schaukeln und die Sonne langsam versinkt: Da vergisst man sehr schnell den Alltagsstress und das lange Wochenende beginnt, seinen Zweck zu erfüllen.Lindau ist ja durchaus ein sehr schönes Städtchen. Zwar doch mit einem recht reifen Publikum, aber dafür gemütlich. Schöne Wege am Ufer, saubere und gepflegte Altstadt und viele schöne kleine Restaurants. Wir entschieden uns für eine hübsche Pizzeria, wählten Pasta und Wein und ließen den Abend gemütlich ausklingen. Am nächsten Tag stand ja schließlich noch genug an!
Kapitel 3: Lucero und der Club Vaudeville
Als zweiten Support (und wer mich kennt, der weiß: Zwei Supports finde ich eine arg zähe Angelegenheit) hatte Frank Turner die amerikanische Band Lucero dabei. Eine Band, die musikalisch und optisch sämtliche Rock-Epochen von den 70ern bis heute abdeckte. In München fand ich sie noch recht langweilig, in Lindau haben sie mich dann besser erwischt. Kann man sich schon mal anhören, wenn man keine Wunderdinge erwartet.
Was ich nicht erwartet hatte, war der Club in Lindau. War doch größer als gedacht und gut gefüllt. Leicht punkig eingerichtet, ohne ranzig zu wirken, schöne Location. Schöne Getränkepreise. Und mit Biene Maja als Einlassstempel.
Kapitel 4: Der Pfänder
Um uns am Samstag die Zeit bis zum Konzert am Abend zu vertreiben, fuhren wir über die Grenze nach Österreich und dort nach Bregenz. Eine Seilbahn brachte uns auf den Pfänder, fast bis auf die Spitze. So dass auch ich als Stadtmensch das Panorama von dort über den Bodensee ohne große Anstrengungen bewundern konnte. Wäre das Wetter noch etwas besser gewesen – aber naja, irgendwas ist ja immer. Und zwischendurch war es gar nicht so übel.An die Bergstation der Pfänderbahn schließt sich unmittelbar ein Wildpark an, der war aber gar nicht mal so spektakulär. Besser war da schon die Adlerwarte, die zweimal am Tag öffnete. Vor der Show konnte man sich die Vögel noch in ihrem Knast anschauen, danach wurden sie zum Flug gebeten. Und das war wirklich sehr eindrucksvoll, wenn die Adler, die Uhus oder die riesigen Geier knapp über die Köpfe der Zuschauer hinwegflogen. Ich hätte nie gedacht, wie flink so ein Geier sein kann! Und wie selbstverständlich sie wieder zurück kommen. Frei wie ein Vogel und dann sind sie so zutraulich und lassen sich von den Pflegern streicheln.Danach ging es noch kurz rauf bis zum Gipfel des Pfänder, kurze Anstengung – keine 10 Minuten zu Fuß – und schon war man da. Und wieder zurück in die Stadt. Dort noch schnell was gegessen und dann zurück nach Lindau. Im Hotel noch einmal kurz durch geschnauft (okay, ich hab auch die Sportschau gesehen), aber dann gleich ab. Frank Turner!
Kapitel 5: Frank Turner
Mittlerweile habe ich ihn ja schon so einige Male gesehen, aber es ist doch jedes Mal wieder ein Riesenspaß. Manchmal beneidet man die Leute, die ihn das erste Mal live sehen. In München waren bei uns einige dabei, die ihn vorher noch nicht kannte, sie waren danach sehr begeistert.Diese Mischung aus Kumpeltyp, Mitsingliedern und positiver Energie im ganzen Saal lässte einen immer wieder zufrieden (und gut geschwitzt) nach Hause gehen. Konzerte bewirken ja meistens, dass sich alle Zuschauer als Einheit fühlen, Frank Turner und seine Sleeping Souls schaffen dies aber ganz besonders.
Die Setlist war an beiden Abenden gleich. Starker Einstieg, der mit I Still Believe und Try This At Home die Latte schon gleich recht hoch legte. Im Laufe des Sets wurde es dann immer ruhiger, bis er bei Dan’s Song nur noch mit Gitarrist und bei English Curse schließlich ganz alleine auf der Bühne stand und ohne Musikbegleitung sang. Eine Probe für den Zuschauerraum: München hat verloren, hier wurde ganz klar mehr gemurmelt als in Lindau. Highlights gab es so viele, ob es die alten oder die neuen Songs waren, alles wurde abgefeiert. Mit der eher ruhigeren Nummer Broken Piano verabschiedete er sich still in die Pause vor der Zugabe. Um dort dann mit Four Simple Words und Photosynthesis den Saal noch einmal richtig zum kochen zu bringen. Das klappt immer, egal ob hier oder dort. Wer danach nicht schwitzt und klebt, der war nicht dabei.
Aber wir, wir waren wieder dabei. Der Auftakt in den Konzertherbst ist geglückt. Frank Turner sehen wir wieder im Februar. Wenn nichts dazwischen kommt, besuchen wir ihn in London, einen Tag vor meinem Geburtstag. Wenn das mal nichts ist, auf was man sich freuen kann.
(beide Videos via youTube/stromgitarre)
2 Kommentare
morgenwirdgestern
Ich verfolge Frank Turner jetzt auch schon (relativ) lange und muss sagen, dass er immer arroganter wirkt … auch die neuen Sachen gefallen mir einfach nicht. Ich schwelge also munter in der Erinnerung an die gute, alte Zeit.
Nummer Neun
Naja arroganter würde ich sagen… aber er wird schon routiniert und spult sein Programm und seine Sprüche ab, es ist nicht mehr so persönlich wie früher. Aber das aktuelle Album halte ich auch nicht für eines seiner besten.