Beschwerliche Reise
Man soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben. Das Fell des Bären erst verteilen, wenn er erlegt ist. Und sich nicht zu früh freuen. Irgendwas kann ja immer noch passieren. Besonders dann, wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist.
Vergangene Nacht hatte es ja mal wieder geschneit in München. Als erfahrener Pendler weiß man, dann ist am nächsten Tag erst einmal Vorsicht geboten, das könnte zu Problemen im Nahverkehr führen. Nicht so an diesem Morgen. Ich kam an den Bahnsteig, zwei Minuten später war die S-Bahn da und fuhr ohne Verzögerung über die Stammstrecke bis dahin, wo ich in die Tram umsteigen muss. Kaum zu glauben, aber dort mußte ich wiederum nicht mehr als zwei Minuten auf die Straßenbahn warten, fand dort ohne Probleme einen Sitzplatz und freute mich schon, unerwartet problemlos zur Arbeit zu kommen. Zonk! Auf offener Strecke hielt die Tram an, der Fahrer sagte durch vor uns hat es wohl grade einen Unfall gegeben, er geht mal schauen und kam nicht wieder. Fragende Blicke. War es das jetzt oder wann geht es weiter? Immer mehr stiegen aus und gingen zu Fuß. Die Tram vor uns (die Unfalltram) war komplett leer, meine auch schon fast. Also ging ich auch raus. Neben der vorderen Tram stand ein verbeultes Auto, später sollte auch noch ein Krankenwagen eintreffen, ich erfuht, dass das Auto wohl vor der Tram noch abbiegen wollte, es aber nicht mehr schaffte, so dass es zum Zusammenprall kam. Die Tram verlor ihre Stoßstange und fuhr über diese auch noch drüber, es war also wohl eine größere Sache.
Was tun? Bis die Strecke frei gegeben werden würde, würde es wohl noch lange dauern, zu Fuß weiter könnte auch locker eine halbe Stunde Fußmarsch bedeuten. Also an die Straße gestellt und geschaut, ob irgendein Kollege vielleicht vorbei kam und mich mit nehmen könnte. Ein junge Frau kam dazu, fragte mich, wohin ich denn muss, aha, da muss sie auch hin, aber wie weit ist das denn noch, es ist ihr erster Tag. Also warteten wir zu zweit, sie fängt ein Praktikum an, sollte um 9 Uhr da sein (was sie, ehrlich gesagt, auch so nicht geschafft hätte) und streckte ihren Daumen raus. Ein Mann hielt schließlich mit seinem teuren Wagen an und nahm uns bis zu unserer Haltestelle mit. Sie ging zu ihrem Praktikum, ich weiter zur Arbeit.
Abends auf dem Weg nach Hause wurde ich direkt vor der Firma von einem Kollegen aufgegabelt, der mich mit zu einer U-Bahn-Station nahm. Toll, dachte ich, nicht erst zur Tram laufen und dann langsam bis zu einer S- oder U-Bahn Station fahren, sondern direkt im warmen Auto dorthin. Die U-Bahn kam dann auch gleich, alles perfekt, aber dann: Zonk! Ich musste am Hauptbahnhof in die S-Bahn umsteigen, ich müßte, ich würde gerne, aber die Stammstrecke war in eine Richtung, nämlich in meine, gesperrt. Polizei- und (!) Notarzt-Einsatz. Auf unbestimmte Zeit fuhr erst mal nichts. Na toll, also raus aus dem Hauptbahnhof, rüber zur Tram, die statt 10 Minuten wie die S-Bahn für die gleiche Strecke mal locker 30 Minuten brauchte. Wenn es mal nicht läuft, dann läuft es nicht. Aber irgendwie geht es immer weiter, da muss man Oli Kahn recht geben, irgendwie kommt man immer weiter.
Wem jetzt ein wenig der Kopf raucht wegen den ganzen S- und U-Bahnen und den Tramlinien: That’s my life!
6 Kommentare
Verena
Als ich heute Morgen mein Auto freischaufelte, hab ich mir überlegt, wie schön das wäre, einfach mit Bus & Bahn zur Arbeit zu fahren.
Ich überleg mir das jetzt aber nochmal 🙂
Jana
Immer wieder ein Erlebnis. Winter und ÖPNV…
Nummer Neun
Und die beiden Sachen hatten noch nicht mal unmittelbar mit dem Wetter zu tun…
ide
🙂 Jaja, der Pendleralltag. Kommt mir alles sehr bekannt vor. Nur scheinst du, wenn mal alles klappt, perfekte Anbindungen zu haben. 2 min und gleich weiter? Wie geil ist das denn. Mein Alltag siehst so aus, dass ich am Hauptbahnhof erst mal 16 min warten darf und dann noch mal beim Willi 10 min. Insgesamt bin ich so 45 min unterwegs, um endlich anzukommen. Und die Warterei im Schnee und in der Kälte macht ja auch keine Freude…ach ja…aber tröste dich: Ich war jetzt mal mit dem Auto unterwegs und kam nicht schneller an. Zwei Autos hatten sich vor mir geknutscht. Prima.
Schönen dritten Advent!
die kleine miss
ohje. das klingt wirklich nach münchen.
ich hasse es!
mein bus hat es sich auch zur angewohnheit gemacht, in regelmäßigen abständen (unangekündigt) nur alle zwanzig minuten zu fahren. wäre ich nicht ein überpünktlicher mensch, hätte ich es wohl so manches mal nicht zeitig geschafft.
Nummer Neun
Grade bei der S-Bahn ist das mit der Stammstrecke echt ein Problem. Wenn da irgendwas ist, bricht gleich der ganze S-Bahn Verkehr zusammen.