Aus dem Leben,  Fahr Bus und Bahn

Lass es raus, Mädel

Auf manches ist man ja morgens nicht unbedingt vorbereitet. Besonders beim Bahnfahren passieren da Sachen, die man zu der Zeit nicht unbedingt erwartet. So auch neulich, als ich zum Treffpunkt für die Abfahrt zu unserem Maiausflug unterwegs war.

Es war der 1. Mai und demzufolge war es der Morgen nach der Tanz in den Mai-Nacht. Um kurz nach acht saß ich mit meiner Tasche in der S-Bahn, um ans andere Ende der Stadt zu fahren. Die Bahn war angenehm leer, so dass ich auf meinem Vierersitz alleine saß. Bis zum Hauptbahnhof.

Dort stieg ein junges, hübsches Mädchen ein und setzte sich dazu. Offenbar war sie die Nacht über unterwegs, sofort waren die Augen zu und sie fing an zu dösen. Aber nur ein paar Stationen lang. Dann machte sie den Abfalleimer am Fenster auf. Vorsorglich. Ja, und wenig später war es soweit. Sie übergab sich. In den Mülleimer. Geistesgegenwärtig frage ich Alles in Ordnung? – sympathischer kann man ein Gespräch ja nicht beginnen. Zur Bestätigung erhebt sie einen Daumen. Und dann ging die zweite Runde los. Im Mülleimer war noch genug Platz.

Ich krame in meinen Sachen nach Taschentüchern und kann ihr tatsächlich welche anbieten. Dankbar nimmt sie sich eines und wischt sich den Mund ab. Und erzählt dann ihre Geschichte. Dass sie in der Nacht in einer Bar in einer Konzerthalle gearbeitet hat (in einer, in der ich auch schon war), dort seit einem Monat jobbt und vom Besitzer immer wieder was zu Trinken bekommen hat. Dass sie danach noch mit anderen verabredet war, die aber dann plötzlich weg waren und sie mit anderen weiterzog. Es beruhigt sie, dass ich ihr versichere, dass sie wirklich am Hauptbahnhof eingestiegen ist. Sie erzählt, dass sie sich bei einem Konzert mal den Knöchel verknackst hat (bei der Vorgruppe schon!). Und dass sie jetzt eigentlich fürs Abi lernen muss. Um neun kommt eine Freundin zum lernen vorbei und wie spät ist es eigentlich jetzt? Ahja, sie wird gerade noch rechtzeitig ankommen.

Und so unterhalten wir uns bis zu meiner Endstation. Sie klingt total nüchtern und fit, es ist ihr unangenehm, was vorhin war (oh gott, habe ich echt in die S-Bahn gekotzt?) Als ich sage, ich muss raus, schaut sie mich mit großen Augen an, entschuldigt sich, dass sie mich voll getextet hat, kein Problem und überlegt, was sie jetzt den Rest der Fahrt machen soll.

Ihren Namen habe ich vergessen, nach einer Mailadresse oder einer Nummer habe ich leider nicht gefragt. Nur die Bahnfahrt, die wird mir noch etwas in Erinnerung bleiben.

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