Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 46/2024: Been Stellar, The Sheepdogs, The Penguin, Piggy, Wer ohne Schuld ist und Achtsam Morden

Das lange Wochenende neigt sich dem Ende entgegen. Und ja: Es war ein langes. Jedenfalls für mich. Denn den Freitag hatte ich mir frei genommen. Freizeitausgleich für die Überstunden der letzten Wochen und im Hinblick darauf, dass ich nur eine begrenzte Anzahl mit ins neue Jahr übertragen kann.

Der mediale Wochenrückblick wird dieses Mal beherrscht von Doppeln. Es war eine Zwei-Konzert-Woche, ein Abend mit zwei europäischen Filmen und es gab zwei finalisierte Serienstaffeln, beide mit ungewöhnlichen Karrieren im Verbrecher-Business. Die Bewertungen der beiden Serien hätten manche vielleicht genau vertauscht erwartet, aber so habe ich sie nun einmal erlebt. Es lebe die leichte Unterhaltung in stressigen Zeiten. Und jetzt bitte tief einatmen – und wieder aus.

Achtsam Morden (Staffel 1, 8 Folgen, Deutschland, Netflix) – 8 von 10

Der überarbeitete Rechtsanwalt Björn Diemel (Tom Schilling), Berater der organisierten Kriminalität Berlins, besucht ein Achtsamkeitstrainig (bei Peter Jordan) mit ungeahnten Folgen. Ist diese auf der erfolgreichen Romanreihe von Karsten Dusse basierende Serie nun die deutsche Antwort auf Dexter oder Better Call Saul? Der Vergleich ist wahrscheinlich zu hoch gegriffen, aber unterhaltsam ist sie aber auf jeden Fall (und besser als die letzten Staffeln von Dexter sowieso). Das liegt zum einen am ewig jungen Schilling, der die Hauptfigur sehr sympathisch zum Leben erweckt und der sich immer wieder direkt an sein Fernseh-Publikum wendet. Die Klienten stressen, der berufliche Aufstieg bleibt ihm verwehrt – da ist es die Familie, die er unter seinem Stress schleifen lässt. Work-Life Balance aus der Hölle, gut, dass die Achtsamkeit ihm ein paar Regeln an die Hand gibt, um seine Probleme zu lösen. Irgendwie. Das liegt aber auch daran, dass diese Achtsamkeitsregeln immer wieder eingeflocht werden (und so der eigentliche Aufhänger der Serie nie außer acht gelassen werden), ohne sich in irgeneiner Form über sie lustig zu machen. Das liegt aber auch an den Verbrechern, die zwar immer böse sind, aber trotzdem einen anständigen Kern haben – allen voran Murathan Muslu als Sascha, der unter Björn eine überraschende Karriere machen kann. Lediglich Marc Hoseman als tumber Toni strahlt durch seine Aggresivität eine körperliche Gefahr für den Kopfarbeiter Björn aus. Oder verhebt sich dieser am Ende an seiner eigenen Gerissenheit? Achtsam Morden, acht Folgen, acht Punkte. Ich hoffe sehr auf eine zweite Staffel, denn ich würde schon gerne sehen, wie die Entwicklung des Anwalts weitergeht!

The Penguin (Staffel 1, 8 Folgen, USA, Sky Atlantic) – 7 von 10

Für diese Miniserie nahm Colin Farrell seine Rolle als Der Pinguin aus The Batman (8/10) wieder auf und zeigt dessen Aufstieg innerhalb der Unterwelt Gothams. Leider kann die Serie dabei nicht vollends überzeugen. Denn vor allem die Haupterzählung rund um die Titelfigur folgt dabei allzusehr ausgetretenen Pfaden von Verbrecher- und Mafiageschichten. Jeder gegen jeden und traue niemanden. Dabei entwickelt sich der junge Victor (Rhenzy Feliz) immer mehr zu seinem Vertrauten, den er in seine unsauberen Geschäfte miteinzieht. Die Geschichte kann so gut wie nicht von der Einbettung in das düstere Gotham profitieren und macht daher zu wenig aus dieser erzählerisch etablierten Welt. Würde sie an einem realen Ort zu einer realen Zeit spielen, würde es eigentlich keinen Unterschied machen. Trotzdem gibt es einige Aspekte, welche die Serie doch fast noch auf die 8 Punkte gehoben hätten. Da wären zum einen die letzten Episoden, wenn verstärkt auf die Familiengeschichte von Oswald Cobb – so der bürgerliche Name des Pinguins – eingegangen wird und dadurch das schicksalhafte Finale emotionaler wird. Das eigentliche Highlight ist jedoch Co-Star Cristin Milioti als Sofia Falcone-Gigante, deren Einzelepisode das Highlight der Serie darstellt, und die ihre Figur und deren Geschichte eindrucksvoll zwischen Wahnsinn und Mitgefühl spielt. Ihre Rolle hätte gerne noch etwas größer sein dürfen!

Piggy (Spanien/Frankreich, 2022, Joyn) – 6 von 10

Die junge Sara (Laura Galán) wird in ihrem Heimatdorf von den gleichaltrigen Jugendlichen gemobbt und von ihrer Familie bevormundet. Als ein Serienmörder in ihrer Heimat umgeht, kommt sie ihm jedoch gefährlich nahe. Der Film von Carlota Pereda zeigt einige Grausamkeiten, das Mobbing ist dabei das, was am schwersten zu ertragen ist. Als Slasher-Film ist Piggy Massenware, der moralische Zwiespalt am Ende, wenn sich Sara entscheiden muss, auf welcher Seite sie steht, kommt etwas zu spät und hätte gerne intensiver ausgespielt werden dürfen.

Wer ohne Schuld ist (Deutschland, 2024, Das Erste) – 8 von 10

Auf dem schwäbischen Land eskaliert der Alkolholrausch auf einer Party. Am nächsten Tag wacht Paul (Aaron Hilmer) ohne Erinnerungen auf, aber es gibt einen Toten und es scheint, er hätte damit etwas zu tun. Was nach einer bekannten Geschichte klingt – der Film Mordnacht (7/10) vor ein paar Monaten war ähnlich, verarbeitete das aber eher leicht verdaulich – wird unter der Regie von Sabrina Sarabi zu einem starken Drama um die Ausweglosigkeit junger Menschen auf dem Land, angereicht mit einem Krimiplot. Hilmer ist stark in der Rolle des ziellosen, jungen Erwachsenen, der nicht anders kann und nichts anderes hat, als zu trinken. Ihm auf der Spur ist die Komissarin Wild (Lou Strenger), die dafür in das Dorf ihrer Kindheit zurück kommt und zur Schmach, die sie hier erleiden musste. Letzteres ist vielleicht etwas zu dick und konstruiert aufgetragen. In Summe aber ein eindrucksvoller Fernsehfilm über die Beiläufigkeit des Trinkens in der Trostlosigkeit der Provinz, und mit Krimi! Schließlich war das immer noch Primetime bei den Öffis.

Been Stellar (USA) – München, Orangehouse

Erst vor kurzem hatte ich das Debutalbum der jungen New Yorker Band Been Stellar vorgestellt (hier), nun waren sie bereits auf Tour, um die Songs live aufzuführen. Gespielt haben sie im sehr geschätzten Orangehouse auf dem Feierwerk-Gelände und sie hätten durchaus ein größeres Publikum verdient gehabt. Der Raum war lediglich halb gefüllt, aber ihre Show überzeugte voll. Wobei das eigentlich zu viel verspricht, eine Showband sind sie nämlich nicht. Aber sie spielen ihre stimmungsvollen Songs sehr routiniert, jedoch mit der nötigen Leidenschaft runter und klangen dabei wie auf dem Album – was aber total als Kompliment gemeint ist. Schon mit Passing Judgment als zweiten oder dritten Song hatten sie mich geknackt, das tolle I Have The Answer beendete ihr Set. Dazwischen lag nicht mal eine Stunde Spielzeit mit nur wenigen Worten an das Publikum. Aber besser so, als den Auftritt unnötig zu strecken. Der Abend war gut und entspannt und für einen Montag auch dankenswerterweise zeitig zu Ende.

In Ermangelung von professionellen Live-Aufzeichnungen gibt es ein mitgeschnittenes Video von ihrem Auftritt in Hamburg einige Abende zuvor. Nicht wundern, der Song hat ein relativ langes Intro.

The Sheepdogs (Kanada) – München, Strom

Schon deutlich länger im Geschäft ist die kanadische Band The Sheepdogs, die am Mittwoch im ausverkauften Strom aufgetreten sind. Schön für die Band und die Location, ich empfinde die ausverkaufte Halle leider eher als beengend und nur semi-optimal. Wenn man nicht früh dran ist, steht man sonstwo und wenn man früh dran ist, ist es eine große Herausforderung, noch an die Bar oder ins Bad zu gelangen. Ich gab mir die ersten Songs im vorderen Drittel, den Rest des Konzertes habe ich mir dann freiwillig an der hinteren Bar angehört, weil es dort etwas luftiger war.

Ob direkt vorne oder weiter hinten: Der Sound war überall gut. Und wer auf 1970er Jahre Rock und ausufernde Gitarrensoli steht, der wurde an diesem Abend bestens bedient. Bei mir zündete es dieses Mal jedoch nicht so, was natürlich auch an dem ganzen drumherum gelegen haben könnte, aber ich hatte bei ihrem letzten Konzert im Münchener Feierwerk deutlich mehr Spaß mit ihnen. Es machte sich bemerkbar, dass mir ihre neusten Alben nicht mehr ganz so geläufig waren. So war mein Highlight der große Abschlußsong der Zugabe: Feeling Good. Unkaputtbar!

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

2 Kommentare

  • S.Mirli

    Nachdem ich dringend Netflix-Nachschub braucht, kommt deine Empfehlung genau zum richtigen Zeitpunkt. Achtsam Morden wandert gleich auf meine Liste, vielen Dank für die Tipps. Na, dann starte mal gut in die neue Woche auch wenn ohne Zeitausgleich ;-), alles Liebe, x S.Mirli
    https://www.mirlime.at

  • Sari Kroschel

    Noch bin ich nicht überzeugt, ob ich das mit dem Anwalt wirklich schauen will. Ich habe so eine seltsame Grundabneigung gegen deutsche Produktionen (obwohl ich Dark damals genial fand)… hmmm… aber ich lese irgendwie nur Gutes. Vielleicht sollten wir es doch mal wagen.

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