Der richtige Ton,  Was mit Medien

KW 29/2024: Crossroads, Tokyo Vice, Guglhupfgeschwader und Bones Owens

Happy Sunday!

Wer nach dem Lesen des Beitragtitels erwartet, es geht in dieser Woche um Crossroads, dem amerikanischen Spielfilm mit Britney Spears und Anson Mount, der in Deutschland unter dem Namen Not a Girl veröffentlich wurde, den muss ich nun leider enttäuschen. Denn es geht um einen Roman. Und nein, es ist nicht das Buch zum Film. Es geht um den aktuellsten Roman des amerikanischen Schriftstellers Jonathan Franzen, der mir immerhin bereits 2014 und 2022 meinen Roman des Jahres beschert hatte. Ob dieser Roman auch Chancen auf den Preis hat, das lest ihr gleich.

Außerdem gibt es Musik aus den USA, die erste Staffel einer amerikanisch-japanischen Serie und Neues aus Niederkaltenkirchen. Viel Spaß!

Jonathan Franzen – Crossroads (USA, 2021) – 8 von 10

Klappentext: Der größte Roman, den Jonathan Franzen seit den Korrekturen geschrieben hat. Sein Meisterwerk und sein Vermächtnis. Es ist der 23. Dezember 1971, und die Familie Hildebrandt steht an einem Scheideweg. Russ, zweiter Pastor an einer Vorstadtkirche in Chicago, ist bereit, sich aus seiner Ehe zu lösen – vorausgesetzt, seine patente, aber labile Frau Marion löst sich zuerst. Ihr ältester Sohn Clem kommt über die Feiertage aus dem College nach Hause, nachdem er eine moralische Entscheidung gefällt hat, die seinen Vater erschüttern wird. Clems Schwester Becky, lange Zeit Beliebtheitskönigin ihres Highschool-Jahrgangs, ist in die Gegenkultur der Ära abgedriftet, während ihr jüngerer Bruder Perry, der es satthatte, mit Gras zu dealen, fest entschlossen ist, ein guter Mensch zu werden. Jeder der Hildebrandts sucht eine Freiheit, die jeder der anderen zu durchkreuzen droht.

Review: Jonathan Franzen ist wieder in seinem Element. Es geht um Selbstverwirklichung und die Schere zwischen dem, was andere in einem sehen und dem, wie man sich selbst sein Leben vorstellt, eingebettet in die Geschichte einer durchschnittlichen amerikanischen Familie. Im Gegensatz zu seinen früheren Werken spielt Crossroads – der geplante erste Teil einer Triologie, die mehre Jahrzehnte amerikanischer Geschichte umfassen soll – jedoch in der Vergangenheit, nämlich 1971. Und wird ausgebreitet auf über 800 Seiten, in denen er jedem der Familienmitglieder längere Passagen widmet. Aber die liest man weg wie nichts, der angenehme Schreibstil kommt ohne Allüren daher. Allerdings schweifen manche Aspekte dann doch schon sehr ab, so dass man ab und an mal kurz inne halten muss um sich zu vergewissern, wo man gerade ist.

Im Fokus der Erzählung stehen dabei Familienvater Russ und seine Frau Marion, die jedoch die interessantere Backstory abbekommen hat. Sie hängt ihrer Sturm- und Drangzeit nach und hat immer das Gefühl, dass sie vom Leben eigentlich mehr verdient hätte – bis sie dann doch mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird. Russ dagegen durchlebt seine Midlifecrisis, fühlt sich von den jüngeren Kollegen abgehängt und aussortiert und mag nicht glauben, dass das schon alles gewesen sein solle in seinem Leben. Dazu die Kinder, die um ihre Wahrnehmung ringen und sich ihren Platz in der Gesellschaft suchen wollen. In der Handlung passiert gar nicht mal so viel, die Entwicklung wird klar von den Figuren getrieben. Ob das jedoch reicht, um dieses epische Breitwandpanorma zu füllen, sei mal dahin gestellt. Auch treibt es für Franzen-Fans oft zu sehr in bekannten Gewässern, mit dabei nicht unbekannten Konflikten. Das ist routiniert, aber in groß.

Fazit: Typischer Franzen im epischen Breitwandpanorama: Familienkonflikte und die Stillung der persönlichen Wünsche im Kontrast zur eigenen Rolle in der Gesellschaft.

Tokyo Vice (Staffel 1, 8 Folgen, USA, Joyn) – 7 von 10

Der junge Amerikaner Jake Adelstein (Ansel Elgort) wird als erster Ausländer überhaupt ein Journalist bei der japanischen Zeitung Yomiuri Shinbun. Unter den Fittichen eines erfahrenen Detectives der Sittenpolizei (Ken Watanabe) beginnt er, die dunkle und gefährliche Welt der Yakuza in Japan zu erkunden. Es ist dieses Setting im Japan rund um den letzten Jahrhundertwechsel, der diese Serie so interessant macht. Lange Passagen sind in Japanisch und nur untertitelt. Mit Hilfe von Jake, der die Sprache fließend spricht, tauchen wir in diese Welt ein und lernen die Rolle der organisierten Unterwelt in der japanischen Gesellschaft kennen, und man fragt sich, wie die Presse in so einem Land funktionieren kann, die weder die Polizei hinterfragt, noch sich mit den mafiösen Strukturen anlegen möchte. Mit fortlaufender Handlung erliegt die Serie jedoch dann immer mehr der Versuchung, zu sehr den Gangstern zu folgen (in Person von Shō Kasamatsu) und damit unbewusst der maskulinen Schattenwelt aus Ehre und Gewalt zu verfallen – sie zwar auch zu hinterfragen, aber nicht konsequent genug. Das ist etwas schade, denn dieses Thema ist für mich nach Breaking Bad, Narcos und Sons of Anarchy eigentlich durch, da nutzt auch der für Westeuropäer exotische Schauplatz nichts. Wie die zivile Gesellschaft unter diesen Strukturen leidet, kommt dagegen etwas zu kurz.

Guglhupfgeschwader (Deutschland, 2022, Sky Store) – 7 von 10

Provinzpolizist Eberhofer (Sebastian Bezzel) muss sich im mittlerweile achten Teil der Reihe um den Lotto-Otto (Johannes Berzl) kümmern, auf den das organisierte Verbrechen offenbar ein Auge geworfen hat. Im Gegensatz zu den vorherigen Filmen spielt der Kriminalfall dieses Mal wieder eine etwas größere Rolle und führt Eberhofer bis nach Tschechien, bevor es zu einem ungewohnt krachigen Showdown am Eberhofer-Anwesen kommt. Darüber hinaus gibt es die üblichen Verwicklungen in Niederkaltenkirchen, dieses Mal die um einen Lottoschein, dessen Profiteur der Flötzinger (Daniel Christensen) sein könnte. In Summe wieder ein vergnüglicher Film der Reihe, der sich durch kleinere Nuancen – wie dem großen Finale – auf die sieben Punkte hieven kann.

  • World Cup 2034: Für die Ausstragung der Fußball-WM der Männer im Jahr 2034 steht bisher mit Saudi-Arabien nur ein Bewerber bereit. Das scheint sich nun zu ändern, denn ein mächtiger Gegner wirft seinen Hut in den Ring. Unterstützt bitte auch die Bewerbung für Thüringen 2034!
  • Sind Kirschen zu altmodisch und zu kompliziert?: Im vergangenen Jahr ist der Pro-Kopf-Verbrauch von Kirschen um ein halbes Kilo zurück gegangen. n-tv untersucht, woran das liegen könnte.

Wer den letzten Output von The Black Keys mochte, der sollte auch mal beim Nashviller Bones Owens ein Ohr riskieren. Dieser hat mit Love out of Lemons sein zweites Album veröffentlicht, und das bluesrockt an der Grenze zum Classic Rock ganz gut. Das Album läuft gut durch und bietet so viel Abwechslung wie nötig, um noch einen dicken roten Faden zu haben. Get It On ist bisher mein Highlight der Platte, gute Melodien finden man aber auch in anderen Songs immer wieder.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und habt einen guten Start in die neue Woche!

4 Kommentare

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