KW 20/2024: Civil War, Departure, Coach Party, Edna Million und die Insel unter dem Meer
Frohe Pfingsten! Und bevor ihr fragt: An Pfingsten wird im christlichen Glauben der Heilige Geist gefeiert, der laut Bibel die Jünger Jesu 50 Tage nach dessen Tod am Kreuz ergriffen haben soll.
In 50 Tagen wird in Europa der Fußball gefeiert und dafür ruft er im Moment seine Jünger zusammen. Und falls ihr euch wundert, warum auf diesem Blog nicht die Teilnahme eines deutschen Nationalspieler verkündet wurde – das hatte terminliche Gründe. Die Veröffentlichung meiner Wochenrückblicke am heiligen Sonntag passte nicht mit der finalen Pressekonferenz des DfB am vergangenen Donnerstag zusammen. Und weder der DfB noch ich wollten das Timing ändern. Sturköpfe halt. Aber angeboten hätte sich die Kooperation natürlich, immerhin sind mit Pascal Groß und Nico Schlotterbeck zwei ehemalige KSC-Spieler mit dabei.
Aber auch so ist der dieswöchige Rückblick reichhaltig gefüllt.
Isabel Allende – Die Insel unter dem Meer (Chile, 2009) – 6 von 10
Klappentext: Farbiger und lebenswirklicher könnte Isabel Allendes Roman nicht sein. Vor dem Hintergrund der historischen Sklavenaufstände in der Karibik schildert sie das packende Schicksal von Zarité, die als junges Mädchen an einen weißen Plantagenbesitzer verkauft wird. Durch vielfache persönliche Bande an die Familie ihres Herrn gekettet, muß Zarité ihren ganz eigenen Weg finden, um endlich Freiheit zu erlangen.
Review: Es ist die Lebensgeschichte von Zarité vor dem Hintergrund der Sklavenaufstände und der Unabhängigkeitsbestrebungen auf Saint-Domingue Ende des 18. Jahrhunderts und in der Gesellschaft von New Orleans zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Neben Zarité steht der Plantagenbesitzer Toulouse Valmorain im Fokus und sein Umgang mit und seine Einstellung zu den Sklaven auf seiner Plantage. Auch auf die sie umgebenden Personen wird regelmäßig eingegangen. Thematisch keine leichte Kost, die sich auch in der zu der Epoche gehörenden deftigen Sprache widerspiegelt. Allende schafft es so aber, die sozialen Gegebenheiten der Zeit gut zu transportieren und durch die Betrachtung verschiedenener Seiten auch einzuordnen. Dazu wird immer wieder auf die Entwicklungen im fernen Westeuropa eingegangen und so die Differenzen zwischen den Ideen der dortigen Französischen Revolution und deren Losgelöstheit von den Verhältnissen vor Ort beschrieben.
Greifbarer wird der politische und gesellschaftliche Hintergrund durch die Projektion auf die kleineren Verhältnisse der Plantage Valmorain und auf die Verbindung zwischen Zarité und Toulouse. Freud und Leid liegen hier eng beieinander und es ist ein guter Zug von Allende, dass sie den Figuren auch immer wieder etwas Glück im Trostlosen gönnt. Trotzdem sind die Figuren die Schwachpunkte des Romans. Da ist zum einen Zarité, die dem Versprechen des Buchrückens – Eine starke Frau, die alles riskiert – nur selten gerecht wird. Zum anderen Toulouse, der Sklavenhalter, der auch immer wieder seine guten und verständisvollen Seiten zeigen darf, während der Missbrauch oft fast nur nebensächlich erwähnt wird. Und dann ist da noch der finale Akt der beiden Halbgeschwister, der eigentlich ein positives Ende hätte bringen können, aber dann in eine aus heutiger Sicht sehr irritierende Richtung abdriftet.
Fazit: Ein Roman vor interessantem, historischem Hintergrund, dessen Figuren aber nicht richtig zu überzeugen wissen.
Departure (Staffel 3, 6 Folgen, Kanada, Universal TV) – 7 von 10
Nach der Flugzeugkatastrophe in der ersten Staffel (7/10) und dem Zugunglück in Staffel zwei (7/10) bekommt es die Ermittlerin der Verkehrssicherheitsbehörde Kendra Malley (Archie Panjabi) und ihr Team nun mit einer gesunkenen Fähre vor der Küste Nova Scotias zu tun. Nur ein Unglück oder steckt doch mehr dahinter? Auch die dritte Staffel kann gut und spannend unterhalten. Die Suche nach den wahren Hintergründen (und es ist von Anfang an klar, das dort mehr dahinter steckt) offenbart vielleicht eine etwas zu große Geschichte, aber das macht es nicht weniger reizvoll. Wendungen, um der Wendung willen, und das der erste Verdächtige (Tyler Elliot Burke) doch unschuldig ist, ist erwartbar richtig. Optisch wirkt das angenehm aus der Zeit gefallen und erinnert sehr an 1990er Serien und TV-Filme. Im Zeitalter der High-End Serien ist das fast schon wieder sympathisch. Solide Thrillerserie, mit der man nichts falsch macht.
Civil War (USA) – 9 von 10
Der Name des Regisseurs Alex Garland, der auch das Drehbuch geschrieben hat, lässt aufhorchen, denn er hat in seiner Karriere bisher schon einige bemerkenswerte Arbeiten vorzuweisen: Als Regisseur von Ex Machina hat er meinen Kinofilm des Jahres 2015 zu verantworten, er schrieb das Drehbuch zu 28 Days Later und den Roman zu Der Strand. Allerdings waren seine letzten Projekte, die stylische Einschlafhilfe Devs (7/10, aus dessen Cast sich viele bei Civil War wiederfinden) und sein Film Men (7/10), dagegen jeweils nur eingeschränkt empfehlenswert.
In Civil War schickt er die Kriegsreporter Lee (Kirsten Dunst) und Jess (Wagner Moura) durch eine von einem Bürgerkrieg zerrüttete USA. Sie sind auf dem Weg nach Washington, um dort mit dem Präsidenten eines seiner seltenen Inteviews führen zu können. Garland macht sich dabei gar nicht erst die Mühe, die Hintergründe des Konflikts zu erzählen – wer kämpft da gegen wen und für was? Und wer hat angefangen? Das stört aber nicht weiter, das Publikum bleibt dadurch so neutral, wie es von den journalistischen Hauptfiguren auch erwartet wird. Es ist für das Leid und Elend, für die tiefen Abgründe, die sich in der Gesellschaft auftun, auch letztlich völlig egal. Verloren haben eh alle zusammen. Lee und Jess sind nur an der Story und an großen Bildern interessiert, sie sind abgestumpft gegen alle moralischen Fragen, die das, was sie da sehen, aufwerfen. Sie sind auf einer Art Roadtrip durch ein kaputtes Land, machen hier und dort mal einige Begegnungen und reisen dann weiter. Dabei ist dieses Zukunfts- oder alternative Welt-Szenario durchweg bodenständig realistisch, etwas futuristisches sucht man hier vergebens. Unterlegt sind einige der Fahrsequenzen mit Musik, die wie eine moderne Variante der vielen Vietnam-Kriegsfilme klingt. Oft hört man die Auseinandersetzungen nur aus der Ferne. Explosionen, Schüsse – The Zone of Interest grüßt. Im großen Finale in Washington explodiert die Szenerie dann jedoch so richtig, spätestens hier ist der Film wirklich großes Kino und das Publikum mittendrin, wenn die Hauptfiguren hinter den Militärs herumschleichen und ihre Bilder machen. Das ist eindrucksvoll und bleibt im Kopf und lässt einem verzeihen, dass die Figuren recht schablonenhaft sind und man auch recht leicht vorhersagen kann, welche der Figuren es nicht bis nach Washington schaffen werden. Es langt bei mir trotzdem noch für die 9 Punkte – bereits der vierte Kinofilm in diesem Jahr, mit dieser Bewertung. Starker Jahrgang!
Coach Party (UK) – München, Milla
Im vergangenen Jahr sah ich die britische Band Coach Party auf dem Lido-Sounds und war davon sehr angetan. Seit dem Auftritt hatte ich sie nicht weiter verfolgt, aber da nun ein paar Freunde zu ihrem Auftritt in der schönen Milla gehen wollten, schloß ich mich da gerne an. Aber so richtig zünden wollte es dieses Mal bei mir nicht. Sicher, die Songs waren immer noch rockig und schnell – aber der Sound war dieses Mal nicht besonders gut und die Musik vielleicht auch eher für die große Bühne und nicht den kleinen Club gemacht? Oder vielleicht hat es mich an diesem Abend auch einfach auf dem falschen Fuß erwischt. Denn stellenweise war das schon mitreißend und unter anderen Umständen würde ein Start mit Micro Aggression und ein Song wie Everybody Hate Me schon zum Mitsingen des Refrains einladen und man würde beim letzten Drittel mit unter anderem All I Wanna Do Is Hate und Parasite schon gepflegt eskalieren. Aber so war die Stimmung doch eher zurückhaltend. Kann passieren.
Gesehene Spiele in dieser Saison: 26 von 34 Liga-Spielen = 76% (Saison 2022/23: 85%, Saison 2021/22: 88%)
Aufgrund paralleler Veranstaltungen konnte ich den Ligaausklang bei der SV Elversberg nicht sehen. Seit dem letzten Heimspiel und der Verabschiedung der vielen Spieler in der vergangenen Woche war die Saison aber emotional quasi auch durch. Eine Abschlussplatzierung im oberen Tabellendrittel ist aller Ehren wert, macht die Spielzeit zu einer erfolgreichen Saison und setzt den Aufwärtstrend der letzten Jahre fort.
Am Ende der vergangenen Saison schrieb ich als Aufgabe für die jetzige Spielzeit: „Sie müssen die Euphorie rund um die Rückkehr von Lars Stindl nutzen und die Defensive endlich sicherer bekommen.“ Vor allem letzteres ist in der Rückrunde geglückt und machte den KSC zu einem der besten Teams des Halbjahres. Einfach fortschreiben wird man diesen Trend aber vermutlich nicht können, dafür wird der Umbruch im Kader im Sommer zu groß werden. Es verlässt einiges an Qualität und Erfahrung den Verein. Die Hauptaufgabe für die neue Saison wird daher sein, diesen Umbruch gut hinzubekommen und einen neuen Stamm herauszubilden, der die nächsten 2-3 Jahre zusammen bleiben kann.
Die Wienerin Edna Million hat vor einigen Wochen ihr Debutalbum The Pool veröffentlicht. Für Sommer und Sonne steht der Titel jedoch nicht, man sollte sich eher einen herbstlichen Pool vorstellen, der schon halb von Laub bedeckt ist und in schwarz-weiß abgefilmt wurde, dann hat man eher eine Vorstellung ihrer Musik. Das Album ist voller spärlich inszenierter, melancholischer Songs, die von der tiefen und dunklen Stimme von Million getragen werden. Der gleichnamige Titeltrack The Pool ist dafür ein schönes Beispiel.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit und macht euch einen schönen Feiertag!
6 Kommentare
Christine
Ich fand Civil War sooo gut! Ich bin eh ein großer Alex Garland Film, aber der war auch wieder sehr besonders. Fand die Thematik super und war echt überrascht Kirsten Dunst mal wieder in einem Film zu sehen. Hat mir einfach gefallen; auch wenn die Thematik natürlich weniger unterhaltsam war.
Nummer Neun
Ja wirklich ein klasse Film und ein kluger Umgang mit der Thematik, in dem Garland es vermeidet, die Seiten irgendwie in gut und böse einzuteilen. Es verlieren eh alle.
bullion
„Civil War“ muss ich auch unbedingt noch nachholen. Wird aber wohl erst im Heimkino klappen.
Nummer Neun
Die BluRay kannst du dir gedankenlos schon vorbestellen!
Stepnwolf
Interessanter Musiktipp. Interessante Stimme…
Nummer Neun
Das Album ist sehr zu empfehlen, funktioniert sogar noch besser als ein einzelner Song.