Listen Up! 2022 – (I) Musik & Bücher
Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen und damit wird es auf dieser Seite traditionell Zeit, die besten des Jahres zu küren. Endlich schlägt die große Stunde der Listen, die ich das ganze Jahr über führe! Es ist ein Fest der Subjektivität. Willkürlich eingeteilt Kategorien mit inkonsequenten Teilnahmeregeln für den kleinen Ausschnitt der Medienwelt, den ich überblicke – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und mit extremen Mut zur Lücke.
Nehmt bitte Haltung an, schreitet über den roten Teppich und nehmt auf eurem bequemsten Sofa platz. Hier sind sie, live from Munich-City, die großartigen…
LISTEN UP! AWARDS 2022
Im ersten Teil der Preisverleihung geht es vor allem um das gesungene und um das geschriebene Wort. Freut euch auf viel Musik und gute Romane. Fangen wir gleich an mit der Kategorie, die in diesem Jahr ein großes Comeback feiern durfte.
Denn tatsächlich wurden in diesem Jahr die Bühnen der Stadt wieder ordentlich bespielt. Die Bands hatten offensichtlich Nachholbedarf nach den letzten beiden Jahren und gaben sich deshalb die Klinke in die Hand.
Insgesamt 19mal war ich für Live-Musik in diesem Jahr unterwegs und schließe damit zu den Vor-Corona-Jahren auf. Dafür habe ich insgesamt ca. 450€ an Eintrittsgeldern bezahlt, wobei auch einige kostenlose Veranstaltungen darunter waren. Überwiegend handelte es sich dabei um europäische bzw. sogar deutsche Acts, dazu gesellte sich zweimal Nordamerika, einmal Australien und einmal Israel.
Von den bisherigen Siegern in dieser Kategorie habe ich in diesem Jahr weder einen der Gallaghers, noch Frank Turner live gesehen. Mit Kasabian und Press Club habe ich aber zwei andere Titelträger sehen können. Dazu war ich auch bei einigen anderen Wiederholungstätern und natürlich habe ich auch ein paar Newcomer live gesehen. Wer wird sich am Ende durchgesetzt haben?
Im weiteren Kreis:
- King Hannah (UK – Rote Sonne, München)
- Lola Marsh (Israel – Ampere, München)
- The Sheepdogs (Kanada – Hansa 39, München)
- Sigur Rós (Island – Circus Krone, München)
- The Subways (UK – Hansa 39, München)
Die Top 7:
7. Russian Circles (USA – Ampere, München)
6. Sea Girls (UK – Strom, München)
5. Press Club (Australien – Strom, München)
4. Kasabian (UK – Neue Theaterfabrik, München)
3. Wolf Alice (UK – Muffathalle, München)
2. Pabst (Deutschland – Milla, München)
1. Shame (UK – Strom, München)
Herzlichen Glückwunsch an Shame! Ob es etwas damit zu tun hat, dass es auch mein erstes Hallen-Konzert seit dem großen Corona-Ausbruch war? Oder vielleicht waren sie einfach auch hier mal an der Reihe, nach #2 in dieser Kategorie 2018 und den Plätzen #1 und #2 in der Albenkategorie. Die Plätze #2 bis #5 im diesjährigen Live-Ranking hatte ich allesamt vorher schon einmal gesehen, das Wiederkommen hatte sich also gelohnt. Womit die Sea Girls der beste Newcomer in diesem Jahr waren.
Die ersten beiden haben übrigens bereits neue Touren durch Deutschland für 2023angekündigt.
Die zweite Kategorie des Abends umfasst die Alben des Jahres. In die Wertung kam jedes Album, was 2022 erschienen ist und welches ich digital oder physisch besitze. Bei der Vielzahl der Veröffentlichungen ist letzteres die wesentlich größere Hürde. Ich sage es jedes Jahr wieder aufs neue, aber für mich ist ein Album immer noch die relevante Kunstform in der Musik. Kuratierte Playlists der Streaminganbieter sind nicht so mein Ding und das Radio hat ja seine Relevanz zum Thema Musik ziemlich eingebüßt.
Wenn ich so auf die Liste der Kandidaten schaue, sieht die von den Heimatländern der Künstler recht bunt aus: Neben den klassischen Kandidaten wie den USA, UK und Deutschland finden sich darunter auch Künstler aus Schweden, Belgien, Norwegen, Finnland, Kanada, Frankreich und – richtig exotisch – Österreich. Aber wer hat sich davon eine Erwähnung verdient? Diese hier:
Im weiteren Kreis:
- Arm’s Length – Never Before Seen, Never Again Found (Kanada)
- Bonny Light Horseman – Rolling Golden Holy (USA)
- Have You Ever Seen The Jane Fonda Aerobic VHS? – Maine Coon (Finnland)
- Hurray For The Riff Raff – Life On Earth (USA)
- King Hannah – I’m Not Sorry, I Was Just Being Me (UK)
- Russian Circles – Gnosis (USA)
Die Top 7:
7. Wanda – Wanda (Österreich)
6. Yeah Yeah Yeahs – Cool It Down (USA)
5. Alvvays – Blue Rev (Kanada)
4. Sea Girls – Homesick (UK)
3. Pabst – Crushed By The Weight Of The World (Deutschland)
2. Frank Turner – FTHC (UK)
1. Peter Doherty & Frédéric Lo – The Fantasy Life Of Poetry & Crime (UK/Frankreich)
Bekannte Namen finden sich in meinem Ranking wieder. Ganz oben steht mit Peter Doherty ein Mann, dem ich schon seit sehr vielen Jahren in den unterschiedlichsten Konstellationen zugehört habe. Die Zusammenarbeit mit Frédéric Lo sticht dabei allerdings heraus – es ist ein wunderbares Album mit einem tollen Flow, zu dem Doherty lediglich die Texte beigesteuert hatte. Auf #2 ist mit Frank Turner ein weiterer, hier immer wieder auftauchender Name. Nach einigen schwächeren Alben hat er nun wieder ein starkes Stück abgeliefert. Pabst haben mit ihrem neuen Album noch einmal einen Sprung gemacht und holen sich in diesem Jahr #2 bei den Konzerten und #3 bei den Alben. Die ersten Namen, die ich erst in diesem Jahr kennengerlernt habe, finden sich im weiteren Kreis: King Hannah, Arm’s Length und den langen Namen Have You Ever Seen The Jane Fonda Aerobic VHS? kannte ich am letzten Silvester noch nicht.
Auch wenn ich im Vergleich zu manch anderen Blogs ein eher bescheidener Selektivleser bin, ist mir diese Kategorie doch recht wichtig: Mein persönlicher Roman des Jahres! In die Wertung kommt dabei jede fiktionale Geschichte, die ich in 2022 gelesen habe, und als Einzelbuch erhältlich ist.
In diesem Jahr komme ich auf insgesamt 11 Romane mit einem Umfang von 107 bis zu 820 Seiten und geschrieben zwischen 1867 und 2022. In der Summe reden wir über ca. 4.200 Seiten in einem Wert von gut 90€. Verglichen mit dem Zeitaufwand ist das also eine relativ preisgünstige Beschäftigung. In diesem Jahr schlägt das kindle das gedruckte Buch mit 7:4. Fünf der Werke wurden in Deutschland oder Österreich geschrieben, weitere 4 in den USA und zwei der Werke hatten russische Autoren. Ein Werk stammte aus dem 20. Jahrhunder, ein weiteres aus dem 19. Jahrhundert, der Rest wurde komplett in unserem Jahrhundert geschrieben. Und nachdem das vergangene Jahr komplett im Zeichen der weiblichen Autoren stand, gewinnen in diesem Jahr die männlichen Autoren knapp mit 6:5.
Hier sind die Gewinner in diesem Jahr:
Im weiteren Kreis:
- Jennifer Egan – Der größere Teil der Welt (USA, 2010)
- Benjamin Keck – Die letzten Monate (Österreich, 2021)
- S.D. Perry – Star Trek Deep Space Nine: Offenbarung (1) (USA, 2001)
Die Top 4:
4. Brandon Q. Morris – Die letzte Kosmonautin (Deutschland, 2022)
Aus der wirklich tollen Grundidee entsteht eine leider teilweise etwas zu simple Story.
3. Jules Vitrac – Mord im Elsass: Kreydenweiss & Bato ermitteln (Deutschland, 2016)
Spannend aufgebauter Krimi mit interessanten Ermittlern, der auch außerhalb des Elsasses funktionieren würde.
2. Vladimir Nabokov – Lolita (Russland, 1955)
Roadtrip in Abgründe und ein echter Klassiker mit allerdings auch manchen Längen.
1. Jonathan Franzen – Unschuld (USA, 2015)
Ein typisch unterhaltsamer Jonathan Franzen Roman: Familenkonflikte in einem ungewohnt großen Rahmen, quer über die Jahrzehnte und Kontinente.
Damit ist Jonathan Franzen der erste in dieser Kategorie, der den Preis ein zweites Mal gewinnen konnte. Ich hoffe, er räumt sich dafür einen würdigen Platz auf dem Schreibtisch frei. Ironie des Schicksals, dass mein Lieblingsbuch von ihm – Die Korrekturen – es 2019 nur auf #2 geschafft hatte. In diesem Jahr folgt auf #2 mit Lolita ein umstrittenes Werk der Weltliteratur, während sich #3 und #4 eher kleinere Werke gesichert haben. Aber wenn die beiden Bücher mich beim Lesen unterhalten, haben sie es auch verdient. Allerdings war das Niveau meiner Buchauswahl auch schon mal höher.
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Und das war der erste Teil der Listen Up! – Awards. Die Fortsetung folgt vermutlich kurz vor dem Jahreswechsel. Was waren eure musikalischen Highlights des Jahres? Habt ihr schon Karten für das Konzertjahr 2023? Und welche tollen Bücher habt ihr in diesem Jahr gelesen?
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Siehe auch: Listen Up! Jahreshighlights
Listen Up! 2022: (I) Musik & Bücher // (II) Filme & Serien
5 Kommentare
bullion
Ich war dieses Jahr auf keinem einzigen Konzert. Dafür habe ich Frank Turner für mich entdeckt (zuvor nur sporadisch gehört). Immerhin. Meine Künstlerin des Jahres ist Skye Wallace.
Nummer Neun
In der Großstadt war das Konzertangebot natürlich auch ziemlich umfangreich in diesem Jahr – und nach der ersten Eingewönungsphase war es wieder wie vor der Pandemie. Das kann man gut oder schlecht finden, aber erstaunlich, wie schnell man bei manchen Sachen wieder in alte Muster zurück fällt.
Stepnwolf
King Hannah haben mich ziemlich begeistert, sowohl live als auch auf Vinyl.
Nummer Neun
Ah stimmt, du warst ja auf dem ersten Konzert in München! Für das zweite, ein paar Monate später, hatte ich mir das Ticket noch an der Abendkasse geholt. Und wäre dann fast an der Tür in Hannah (heißt die Sängerin auch so?) hinein gerannt.
Stepnwolf
Gleich auf Tuchfühlung gegangen. Soso. 😉
Und ja, sie heißt Hannah.