Sportlich

Oh du schönes Hartberg

Auf einmal ging alles ganz schnell. Nach einem halben Jahr wurde ich einfach vor die Tür gesetzt. Das zweite Mal gescheitert in meiner ersten Saison als Profitrainer. Da kam das Angebot aus Österreich grade recht. Erst mal etwas weg, Abstand gewinnen. Der TSV Hartberg klopfte an. Zweite Liga in der Alpenrepublik. Letzte Saison noch gerade so den Abstieg vermieden, wollten sie jetzt einen Neuanfang wagen. Ich auch, also unterschrieb ich. In ein paar Tagen stand bereits der erste Ligaspieltag der Saison 2013/2014 an, keine Zeit für große Vorbereitungen.

Erst einmal über die Liga informieren. 10 Teams, jeder gegen jeden, insgesamt vier Mal. Auf die Bank darf man nur 5 Auswechselspieler setzen. Dazu die Einschränkungen: Insgesamt müssen mindestens drei U21 Spieler auf dem Spielberichtsbogen stehen, außerdem nicht mehr als 3 Ausländer über 21. Die beiden Quoten zu erfüllen, das sollte sich in den nächsten Monaten noch als eine Wissenschaft für sich heraus stellen.Schnell musste eine Spieltaktik her. Ich orientierte mich an den stärksten Spielern im Kader, setzte sie auf ihre Lieblingspositionen und baute den Rest der Mannschaft darum auf. 4-4-2, mit Raute im Mittelfeld, so ging ich in mein erstes Spiel, auswärts beim LASK Linz.

Und ohne Vorbereitung kam es so, wie es kommen musste: Linz ging nach 29 Minuten in Führung. Aber was war das? Kurz darauf glich Stürmer Parapatits aus, ein Linzer Spieler wurde frühzeitig zum Duschen geschickt. Mit Unentschieden und in Überzahl ging es in die zweite Hälfte, von nun ging es Schlag auf Schlag: Rossmann und der erfahrene Barakat erhöhten, Linz kam immer wieder ran, bis schließlich Adilovic, der einer der Besten der gesamten Saison werden sollte, und Einwechselspieler Tieber zum 5:3 einnnetzten. Starker Auftakt! Und so sollte es weiter gehen. 1:0, 3:1, plötzlich waren wir Tabellenführer und standen auf dem direkten Aufstiegsplatz!

Es folgten zwei Unentschieden, genug, um Platz 1 zu halten, bis schließlich der erste Rückschlag kam: 1:3 gegen den SV Grödig. Danach noch mal Unentschieden und wir purzelten runter auf Platz 4. Nach vier sieglosen Spielen gab es dann endlich mal wieder einen Sieg, 2:0 gegen Wiener Neustadt, die sich im Laufe der Saison als mein Lieblingsgegner erweisen sollten, und zum Abschluß der 1. Runde ein 1:2 gegen BW Linz, die damit an die Tabellenspitze sprangen. Wir hatten 15 Punkte, Platz 3, kein schlechter Einstand, dafür dass man vorher als Abstiegskandidat galt. Aber so konnte es ja nicht weiter gehen.

Oder doch? Zum Start wieder 7 Punkte aus 3 Spielen, Parapatits traf und traf – insgesamt 12 Mal in der Hinrunde – und hinten hielt Keeper Rindler den Kasten sauber. Wir konnten uns in der Spitzengruppe fest setzen, zwar fielen wir noch einmal kurz auf Platz 5 zurück, aber da die Liga so eng war, standen wir sofort wieder auf Platz 2. Und waren dann zum Abschluß der 2. Runde Ende November bei BW Linz zu Gast, die waren immer noch ganz vorne und mittlerweile schon etwas enteilt. Der klare Favorit der Liga. Aber wir waren gut drauf, alle Mann an Bord und es entwickelte sich ein enges Spiel. Nach einer halben Stunde brachte uns Adilovic in Führung. Linz drückte und versuchte alles. Sollte es reichen, sollten wir wieder an die Spitze rankommen? Kurz vor Schluß, in der 90. Minute, erzielte Innenverteidiger Tauschmann das erlösende 2:0. Es sollte sein einziges Tor der gesamten Saison bleiben.

Auf Platz 2 ging es in die Winterpause, im Pokal waren wir noch dabei. Auch wenn dort in der nächsten Runde Red Bull Salzburg warten sollte, die Erwartungen in und um Hartberg wuchsen. Aber der Kader war dünn, bisher gab es zum Glück so gut wie keine Verletzten und einige der junge Spieler, die ich ja dabei haben musste, konnten sich bei ihren Einwechslungen behaupten. Trotzdem wollte ich den Kader etwas aufstocken und konnte den Österreicher Haselberger, defensives Mittelfeld, aus Lustenau nach Hartberg locken. Außerdem kam aus Deutschland der vereinslose Spanier Manuel Torres, der im offensiven Mittelfeld jede Position spielen konnte. Ich änderte die Taktik, nur noch eine Spitze, dahinter aber eine offensive Dreierreihe. Und dank Haselberger hatte ich nun das Personal, um mit zwei defensiven Mittelfeldspielern dahinter zu spielen. Safety first.

Und schon im ersten Spiel der Rückrunde sollte es sich auswirken. Wieder ging es gegen Linz, die Spiele gegen sie waren bisher die reinsten Torfestivals: 5:3 und 3:2, und jetzt hieß es nach 90 Minuten: 0:0. Aber dann: 0:2 gegen Austria Lustenau, 2:2 gegen den FC Lustenau, das sah nach Fehlstart aus. Dafür wuchsen die Verletzungssorgen: Parapatits fiel wochenlang aus, genau wie Rossmann auf dem rechten Flügel. Und dazu kleinere Wehwehchen, mit denen sich die Spieler abwechselten. Dafür platze endlich bei dem Kroaten Fucek der Knoten: Er rutschte nun in den Sturm und traf und traf. So gut, dass andere Vereine auf ihn aufmerksam wurden und er einen Vertrag in Portugal bei Setubal unterschrieb für die kommende Saison. Aber egal, so lange er weiterhin traf. Und das Blatt wendete sich wieder. Es folgen 5 Siege mit nur 2 Gegentoren, darunter wieder ein 2:0 gegen den Tabellenführer aus Linz. Mit 18 Punkten wurde es die erfolgreichste Runde, nur 7 Gegentore war ebenfalls ein Topwert, an der Spitze bildete sich eine Dreiergruppe, und wir Hartberger mittendrin!

Es stand das Spiel des Jahres an: Pokal-Viertelfinale gegen Red Bull Salzburg, dem Serienmeister und Krösus des Landes. Live-Übertragung im Free-TV, knapp 3.500 Zuschauer in unserem kleinen Stadion – es war alles angerichtet. Hatten wir eine Chance? Nein. Aber wir nutzten sie! Fucek nach 13 Minuten mit der ersten Chance zum 1:0, danach hieß es: Hinten dicht machen. 19 Schüsse von Salzburg, nur 3 davon gingen aufs Tor, kein einziger hinein. Im Gegenteil: Der junge Ehrenhöfer, ins Team gespült durch die langwierige Verletzung von Tauschmann, erhöhte sogar noch auf 2:0! Abpfiff! Die Sensation war perfekt. Das kleine Hartberg stand im Halbfinale!Die Euphorie war da, die Konzentration weg. Ein 0:3 in der Liga holte uns zurück auf den Boden der Tatsachen. Das 2:2 danach machte es nicht besser. Zwar folgte ein hart umkämpftes 3:2 gegen Altach, aber schon im nächsten Spiel langte es wieder nur zu einem 0:0 gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten aus Simmering. Es hatten wohl alle schon das kommende Halbfinale im Kopf. Gegen den LASK Linz aus unserer Liga ging es, und es wurde, wie immer, ein enges Spiel.

Aber unser Glück hatten wir wohl schon aufgebraucht. Über 60% Ballbesitz, 19 Schüsse, aber die Tore machte Linz. Nach 50 Minuten lagen wir 0:2 hinten, Adilovic konnte zwar noch den Anschlußtreffer erzielen, aber es reichte nicht. Raus mit Applaus, kurz vor dem Ziel. In der Liga lief es nicht besser, 0:3 gegen First Vienna, unserem Angstgegner. Jetzt musste wirklich alles passen, um die große Sensation „Aufstieg“ noch zu schaffen.

Und plötzlich öffnete sich doch noch mal die Tür: BW Linz zeigte Nerven und wir gewannen 2:1 in Grödig, Tieber wurde eingewechselt und erzielte beide Treffer, den entscheidenden zwei Minuten vor Schluß. Und auch gegen Wiener Neustadt reichte es zum 2:1, Elfmeter und Platzverweis sei Dank. Nun gab es ein echtes Endspiel: Am letzten Spieltag auswärts bei BW Linz. Ein Sieg – und wir wären durch.

Wir waren alle nervös, aber glaubten an unsere Chance. Alle Mann waren fit, nur Fucek, einer der besten der Rückrunde, hatte sich eine Woche vorher verletzt. Bei der Aufstellung kam es zu einigen Härtefällen. Vorrunden-Topstürmer Parapatits ließ ich zu Hause, in der Rückrunde war ihm gar nichts mehr gelungen. Dafür stürmte Tieber von Beginn an, hinter ihm Barakat, Adilovic und Rossmann, alle hatten schon oft genug in dieser Saison gezeigt, was sie können. Nach 5 Minuten der erste Schock: Huber, Mr. Zuverlässig, musste verletzt raus, für ihn kam Foda in die Mannschaft. 20 Minuten später die nächste Hiobsbotschaft: Tieber verletzt, Torres musste rein. Auch er hatte mittlerweile einige gute Spiele abgeliefert. Aber heute wollten wir nicht ins Rollen kommen. Zwar ausreichend Ballbesitz, aber zum Abschluß reichte es nicht. Die Uhr tickte und tickte, ein Tor, nur ein verdammtes Tor, das würde doch schon reichen. 60 Minuten, 70 Minuten, ich schickte alles nach vorne, was wir hatten. Es war kein durch kommen. Und in der 84. Minute zerplatzte der Traum. Linz ging in Führung, das Spiel war durch. Knapp gescheitert, aber wir konnten erhobenen Hauptes die Saison beenden. Platz 2, damit hatte nun wirklich niemand gerechnet. Ein fantastisches Jahr ging zu Ende, dem nur noch die allerletzte Krönung verwehrt blieb.

Pokalsieger wurde übrigens FK Austria Wien. Red Bull Salzburg wurde dagegen Meister in Österreich unter Trainer Rico Schmitt, das dritte Mal in Folge. Eine faustdicke Überraschung dagegen in Deutschland: Bayer Leverkusen wurde erstmals Meister, mit zwei Punkten Vorsprung vor den Bayern. Ronald Koeman war der Meistermacher. Für die Münchner blieb nur der DFB-Pokal, den sie im Finale mit 2:0 gegen Eintracht Frankfurt gewannen. Und was haben meine beiden Ex-Clubs gemacht? Der Karlsruher SC stieg unter meinem Nachfolger Verbeek endlich als Meister in die 2. Liga auf, bei Wehen-Wiesbaden reichte es unter Lieberknecht immerhin zu Platz 6. Unser Adilovic wurde schließlich noch ausgezeichnet: Als bester Spieler der Liga. Die Best Eleven der Saison vom TSV Hartberg seht ihr rechts.

Nun steht bald die neue Saison an, 2014/2015, und man hat mir einen verbesserten Vertrag vorgelegt, den ich auch unterschrieben habe. Bis 2017 läuft der, im schnellen Trainergeschäft natürlich nur eine Zahl auf einem Stück Papier, aber mein Konto profitiert vom neuen Vertrag. Neben Fucek gibt es keine weitern nennenswerten Abgänge. Ihn soll der Spanier Nacho Casanova (was für ein Name!) im Sturm ersetzen, er kommt aus Pasching zu uns. Dazu noch einige junge Nachwuchstalente, von denen hoffentlich der ein oder andere einschlägt. Mal sehen, ob wir diese Saison wiederholen können.

Quelle: Spiel: Football Manager 2013 von SI Games, Fotos: Wikipedia, Satelitenbild: Google Maps, eigener Screenshot

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