The Road Beneath My Feet (2015)
Treue Leser dieses Blogs wissen es (okay, vermutlich haben es oberflächliche Leser auch mitbekommen), ich bin ein großer Fan von Frank Turner und habe ihn schon bei unzähligen Auftritten live gesehen. Eben jener hat vor einiger Zeit ein Tourtagebuch veröffentlicht, dessen deutsche Version ich nun gelesen habe.
In The Road Benath My Feet erzählt er anhand ausgewählter Konzerte seinen musikalischen Werdegang – vom Ende seiner Jugendband Million Dead bis hin zu seiner Teilnahme bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2012 in London. Von den wilden Anfangszeiten, als er im Zug nur mit seiner Gitarre von Pub zu Pub durch England getingelt ist und dankbar war, wenn er unterwegs irgendwo auf dem Fußboden übernachten konnte, bis hin zu den großen Touren durch Europa und den USA, mit voller Kapelle und ganzer Crew.
Besonders am Anfang wurde da dem Tour- und Rock’n’Roll Leben gefröhnt: Konzerte in kleinen Pubs mit reichlich Alkohol und erfolgreichen oder unerfolgreichen Anbandelungen im Nachgang, verkaterte Auftritte und abenteuerliche Touren zu den Locations, Probleme bei Grenzübertritten und immer wieder zurück ins heimatliche Nambucca zu seinen Leuten.
Überraschend spät fing Turner erst an, intensiver in Europa auf Tour zu gehen, von eingen frühen Konzerten im Baltikum mal abgesehen. Auf der ersten richtigen Tour durch Europa war er 2009 als Support für The Gaslight Anthem mit dabei, wo ich ihn auch das erste Mal entdecke. Immerhin schaffte es genau dieser Auftritt im alten 59:1 wenigsten in einem Halbsatz mit ins Buch. Wenn ich zitieren darf:
Wir knallten uns in München die Birnen weg, trafen alte Freunde in Wien, hatten eine Auseinandersetzung mit Arschlöchern von Mitarbeitern einer Location in Mailand, trafen Katy Perry in Amsterdam (naja, zumindest spielten wir im selben Laden) und endeten ausgebrannt in einer Bar in Dublin.
Große, literarische Ergüsse sollte man allerdings von seinem Tourtagebuch nicht erwarten, manches liest sich fast ein wenig wie ein Aufsatz zum Thema Mein schönstes Ferienerlebnis. Auch etwas schade ist, aber wohl unumgänglich bei so einem Buch, dass er seine eigenen Geschichte etwas entmystifiziert. Als einer von uns, der dank seiner Leidenschaft für Punkrock zufällig auf der Bühne gelandet ist – nein, das war harte Arbeit und systematisch geplant.
Letztlich wird auch recht viel über Geld gesprochen. Was zwar am Anfang noch ganz sympathisch ist, wenn er eben noch keine Kohle verdient und er gezwungenermaßen alleine tourt und sein Merch selbst verkauft – und auch die Erkenntnis, als Turner merkte, er könne sich erstmals auch ein billiges Motelzimmer zum Schlafen gönnen, war ganz lustig – aber dass er später dann in seinem Zimmer hockt, die Spesen nachrechnet und merkt, er mache teilweise Verluste durchs Touren, mag zwar dazu gehören, ist aber auch weit weg von einer romantischen Rock’n’Roll Vorstellung. Manchmal will man ja gar nicht so genau hinter die Kulissen schauen.
Auch wiederholen sich manche Aspekte immer wieder. Noch größere Hallen, noch mehr Stress auf den Touren, noch mehr Name dropping aus der Szene (aber es ist trotzdem unglaublich, wie die sich alles kennen und immer wieder begegnen). Trotz allem ein unterhaltsames Buch, dass sich durch die kurzen Kapitel auch sehr schön nebenbei lesen läßt.
Sein neues Album kündigt sich übrigens auch schon an: Be More Kind soll im Mai erscheinen und die drei Vorab-Songs versprechen eine deutlich größere Produktion als noch seine erste Sachen. Ganz überzeugt bin ich noch nicht – 1933 ist für mich bisher der beste der neuen Songs. Gekauft wird das Album aber natürlich trotzdem und auch die Konzertkarte für München hängt schon an meiner Pinnwand. Ehrensache.